Samuel Schirmbeck: "Der Kreuzzug des Islam"

Aufruf zur Islamkritik

Der ehemalige Nordafrika-Korrespondent der ARD Samuel Schirmbeck zu Gast in der Talkshow "Maischberger".
"Es darf keinen Unterschied zwischen 'Gläubigen' und 'Ungläubigen' geben" - fordert Samuel Schirmbeck in "Der Kreuzzug des Islam". © dpa / Horst Galuschka
Von Rebecca Hillauer · 29.10.2016
Samuel Schirmbeck hat als Nordafrika-Korrespondent eine schleichende Islamisierung erlebt und warnt vor einem "Kreuzzug des Islam". Er fordert Mut zur offenen Islamkritik - und macht die Linken mitverantwortlich dafür, dass der radikale Islam sich in Westeuropa ausbreitet.
"Die Leute, die islamkritisch sind, die sind ja nicht islamophob: Sondern sie sind nur gewaltophob, intolerantophob, sie sind homophobophob. Sie lehnen am Islam das ab, was wir ja auch hatten: die Frauenfeindlichkeit, die Intoleranz im Namen einer Weltanschauung. Und wir haben uns nun endlich mit größter Mühe davon getrennt - und nun wollen die Leute nicht, dass das unter dem Deckmantel der Religion wieder ins Land kommt."
Samuel Schirmbeck hat die schleichende Radikalisierung in Nordafrika miterlebt. Als er 1990 als ARD-Korrespondent nach Algier kam, waren die Strände voll von Frauen in Badeanzügen, und das Land war voller Hoffnung auf Demokratie. Die Islamisten machten beidem ein Ende. Angeblich "Ungläubigen" drohten sie mit dem Tod. Samuel Schirmbeck blieb und lernte, mit der latenten Angst zu leben. Sie sei von ihm nur abgefallen, meint er, wenn er gelegentlich für wenige Tage zu Besprechungen nach Frankfurt flog.
"Und da habe ich gemerkt, was das wert ist: ein öffentlicher Raum, in dem man keinen religiösen Wahnsinn fürchten muss; in dem man vor die Haustür treten kann, ohne Angst zu haben, dass einem jemand, wann man ein "Ungläubiger" ist, einen Kopfschuss gibt."

"Da bekam ich einen furchtbaren Schreck"

So eine Fluchtburg haben diejenigen nicht, die dauerhaft in muslimischen Ländern dauerhaft leben - und dennoch mutig die Gräueltaten anprangern, die im Namen ihrer Religion verübt werden. Samuel Schirmbeck lässt diese "muslimischen Freiheitssucher", wie er sie nennt, in seinem Buch ausführlich zu Wort kommen. Etwa den Literaturwissenschaftler Abdelwahab Meddeb, der in einem gewalttätigen Fundamentalismus die "Krankheit des Islam" ausmacht. Daran wurde Schirmbeck erinnert, als er wieder einmal nach Frankfurt flog, und neben ihm im Flugzeug ein junger Algerier saß.
Samuel Schirmbeck: "Der islamische Kreuzzug und der ratlose Westen. Warum wir eine selbstbewusste Islamkritik brauchen", Orell Füssli Verlag Zürich, 288 Seiten, 19,95 Euro
Samuel Schirmbeck: "Der islamische Kreuzzug und der ratlose Westen"© Orell Füssli Verlag Zürich
"Kaum waren wir über Marseille, fing er an, einen Monolog zu halten, wie toll der Koran ist, und wie der Islam für die Menschheit da ist und die beste Religion, und dass sie jedem gerecht wird und so weiter. Anderthalb Stunden lang. Sodass, als das Flugzeug dann auf dem Rollfeld aufsetzte in Frankfurt, ich gesagt habe: Aber hier ist jetzt die Allah-Zone zu Ende. Und da kam es wie aus der Pistole geschossen: Nein, Monsieur, die Allah-Zone endet nie. Und da kriegte ich einen furchtbaren Schreck: Wie, wenn die Allah-Zone tatsächlich sich ausdehnen würde und mal nach Europa käme? Und man nicht mehr dieses Gefühl der Sicherheit hätte. Et voilá."
"Es lässt sich auch schon bei uns in Westeuropa beobachten: Forderung nach Gebetsräumen außerhalb der Moscheen, in Schulen, in Betrieben, an der Uni. Protestbeten unter freiem Himmel, wenn der Forderung nicht nachgegeben wird. Frauen den Handschlag verweigern, weil sie 'unrein' sind. Angst vor einem falschen Wort über den Propheten, das böse Folgen haben könnte: So hat es in Nordafrika angefangen",
…schreibt Samuel Schirmbeck in seinem Buch. Er schildert, wie fassungslos er war, wenn er Freunden in Deutschland seinen wachsenden Zweifel an der Friedfertigkeit des Islam schilderte – und sie ihn als Faschisten beschimpften. In Schirmbecks Augen sind Menschen wie sie "Von-Gestern-Linke" und mitverantwortlich dafür, dass sich der radikale Islam ungehindert in Westeuropa ausbreiten könne.

"Es darf keinen Unterschied zwischen 'Gläubigen' und 'Ungläubigen' geben"

"Das ist dieses alte Dritte-Welt-Engagement der Linken, ja. Dass sie eben meinen, es gibt einen ontologisch bösen Teil der Welt - das ist der Westen mit Amerika. Und dann gibt es eine ontologische Unschuldszone - das ist die Dritte Welt. Und aus der Dritten Welt kommt nun mal der Islam - und deshalb sollte er nicht angetastet werden."
Mit in der Verantwortung sieht der Autor auch die liberalen Muslime und konservativen Islamverbände in Europa, die sich bislang nicht eindeutig gegen den radikalen Islam positioniert hätten. Von ihnen verlangt er im Buch:
"Forderung Nummer eins: Fördert das freie eigenständige Nachdenken über den Islam! Forderung Nummer zwei: Verkündet, dass es keinen Unterschied zwischen 'Gläubigen' und 'Ungläubigen' gibt."
Die Trennung in "Gläubige" und "Ungläubige" hält der Autor für verheerend. Insbesondere für die Integration. Welchen Blick, fragt er, werfen etwa die Kriegsflüchtlinge aus Syrien auf eine Gesellschaft, von der es heißt, sie bestehe aus Frevlern? Samuel Schirmbecks Buch ist spannend zu lesen. Und die deutliche Sprache sorgt für inhaltliche Klarheit. Wer schon lange auf solche Worte gewartet hat, dem gibt der Autor viele Argumente an die Hand.

Ein Bündnis der Säkularen

"Unsere Politiker sie halten die Muslime hier – und das finde ich im Grunde rassistisch -, die hier im Land sind, für unfähig, eine offene Diskussion über die 'verfluchte' Seite des Islam, wie ein marokkanischer Gelehrter es nennt, auszuhalten. Sie haben Angst, dass die Friedfertigkeit, die ja auch permanent betont wird, durch eine offene Diskussion über den Islam nachlassen könnte. Und die Kirchen bieten sich an für die, die Angst vor dem Islam haben. Aber sie verbitten sich natürlich jede Islamkritik, weil sie auch gleichzeitig eine Religionskritik ist - und das wollen sie natürlich nicht, weil der Islam ihnen eine neue Bedeutung verschafft hat. Die Re-Religionisierung unserer Gesellschaft - sie ist eben auch ein Teil der Islamisierung."
Dass inzwischen säkulare Muslime aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in einer gemeinsamen Deklaration eine Reform des Islam im Sinne der europäischen Aufklärung fordern, stimmt Samuel Schirmbeck zuversichtlich. Auch das, meint er, habe er in den zehn Jahren in Nordafrika gelernt:
"Dass die Konfrontation nicht zwischen Muslimen hier und Europäern da geht. Sondern dass es Gleichgesinnte in der muslimischen Welt und in der europäischen gibt - und dass die ein Bündnis schließen müssen gegen die anderen. Ich denke, das wird über kurz oder lang auch passieren."

Samuel Schirmbeck: Der islamische Kreuzzug und der ratlose Westen. Warum wir eine selbstbewusste Islamkritik brauchen
Orell Füssli Verlag Zürich, 288 Seiten, 19,95 Euro

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