Abba-Konzert als Hologrammshow
Vielleicht ein Zukunftsmodell für die Pop-Welt: Björn, Agnetha, Anni-Frid und Benny als Avatare in der Show "Abba: Voyage" © picture alliance / TT Nyhetsbyrån
Für immer jung
08:11 Minuten
Abba feiert nach 40 Jahren ein Bühnenrevival, doch statt der Bandmitglieder waren in London nur deren Avatare auf der Bühne zu sehen. Der Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel ist überzeugt: Mit ihrer Hologrammshow werde die Band Kulturgeschichte schreiben.
Abba ist wieder da. Mit dem technisch ausgeklügelten Konzert "Abba: Voyage" in London sind Björn Ulvaeus, Agnetha Fältskog, Anni-Frid Lyngstad und Benny Andersson am Himmelfahrtstag auf die Bühne zurückgekehrt. Allerdings nicht in echt: Das von viel Medientrubel begleitete Konzert-Comeback fand in Form von Hologrammen statt, in einer eigens dafür gebauten Konzertarena. Sogar das schwedische Königspaar reiste dafür an.
Für
die Journalistin Gabi Biesinger, die bei der Premiere dabei war,
war es wie eine Zeitreise in die späten 1970er-Jahre, mit perfekten Avataren im Stil der Zeit statt Abba aus Fleisch und Blut, konserviert in ewiger Jugend. Sie habe glatt „vergessen, dass es nur Hologramme sind“, schwärmt Biesinger.
Die Fans kamen aus der ganzen Welt
Das Event – eher Show als Konzert - sei Nostalgie pur gewesen, sagt sie - mit Fans, die aus allen Teilen der Welt nach London gereist waren, um in alten und neuen Songs der Kultband zu schwelgen. Auch die echte Abba-Formation sei anwesend gewesen – gerührt und „mit Tränen in den Augen“.
Björn, Benny, Agnetha und Anni-Frid sind mittlerweile zwischen 70 und 80 Jahre alt und immer noch gut in Form. Dennoch begnügen sie sich damit, lediglich den Soundtrack für die Bühnenshow zu liefern. Im vergangenen Herbst brachten sie noch einmal ein Album heraus, Gesang und Tanzeinlagen auf der Bühne übernehmen nun die Avatare, hinzu kommt eine Live-Band mit Backgroundchor.
Die Show lässt sich beliebig oft wiederholen
Auf diese Weise lässt sich die Show beliebig oft wiederholen, in immer gleicher Qualität – es sei denn, die Live-Band erwischt einen schlechten Tag. Insofern ist die Show nicht nur ein technisches Gesamtkunstwerk, sondern auch ein „faszinierendes Geschäftsmodell, denn man kann im Prinzip mehrere Konzerte am Tag geben“, sagt der Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel.
Bendel, der an der Fachhochschule Nordwestschweiz lehrt, hat im vergangenen Jahr ein Buch über „Soziale Roboter“ geschrieben und beschäftigt sich seit Jahren mit Avatar-Konzerten.
Der Aufwand dahinter sei enorm, sagt der Wissenschaftler: Die vier Bandmitglieder seien in spezielle Ganzkörperanzüge gesteckt worden, ihr Gesang und ihre Bewegungen seien fünf Wochen lang von 160 Kameras gefilmt worden, um die Illusion vollkommen zu machen.
Fast schon zu perfekt
Die Abba-Show fasziniert ihn: „Ich denke, dass sie damit Kulturgeschichte schreiben werden.“ Im Vergleich mit ähnlichen Shows anderer Künstler sei die Abba-Performance „sehr dicht und perfekt – fast schon zu perfekt“. Höchstwahrscheinlich werde es bald etliche Nachahmer geben.
Für Bendel steht fest: „Mit diesem Abbild brennt man uns etwas ins Gehirn. Und ich glaube, diese Avatare – wenn wir sie oft genug sehen – werden wir mehr erinnern als die Originale. Die werden Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte überleben.“
(mkn)