40 Jahre Walkman

Der mobile Soundtrack des Lebens

08:59 Minuten
Eine Frau hält einen geöffneten Walkman in der Hand. Auf ihrem T-Shirt steht "analog in a digital world".
"Das Versprechen der mobilen Freiheit" – so nennt die Technikhistorikerin Heike Weber den Walkman. © EyeEm / Joel Petzold
Bodo Mrozek im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 01.07.2019
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Der Walkman war eine Revolution – von der Jugend heiß geliebt, von den Alten oft verteufelt. Die skandalisierte Debatte in den 80er-Jahren sollte uns eine Lehre sein für unsere Reaktion auf Smartphones, meint Kulturhistoriker Bodo Mrozek.
Vor 40 Jahren brachte Sony den ersten tragbaren Kassettenrekorder auf den Markt: den Walkman. Das knapp 400 Gramm schwere Gerät ebnete den Weg für die vergleichsweise winzigen MP3-Player von heute. Dabei sei der Walkman aus kulturtechnischer Sicht zunächst ein Rückschritt gewesen, sagt der Historiker Bodo Mrozek. "Rundfunk über Kopfhörer zu hören, das hatten die Amateure des Rundfunks am Anfang des Jahrhunderts gemacht." Die bedeutendere Erfindung sei vielmehr der Lautsprecher gewesen.
Auch unterwegs Musik zu hören, war dank Transistorradios schon seit den fünfziger Jahren möglich. Das eigentliche Neue am Walkman war die Diskretion. Plötzlich ließ man sich in der Öffentlichkeit von seiner Lieblingsband berieseln, ohne Ärger oder Aufmerksamkeit zu erregen. Damit erlaubte der mobile Kasettenrekorder zum ersten mal so etwas wie "Gefühlsmanagement", sagt Mrozek.

Schrille kulturpessimistische Töne

Der Walkman lieferte den Soundtrack zum eigenen Leben: traurige Musik, wenn es regnete, oder fröhliche Gitarrenklänge für Verliebte im Bus. Der erste Walkman verfügte sogar über zwei Anschlüsse, sodass man ihn auch paarweise nutzen konnte. Kein Wunder also, dass der Walkman zunächst überwiegend von Jugendlichen genutzt wurde.
Aber nicht überall kam der Walkman gut an. Laut Mrozek wurde er kurz nach Erscheinen in einer erregten Debatte skandalisiert. Angeblich drohten Hörschäden, der ADAC warnte vor dem Gebrauch im Straßenverkehr. "Der Walkman wurde zum Symbol für die Konsumkultur und die mangelnde Kommunikationsbereitschaft der Jugendlichen", so Mrozek.

Dieselben Kritiken wie bei Smartphone-Nutzern

Isolation, Rückzug, Ausklinken – das sind dieselben Themen, über die wir heute beim Smartphone debattieren. Mrozek plädiert deshalb dafür, weniger erregt auf neue Medien zu reagieren: "Wir ahnen schon, dass in 20 Jahren die heutige Smartphone-Nutzung als unproblematisch aufgefasst werden wird", so der Historiker.
(rod)
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