Antifeminismus

Berichten, was unter dem Radar stattfindet

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Collage, bei der das Schwarz-Weiß-Foto einer Frau mit altmodischer Frisur überklebt ist mit einem farbigen Mund, aus dem eine Sprechblase ragt.
Bei der bundesweit ersten Meldestelle für Antifeminismus können Betroffene Fälle von Antifeminismus melden, die unter der Strafbarkeitsgrenze liegen. © Getty Images / iStockphoto / master1305
Hannah Beeck im Gespräch mit Max Oppel · 02.02.2023
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Die erste Meldestelle für antifeministische Vorfälle ist online. Sie soll auch Angriffe sammeln, die nicht strafbar sind. Damit könne gezeigt werden, dass Antifeminismus eine breite politische Bewegung sei, sagt Hannah Beeck von der Meldestelle.
Antifeminismus steht für Sexismus, Frauenfeindlichkeit und auch Queerfeindlichkeit. Es gibt zunehmend mehr antifeministische Strömungen und Vorfälle in Deutschland, doch bisher existierten nur wenige Möglichkeiten der Nachverfolgung. Nun aber ist die bundesweit erste Meldestelle Antifeminismus eingerichtet, sie ist angesiedelt bei der Amadeu Antonio Stiftung.
"Wir sprechen von einer organisierten Bewegung gegen Feminismus, Gleichstellung und Selbstbestimmung", sagt Hannah Beeck, die diese Meldestelle mit aufgebaut hat. Sie berichtet aus ihrer Beratungspraxis von Droh- und Hassnachrichten im Netz gegen Frauen und Organisationen, die sich feministisch positionieren, von Anfeindungen gegen Gleichstellungsbeauftragte in den Kommunen und von körperlichen Angriffen gegen queere Menschen auf der Straße. Ein weiteres Beispiel seien "die organisierten Kampagnen gegen geschlechtergerechte Sprache".

Viele Angriffe bleiben unbemerkt

Solche Vorfälle könnten jetzt auf der Homepage in einer sehr einfachen Maske gemeldet werden, berichtet Hannah Beeck. Die Angaben würden anonymisiert ausgewertet und nicht an die Behörden weitergegeben: "Wir möchten den Menschen die Möglichkeit geben, ihre Fragen zu teilen." Denn Antifeminismus laufe weitgehend unter dem Radar der Gesellschaft und der Politik ab. Es sollten deshalb auch dann Vorfälle gemeldet werden, "wenn sie unter der Strafbarkeitsgrenze passieren".
Viele Angriffe passierten zum Beispiel nicht öffentlich auf Facebook oder Twitter, sondern in persönlichen E-Mail-Fächern: "Wir möchten den Menschen eine Plattform geben und gleichzeitig zeigen, dass Antifeminismus ein sehr breites Spektrum ist." Das gehe nur, wenn man auch Fälle sammle, die nicht auf den großen Radar kommen, sagt Hannah Beeck.
Es gehe natürlich auch um konkrete Hilfe für Betroffene: In der Meldemaske können sie angeben, ob sie eine Beratung möchten; in diesem Fall werden sie von der Amadeu Antonio Stiftung beraten oder weitergeleitet an unterstützende Strukturen wie Opferberatungsstellen oder die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus.

Einstiegsdroge für Rechtsextremisten

Hannah Beeck sieht die Meldestelle auch als Startpunkt für eine langfristige Auseinandersetzung mit der Frage, "wie antifeministische Übergriffe überhaupt aussehen und wie man ihnen entgegentreten kann". Nicht zuletzt solle der Gesellschaft und der Politik gezeigt werden, "wer dahinter steht".
Rechtsextremistische und populistische Organisationen nutzten Antifeminismus als "Einstiegsdroge" in ihre Ideologien, sagt Beeck. Deswegen sei es wichtig zu sagen, dass Antifeminismus eine "Demokratie-Gefährdung" sei.
(cre)
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