Breitband Sendungsüberblick

Das Virale und die Angst

54:12 Minuten
Illustration einer Weltkarte mit Totenköpfen und Computertastaturen, auf denen Hände tippen.
Das Coronavirus breitet sich auch digital aus. © imago images / Ikon Images
Mit Katja Bigalke und Marcus Richter · 07.03.2020
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Corona hat auch die digitale Welt infiziert: Das Virus geht viral. Was haben biologische und digitale Infektionen gemeinsam? Außerdem: Angriffe auf Journalisten, der Podcast "The Other Latif" und die Frage, was wir gegen irrationale Angst tun sollten.
Das Coronavirus breitet sich weiter aus – sowohl biologisch, aber auch digital in den Medien und sozialen Netzwerken. Das Virus taucht dabei in unterschiedlichen Kontexten auf: in Falschinformationen und Verschwörungstheorien, aber auch in Videos, Tweets und anderen Formen von Beiträgen, die über die Krankheit aufklären oder humorvoll mit der Situation umgehen.
Das Coronavirus und einzelne Inhalte dazu finden eine extrem hohe Verbreitung in den sozialen Medien. "Wir kämpfen nicht nur gegen eine Epidemie, sondern auch gegen eine Infodemie", sagte der Direktor der Weltgesundheitsbehörde, Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar.
Man könnte auch sagen: Das Coronavirus ist viral.
Aber was verstehen wir heute eigentlich unter "viraler Verbreitung" in der digitalen Welt? Warum eignet sich ein Thema wie Corona so gut dafür? Worin besteht die Analogie zwischen dem Viralen und dem Virus? Und was hat das in Bezug auf Corona für Auswirkungen – negative wie positive?
Über die Mechanismen des Internets als Spiegel einer verunsicherten Gesellschaft sprechen wir mit Rolf Nohr, Professor vom Institut für Medienwissenschaft an der Hochschule für Bildenden Künste Braunschweig.

Angriffe auf Journalisten auf Lesbos

Die ohnehin schon angespannte Lage auf der griechischen Insel Lesbos hat sich verschärft: Seitdem die türkische Regierung geflüchtete Menschen nicht mehr daran hindert, in die Europäische Union zu gelangen, machen sich Tausende von ihnen auf den Weg zur griechischen Grenze. Viele von ihnen landen auf Lesbos, wo im Flüchtlingslager von Moria bereits 20.000 geflüchtete Menschen leben. Doch Moria bietet nicht genug Platz und die Zustände sind schon seit Monaten katastrophal, berichten die Korrespondenten.
Seit einiger Zeit wird auch die Atmosphäre zwischen den Inselbewohnern und den Flüchtlingen, ihren Helfern und den Journalisten als feindselig beschrieben. Nun gab es die ersten Übergriffe auf Journalisten: Der Journalist Michael Trammer wurde von einer Gruppe rechtsradikaler Männer getreten und geschlagen, seine Kamera warfen die Angreifer ins Hafenbecken.
Attacken wie die auf Michael Trammer sind in Griechenland kein Einzelfall und die deutschen Medien berichteten in dieser Woche verstärkt über die gefährliche Lage auf Lesbos. Wie wird das Thema in den griechischen Medien verhandelt? Und was passiert in den sozialen Netzwerken? Darüber sprechen wir mit unserem Korrespondenten Panajotis Gavrilis.

Solidarität statt irrationaler Angst

Bilder von leeren Regalen und Menschen mit überfüllten Einkaufswagen machen die Runde: Aus Angst vor Corona decken wir uns ein mit Dosenravioli, Klopapier und Desinfektionsmitteln. Wäre alles halb so wild, wenn nicht chronisch Kranke oder Eltern von Säuglingen darunter leiden würden, dass es keine Desinfinktionsmittel und kaum noch Babynahrung gibt.
Die Krankheitskrise ist auch eine Solidaritätskrise, was in dieser Woche bereits Thema war: Die aktuelle SPIEGEL-Kolumne von Margarete Stockowski befasst sich mit dem Aspekt der Solidarität und ein Kommentar von Silke Jäger auf Krautreporter.de erklärt aus medizinjournalistischer Sicht, wie Egoismus die Auswirkungen des Coronavirus schlimmer macht, als es sein müsste.
Auf Riffreporter hat Christoph Schrader das psychologische Konzept der "finite pool of worries" erklärt, das besagt, dass wir uns nur über eine begrenzte Zahl an Dingen Gedanken machen können und wollen. Im Freitag hat Nils Markwardt über drei Paradoxien im Umgang mit dem Coronoavirus geschrieben – eines davon beschäftigt sich mit Solidarität. Und auch der Satiriker Thomas Gsella veröffentlichte auf seinem Facebook-Account ein Gedicht zum Thema.
Holen Extremsituation grundsätzlich immer das schlechteste aus einer Gesellschaft heraus? Darüber sprechen wir mit unserer Kolumnistin Samira El Ouassil.

Podcastkritik "The Other Latif"

Der Journalist Latif Nasser glaubte immer, sein Name sei einzigartig. Bis er eines Tages herausfindet: Er teilt seinen Namen mit einem anderen Mann, Abdul Latif Nasser, einem Häftling in Guantanamo Bay.
Diese Entdeckung führt den Journalisten in eine jahrelange Untersuchung. Die US-Regierung zeichnet ein erschreckendes Bild vom anderen Latif als Al-Qaidas bestem Sprengstoffexperten und einem der wichtigsten Berater von Osama bin Laden. Nassers Anwalt dagegen behauptet, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war und dass er nie zu Al-Qaida gehörte.
In seinem Podcast "The Other Latif" bei Radiolab nimmt der Journalist Beweise auseinander, versucht Fakten von Fiktionen zu trennen und aufzudecken, was sein Namensvetter tatsächlich getan oder nicht getan hat. Carina Fron hat "The Other Latif" gehört.

Netzmusik-Playlist

Das Team

Moderation: Katja Bigalke und Marcus Richter
Redaktion: Jochen Dreier und Jana Wuttke
Netzmusik: Teresa Sickert
Webredaktion: Nora Gohlke
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