E-Book-Messe in Berlin

Digital Born

Ein Mann hält am 28.09.2012 in München (Bayern) ein elektronischen Reader der Marke Kindle in seinen Händen.
Wie wird aus einem Text ein E-Book? Lassen sich E-Books in Bibliotheken integrieren? © picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Von Sieglinde Geisel  · 20.06.2015
Seit einigen Jahren formiert sich in Deutschland eine digitale Publishing-Szene. Aber wohin geht die Reise bei den E-Books? In Berlin haben sich Vertreter der Branche der Digitalverlage auf der "Electric Book Fair" getroffen und versucht, auf diese Frage eine Antwort zu finden.
"Ich lese auf meinem Smartphone ... Oh, hoffentlich habe ich noch genug Akku."
Elektrische Bücher sind Dateien, und die liest man auf dem Smartphone, dem E-Reader oder dem Tablet. Im Literarischen Colloquium Berlin begann gestern Abend mit der "Elektrischen Lesenacht" die E-Book-Messe, die heute Nachmittag im Colonia Nova in Neukölln mit dem "Electric Afternoon weiterging. Das E-Book ist immer noch nicht für alle Leser selbstverständlich: Der Anteil der elektrischen Bücher liegt in Deutschland erst bei sechs Prozent. Nikola Richter, die Verlegerin von "Mikrotext", einem reinen E-Book-Verlag, und Organisatorin der E-Book-Messe:
"Im Alltag lesen so viele Menschen schon mobil und auf dem Bildschirm, das digitale Lesen ist eigentlich im Alltag angekommen, und diese Buch-Haptiker, diese Seitenduft-Vertreter, die dann sagen, ich kann nicht so ein E-Book lesen, weil da fehlt mir der Duft - denen entgegne ich dann immer, ach so, du kaufst also ein Buch, weil du daran riechen möchtest."
Wie wird aus einem Text ein E-Book?
Ein Verlag wie Mikrotext veröffentlicht E-Books nicht als Zweitverwertung von gedruckten Büchern, sondern als elektrische Originale: "Digital Born", fürs Digitale gemacht, ein Ausdruck, der vielleicht heute auf der E-Book-Messe erfunden wurde. Etwa achtzig Besucher aus der digitalen Szene diskutierten am "Electric Afternoon". Wie wird aus einem Text ein E-Book? Lassen sich E-Books in Bibliotheken integrieren? Wie können Autoren sich im Netz vermarkten? Karla Paul ist eine erfolgreiche und leidenschaftliche Literaturbloggerin:
"Ich würde also alle darum bitten, dass wir nicht sagen, es geht um Literaturvermittlung im Netz im Sinn von Produkte verkaufen, sondern dass wir eher so etwas wie Mission, Emotionen haben. Ganz viel Glück ist das natürlich auch im Netz, dass die sozialen Netzwerke diese Emotionen fördern. Zum Beispiel bei Facebook, die ganz stark auf die Interaktion gehen, und je mehr wir Leute für etwas begeistern, sie dazu bringen, dass sie es liken, dass sie es teilen, mit ihren Freunden diskutieren, desto höher steigt ja der Inhalt auch. Es ist einfach wahnsinnig wichtig, dass wir Emotionen wecken."
Bücher, die nicht zwischen zwei Buchdeckeln existieren, können alles Mögliche sein. Andrea Nienhaus ist Designerin für E-Books bei Mikrotext:
"Es gibt einen Eintrag im Duden, aber ein E-Book ist eine digitale Veröffentlichung, das kann ein PDF sein, das kann ein e-pub-Format sein, das kann aber auch eine App sein oder ein sogenanntes enhanced E-Book. Es ist also kein feststehender Begriff sein. Eigentlich reden wir von digitalen Publikationen im weitesten Sinne."
Die Verlage, die sich auf der E-Book-Messe getroffen haben, sind noch sehr jung - die meisten noch keine zwei Jahre alt. Wie wird sich das E-Book in den nächsten Jahren entwickeln?
"Es bringt nichts, über übermorgen zu sprechen"
"Die Glaskugel - nee, das kann ich nicht wissen, das kann keiner wissen. Ich bin der Meinung, man muss eigentlich gucken, was passiert jetzt gerade, was sind die Möglichkeiten, die wir jetzt gerade nutzen können, und schöpfen wir die eigentlich schon wirklich aus. Ich bin der Meinung, die sind überhaupt noch nicht ausgeschöpft, deswegen bringt es nichts, über übermorgen zu sprechen. Die Entwicklungen sind so kurzlebig. Dass wir jetzt so über E-Books sprechen, hätte vor zehn Jahren auch keiner gedacht."
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