Andreas Schäfer: "Die Schuhe meines Vaters"

Urverbindung beim Schreiben wiederhergestellt

11:42 Minuten
Der Autor Andreas Schäfer blickt in die Kamera.
Duch das Schreiben habe er sein intaktes Verhältnis zum Vater auch nach dem Tod noch einmal entwickelt, sagt Andreas Schäfer. © Mirella Weingarten
Andreas Schäfer im Gespräch mit Andrea Gerk · 21.07.2022
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Andreas Schäfers Vater ist plötzlich ins Koma gefallen. Nun muss er entscheiden, wann die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt werden. In seinem neuen Buch rekapituliert Schäfer diese Zeit, aber auch das Leben des Vaters und die eigene Trauer.
Andreas Schäfer hat ein Buch über seinen Vater geschrieben, das einen dramatischen Ausgangspunkt hat: Der Vater hat eine Krebserkrankung überwunden, doch der Krebs schien zurückgekommen und er musste zu einer Untersuchug.
„Aber er hatte keinerlei Beschwerden, und er wollte auch nicht, dass er begleitet wird zu dieser Biopsie nach Frankfurt und war eigentlich recht guter Dinge“, erinnert sich Schäfer. „Und dann kam statt seines Anrufes der Anruf des Oberarztes: ‚Es tut mir sehr leid, aber ihr Vater hatte eine Hirnblutung. Er wird sterben. Bitte kommen Sie vorbei, um zu entscheiden, wann die Maschinen abgestellt werden.“ Er solle sich die Zeit nehmen, die er brauche.

Impuls zum Schreiben bei Wohnungsauflösung

Mit der literarischen Bearbeitung habe er erst Jahre später begonnen, dass er das machen würde, sei in dem Moment der Entscheidungsfindung nicht zu erahnen gewesen: "Da war ich wie im Tunnel: Da muss man Entscheidungen treffen, da muss man die Ruhe bewahren, und man muss sich selbst fragen: 'Was muss ich jetzt eigentlich noch tun, um den Vater gut zu verabschieden?'“
Er sei bei in dem Entscheidungsprozess damals zu verschiedenen Orten gegangen, die für seinen Vater und für sie beide wichtig gewesen seien. „Ich habe bestimmte Phasen in unserer Beziehung rekapituliert, aber dass ich das schreibe, war noch nicht klar. Das wurde eigentlich erst klar, als er schon gestorben war und wir seine Wohnung aufgelöst haben.“

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Vor einem Jahr, drei nach dem Tod seines Vaters, habe er dann tatsächlich mit dem Buch angefangen, das nun drei Teile habe: Das Sterben des Vaters, die Facetten seiner Persönlichkeit und den Abschied.
Die Erinnerung an die Tage nach der Schocknachricht sei im Nachhinein sehr spannend zu beschreiben gewesen, sagt Schäfer – "weil ich dann mehr oder weniger zum Zeugen meiner selbst wurde oder dessen, was damals in mir losgegangen ist."

Abschiednehmen beim Wandern

In der Trauerphase sei er unter anderem auf den Spuren des Vaters zum Abschied auf Naxos gewandert, wie auch dieser auf griechischen Inseln gewandert ist.
Diese Inseln seien dem Vater – verheiratet mit und seit Langem getrennt von einer Griechin, der Mutter des Autors – wichtig gewesen: er habe sogar das Ziel gehabt, alle bewohnten griechischen Inseln zu besuchen – und hundert habe er tatsächlich geschafft.
Die Heirat hatte Konsequenzen für den Vater: Die Eltern enterbten ihn, was dieser seinen Eltern zeitlebens nicht habe verzeihen können, wie Andreas Schäfer im Mittelteil berichtet.
Fundamentale Dankbarkeit
Das Schreiben habe sein intaktes Verhältnis zum Vater nach dem Tod nochmal entwickelt, glaubt Schäfer: „Die fundamentale Dankbarkeit, die man ja seinen Eltern gegenüber empfindet, weil man ihnen das eigene Leben verdankt, die ist ja oft durch die Erfahrungen, die man macht, verdeckt oder man empfindet das nicht immer so. Und diese Urverbindung, die ist mir doch, glaube ich, gelungen wiederherzustellen.“
(mfu)

Andreas Schäfer: "Die Schuhe meines Vaters"
DuMont, Köln 2022
208 Seiten, 22 Euro

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