Aus den Feuilletons

Theater als vorgezogene Wahlparty

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Sommerfestival auf Kampnagel: Tänzer der britischen Michael Clark Company bei einer Probe von "To a Simple, Rock'n'Roll... Song". © picture alliance / Markus Scholz/dpa
Von Ulrike Timm · 13.08.2017
Egal ob Flüchtlinge oder Kanzlerkandidaten auf der Bühne: Die Feuilletonisten üben sich heute im Besinnungsaufsatz. Dieses eigentlich bei Deutschlehrern beliebte Format ist nicht immer zum Vergnügen der Leser, meint Ulrike Timm.
Bei den Theaterbeiträgen in SÜDDEUTSCHE wie WELT, handelt es sich, mit Verlaub, um ziemliche Besinnungsaufsätze - und wie hat die Pressebeschauerin dieses Deutschlehrerformat schon in der Schule gehasst!
Till Briegleb von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG etwa ist vom "linguistisch geschulten Biber" begeistert. Beim Hamburger Sommerfestival auf Kampnagel hat er "kluge Inszenierungen von Künstlern und ironische Ausflüge ins Puppentheater" erlebt. Das Festival versteht sich jetzt vor der Bundestagswahl auch schon als "vorgezogene Wahlparty", wirbt dezidiert mit einem "Kandidaten", weil, Zitat: "das Spiel mit der Realität besser in der Kunst als in der Politik aufgehoben" sei.
Ob die WELT das genauso gesehen hätte? Wissen wir nicht, sie war nicht da und konnte also auch nicht über linguistisch geschulte Biber stolpern. Aber ums Theater geht’s auch hier. Über allzu viel Fluchtgeschichten und Integrationsbemühungen, wenn möglich von Betroffenen 1:1 auf die Bühne gebracht, ärgert sich Björn Hayer in einer "Streitschrift".
"Gutmenschen gehen ins Theater, um sich für ihre eigene Gutmenschlichkeit mithilfe gutmenschlicher Inszenierungen auf die Schultern zu klopfen. Außer gegenseitiger Bestärkung erwächst aus diesen Aufführungen kaum ein Mehrwert," schreibt Hayer.
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