Annette Mingels: "Was alles war"

Wer ist Familie?

Mädchen sitzt in Strandkorb, Buchcover von Annette Mingels "Was alles war"
Annette Mingels nähert sich ihren Figuren mit Vorsicht und Neugier. © Knaus / imago/allOver-MEV
Von Manuela Reichart · 07.04.2017
Susa wird von ihren Eltern geliebt, dass sie adoptiert wurde, war für sie nie ein Problem. Plötzlich taucht ihre leibliche Mutter auf, eine Begegnung mit Folgen. Adoption, Herkunft und Familienbande sind die Motive, die Annette Mingels gefühlsklug in ihrem Roman "Was alles war" umkreist.
Susa ist Meeresbiologin und längst erwachsen, als sie ihre leibliche Mutter kennenlernt – eine egomanische Frau aus der Hippiegeneration, die nur davon erzählt, wie wunderbar und großartig ihr freies Leben früher war. Diese Begegnung berührt Susa nicht sehr. Und doch beginnt mit diesem Treffen eine irritierende Recherche. Was sind Familienbande, wie entstehen und halten Bindungen, was macht Verwandtschaft aus. Die Protagonistin fühlt sich ihrem fremden leiblichen Bruder auf seltsame Weise nah, und sie begibt sich nach dem schmerzhaften Tod des Adoptivvaters auf die Suche nach ihrem Erzeuger. Sie reist nach Amerika, trifft einen Mann, der ihr sympathisch ist und verliert in dieser Begegnung überraschenderweise alle Gewissheiten.

Wie trotz Windeln wickeln Liebe nicht verloren geht

Annette Mingels erzählt souverän davon, was Familie ausmacht. Sie nähert sich ihren Figuren mit Vorsicht und Neugier. Der Mann ihrer Heldin ist Witwer und bringt zwei Töchter mit in die Beziehung. Kann sie denen eine Mutter sein und was muss sie tun, damit die Kinder nicht das Gefühl haben, die eigene tote Mutter zu verraten. Nicht zuletzt geht es in diesem Roman aber vor allem auch darum, wie trotz Windeln und Fieberattacken, Familienalltag und Beruf die Liebe zwischen Mann und Frau nicht verloren geht. Und wer steckt zurück, wenn es um den Umzug aus Karrieregründen geht? Familienleben ist schön, macht aber viel Arbeit. Die literarischen Variationen des Motivs umkreist die gefühlskluge Autorin souverän.

Annette Mingels: Was alles war
Knaus Verlag, München 2017
288 Seiten, gebunden, 19,99 EUR

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