Erhard Eppler: "Trump – und was tun wir?"

Über die Abschaffung der Demokratie

Das Cover von Erhard Epplers Buch "Trump und was tun wir?". Im Hintergrund ist eine Illustration zu sehen, in der zwei Männer eine Sprechbase zerreißen.
Eine Gesellschaft, in der der Markt die Politik ersetzt, stehe im Widerspruch zur Demokratie, sagt Eppler in seinem Buch. © Dietz / imago stock & people
Von Sieglinde Geisel · 17.02.2018
Erhard Epplers Buch trägt zwar den verkaufsfördernden Namen Trump im Titel, doch um Trump geht es in diesem Essay nicht. Der Name "Trump" steht für ein Phänomen: für die Tendenz, Politik durch eine radikale, nationalistisch gefärbte Marktlogik zu ersetzen.
Eppler meidet Begriff wie "populistisch", "autoritär" oder "rechts" – selbst "neoliberal" verwendet er fast nur in Zitaten. Gleich zu Anfang schreibt Eppler, man müsse "das Nein zu dieser Partei" ohne Hass formulieren, und er hält Wort. In der Sache ist dieser Essay eine flammende Verteidigung der Demokratie gegen den Angriff von rechts – doch AfD-Wähler können das Buch lesen können, ohne sich diskreditiert zu fühlen. Eppler polemisiert nicht, sondern er erklärt.

Der Sinn von Politik droht vergessen zu werden

Wir lesen in diesen knapp 120 Seiten vieles, was wir eigentlich schon wissen. In schlichten, präzisen Worten erklärt Erhard Eppler, was Politik eigentlich ist: "Politik begann damit, dass Menschen eine Ordnung suchten, die allen zumutbar und gegen alle durchsetzbar war." Doch dieses elementare Wissen über politische Vorgänge droht uns abhandenzukommen. Eppler macht, nach 60 Jahren als aktiver Politiker, den politischen Alltag fassbar. Er erzählt von den Mühen der Ausschussarbeit und davon, dass sich politische Ziele änderten, weil die Realität nie so sei, wie man sie sich vorgestellt habe. Anhand der Kommunalpolitik erklärt er das Abwägen und Ausgleichen von Interessen in der Demokratie, und er erinnert daran, dass in einer Demokratie ein Kampf "derer da unten" gegen "die da oben" nicht vorgesehen sei, schließlich wählt das Volk sich seine Vertreter – bei aller Kritik, die er dann durchaus am Machtstreben und der Eitelkeit von Politikern übt.

Eine solidarische Gesellschaft wider die Kräfte des Marktes

Eppler durchleuchtet das Staatswesen: Was ist der Unterschied zwischen Politikern und Beamten? Wie verhält sich Gesinnungsethik zu Verantwortungsethik? Was sind die Konsequenzen einer reinen Erfolgsgesellschaft? Eine Gesellschaft, in der der Markt die Politik ersetzt, führe zur Spaltung, und dies stehe im Widerspruch zur Demokratie. Wir sprächen gern von Leistungsgesellschaft, doch gemeint sei eine "Erfolgsgesellschaft". Eppler stellt dem eine solidarische Gesellschaft gegenüber, die politisch gegen die Kräfte des Marktes errungen werden müsse.

Die Emotionalisierung der politischen Berichterstattung

In der Analyse ist Eppler auf der Höhe des Diskurses. Die Berichterstattung über Politik kranke an der "Game-Zentrierung" - ein Begriff des Harvard-Wissenschaftlers Thomas Patterson: In den Medien gehe es nicht mehr um Sachfragen, sondern um Machtkämpfe, Umfrageergebnisse haben den Status von Bundesligatabellen – das Publikum soll Spaß haben. Die "postfaktische" Rhetorik habe das Ziel, Emotionen zu erzeugen, die stärker wirken als alle Fakten, darin erkennt Eppler "eine Methode zur Abschaffung der Demokratie".

Erhard Eppler: "Trump – und was tun wir? Der Antipolitiker und die Würde des Politischen"
Dietz-Verlag, 128 Seiten, 12,90 Euro

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