Die Messe fällt dieses Jahr aus. Doch die Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse wurden trotzdem bekanntgegeben und erfordern viel Vorwissen beim Publikum. Es wirkt, als hätte die Jury beweisen wollen, was sie alles weiß und kennt.
Abgesagte Buchmesse
Trotz ausgefallener Buchmesse: Aus Portugal werden sich mehrere Autoren in Leipzig präsentieren und mit dem Publikum austauschen. © picture alliance / dpa
Leipzig liest trotzdem
05:07 Minuten
Die Absage der Messe stößt auf Unverständnis, für kleine Verlage ist sie ein großer Verlust. Lesungen und Veranstaltungen wird es trotzdem in Leipzig geben, auch eine Pop-up-Messe ist geplant. Die Stadtverwaltung freut sich über das Alternativangebot.
"Wir sind neugierig und beobachten das mit großer Freude und auch ein wenig Stolz",
sagt Skadi Jennicke
, Kulturbürgermeisterin von Leipzig über die vielen Veranstaltungen und die Pop-up-Messe, die organisiert wurden, nachdem die offizielle Buchmesse kurzfristig abgesagt worden war.
Es sei typisch Leipzig, zu sagen, das lassen wir uns nicht gefallen, dass die Buchmesse zum dritten Mal hintereinander ausfällt, sagt Jennicke. Die Stadt würde jetzt vor allem Lesungen unterstützen, die sonst unter dem Label "Leipzig liest" stattfinden würden.
Keine Sorgen um die Zukunft
Um die Zukunft der Leipziger Buchmesse macht sich Jennicke keine Sorgen. Auch die großen Verlage, die für die Absage in diesem Jahr zum großen Teil verantwortlich sind, würden wiederkommen. "Ich zweifle nicht daran, dass auch die großen Verlage ohne ihr Publikum am Ende nichts sind. Sie brauchen genauso die Buchmesse wie die kleinen Verlage. Die Branche braucht diesen Frühjahrstermin. Das ist die Eröffnung des Buchjahres und deshalb ist mir um die Zukunft der Leipziger Messe nicht bange", sagt Jennicke.
Zu einer Pop-up-Messe kommen ungefähr 50 unabhängige Verlage zwischen dem 18. und 20. März im Veranstaltungszentrum Werk 2 in Leipzig zusammen, um ihre Autoren zu präsentieren. Dabei sind zum Beispiel der Aufbau-Verlag, C.H.Beck, Hanser, Klett-Cotta, Suhrkamp und Wagenbach.
Natürlich sei das kein Ersatz für das Riesenevent Leipziger Buchmesse,
sagt einer der Initiatoren, Leif Greinus
vom Verlag Voland & Quist: "Das ist einfach der Versuch, die Buchmesse in irgendeiner Weise trotzdem stattfinden zu lassen." Er hoffe auf 5000 Besucher.
Energieschub durch die Absage
Dem Prinzip Pop-up folgend, sollen die Veranstaltungen recht kurz gehalten werden, damit möglichst viele Autorinnen und Autoren präsentiert werden können. Er sei optimistisch, dass die Pop-up-Messe ein Erfolg werde, sagt Greinus: "Durch die Absage ist eine Energie hervorgetreten, die wir positiv nutzen sollten. Und es zeichnet sich ab, dass die genutzt werden kann."
Aber für viele war es ein Schock, als die Leipziger Messe Anfang Februar mitteilte, dass auch diesmal die Buchmesse Mitte März ausfallen müsse. Und das, obwohl die Politik bei der Bewertung der Pandemie grünes Licht für die wichtige Veranstaltung der Branche gegeben hatte.
Doch zu viele Verlage, vor allem große Häuser wie Holtzbrinck und Penguin-Random-House, hatten wegen der coronabedingt unsicheren Lage ihre Teilnahme abgesagt. Wegen der Kurzfristigkeit der Absage könne man diesmal auch kein alternatives Digitalangebot bieten, teilte die Messe mit. Doch es gibt Initiativen, die trotzdem ein Literaturfest in Leipzig realisieren wollen.
Viele Lesungen in der Stadt
Der
Leiter des Leipziger Literaturhauses, Thorsten Ahrend,
bedauert die Absage und verweist darauf, dass angesichts der geplanten Lockerungen im März nun alles genau zum gleichen Zeitpunkt aufgehen werde, zu dem die Messe eigentlich hätte stattfinden sollen. "Die Messe braucht Öffentlichkeit, Verlage brauchen Öffentlichkeit, Autoren und Autorinnen brauchen Öffentlichkeit", sagt er. Deshalb finde jetzt eine "Pop-up-Buchmesse" in Leipzig statt, an der sich unabhängige Verlage wie Hanser und Suhrkamp beteiligen wollten.
"Es finden wahnsinnig viele Veranstaltungen statt, die geplant waren und nicht abgesagt wurden", so Arend. Allein im Literaturhaus würden mehr als 30 Autorinnen und Autoren zu Gast sein. Es habe bisher keine Absagen aus Angst vor Ansteckung gegeben.
Gastland Portugal kommt nach Leipzig
Auch die Initiative des Buchmessen-Gastlandes Portugal setzt weiterhin auf Leipzig. Nach umfangreichen Vorbereitungen kann es sich zum dritten Mal nicht auf der Messe präsentieren, wird aber in der Buchmessenzeit vom 17. bis 20. März mehrere Veranstaltungen mit Publikum in Leipzig realisieren,
erläutert Patrícia Baretto.
Sie ist Kulturrätin der portugiesischen Botschaft und zuständig für den Buchmessenauftritt ihres Landes.
„In den letzten 20 Monaten wurden 54 Werke ins Deutsche übersetzt, damit wir das, was im portugiesisch-sprachigen Raum literarisch entstanden ist, mit dem Publikum hier teilen können.“ Zehn Autorinnen und Autoren sollen im März nach Leipzig kommen, um sich mit dem Publikum auszutauschen, darunter bekannte Autoren, wie Gonzalo M. Tavares und José Luís Peixoto.
2022 ist für uns ein sehr besonderes Jahr, in dem wir im literarischen Bereich viel zu feiern haben. Wir müssen etwas machen.
Zudem ist eine Poesie-Nacht geplant und eine Ausstellung zu den Frauenfiguren im Werk José Saramagos soll stattfinden, denn der Literaturnobelpreisträger wäre in diesem Jahr einhundert Jahre alt geworden.
Literaturhäuser mit Preisverleihung
Eine Verschiebung der Buchmesse wäre die sinnvollste Lösung gewesen, kritisiert Barreto. Und auch
Rainer Moritz, der Chef des Hamburger Literaturhauses, hält die Absage für grundfalsch
, und er fürchtet, dass sogar die Existenz der Messe durch einen dauerhaften Rückzug großer Verlage in Gefahr geraten könnte.
Das Live-Erlebnis, das Präsentieren und Zusammenbringen von Autorinnen und Autoren mit dem Publikum sei für die Buchbranche immer noch ein zentraler Faktor. Darum wird er mit Vertretern anderer Verlagshäuser nach Leipzig fahren, unter anderem, um den Preis der Literaturhäuser zu verleihen, wie jüngst in einem offenen Brief mitgeteilt wurde.
Südosteuropäische Literatur auch live
Auch das Netzwerk traduki, dass sich für die Vermittlung südosteuropäischer Literatur engagiert, plant Veranstaltungen. Das Programm „Common Ground. Literatur aus Südosteuropa“ will abgewandelt Bücher, Autoren sowie Musik und Filme in Leipzig und im digitalen Raum präsentieren.
Ebenfalls online und live sollen Veranstaltungen der Initiative "weiter:lesen 2022" stattfinden. Rund 40 Lesungen sind am 19. und 20. März geplant, um Autoren, Bücherfreunde und Verlage zusammenbringen.