2G in Hamburg

Eine Impfpflicht wäre ehrlicher

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Eine Pappflagge mit dem Hamburg-Wappen sowie der Aufschrift 2G steckt in einer Mauer in der Hamburger Innenstadt vor einem Restaurant an der Alster.
Hamburg führt als erstes Bundesland das sogenannte 2G-Optionsmodell ein. Für Gastronomen und Veranstalter gelten dann weniger strenge Corona-Auflagen, wenn sie Ungeimpften keinen Zutritt gewähren. © imago / Hanno Bode
Steffen Augsberg im Gespräch mit Nicole Dittmer · 25.08.2021
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In Hamburg dürfen Restaurants und Bars bald mehr Gäste empfangen, wenn sie Ungeimpfte ausschließen. Der Jurist Steffen Augsberg findet das 2G-Optionsmodell "perfide", sagt aber auch: Geimpfte und Genesene hätten längst besser gestellt werden müssen.
In Hamburg gilt ab kommenden Samstag das 2G-Optionsmodell. Das bedeutet: Wenn Fitnessstudios, Restaurants oder Cafés nur noch Geimpfte und Genesene zulassen, werden sie von einem Teil der Corona-Auflagen befreit, dürfen zum Beispiel mehr Menschen hineinlassen. Ungeimpfte müssen auch mit Test draußen bleiben.

Differenzieren ist sinnvoll

Es sei sinnvoll, eine Personengruppe, von der weniger Gefahren ausgehen, anders zu behandeln als eine Gruppe, von der höhere Risiken ausgehen, sagt Steffen Augsberg, Professor für öffentliches Recht an der Universität Gießen und Mitglied im Deutschen Ethikrat: "Wir hätten schon vor Monaten die Geimpften und Genesen besser stellen müssen. Diese Form von Differenzierung würde ich nicht als Zwei-Klassen-Gesellschaft bezeichnen, sondern einfach für geboten erachten."
Nun in einer merkwürdig versteckten Haltung Druck auszuüben, dass Personen sich impfen lassen, sei aber etwas anderes. "Das scheint mir irgendwie unehrlich. Da verschanzt sich der Staat hinter der Privatautonomie. Das ist sicherlich kein Modell, das – jedenfalls meiner Ansicht nach – in Deutschland Schule machen sollte", so der Jurist.
Eine Impfpflicht einzuführen wäre nach Ansicht von Augsberg deutlich ehrlicher. Stattdessen würden die Restaurant-, Bar- und Fitnessstudiobetreiber vom Staat in eine bestimmte Richtung getrieben. Dieser Staat sage gleichzeitig aber, dass es nicht seine Entscheidung, sondern lediglich ein Optionenmodell sei. In den Augen des Juristen ist das "perfide", da verborgen werde, was eigentlich gewollt sei.
Zudem gebe es auch ein verfassungsrechtliches Problem, da nicht hinreichend bedacht werde, dass es nicht nur Menschen gebe, die sich nicht impfen lassen wollen, sondern auch Menschen, die sich nicht impfen lassen können: "Die bleiben dann völlig außen vor."

Ziele der Corona-Maßnahmen bleiben unklar

Der Bundestag hat an diesem Donnerstag unter Kritik der Opposition auch für die Verlängerung der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" gestimmt. Damit behalten Bund und Länder Sonderbefugnisse zur Verhängung von Schutzmaßnahmen.
"Wir führen so formale Diskussionen über den Bundestag und über diese entsprechenden Beschlüsse", stellt Augsberg dazu fest. "Wir fragen aber nicht so richtig, was eigentlich erreicht werden soll: Also was ist genau das Ziel dieser Corona-Bekämpfungsmaßnahmen, was soll auch verhindert werden?"
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