Kritik an Frauen in Spitzenämtern

Ausdruck eines neuen Antifeminismus?

07:37 Minuten
Andrea Nahles (r) ist als SPD-Vorsitzende zurückgetreten. Manuela Schwesig (l) gehört zur Übergangsführung.
Steht in der Kritik, aber ist das Antifeminismus? Andrea Nahles (rechts) nach ihrem Rücktritt vom SPD-Parteivorsitz © dpa/Bernd von Jutrczenka
Paula-Irene Villa im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 24.06.2019
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Der Kulturtheoretiker Klaus Theweleit sieht in der Kritik an Politikerinnen wie Andrea Nahles einen neuen Antifeminismus. Die Soziologin Paula-Irene Villa meint, so eindeutig sei die Sachlage nicht. Anti-Genderismus würde es besser treffen.
Der Soziologe und Kulturtheoretiker Klaus Theweleit hat in einem Artikel in der FAZ zu belegen versucht, dass ein neuer Antifeminismus allmählich salonfähig werde. Alle Parteien tendierten dazu, Frauen immer dann in hohe Ämter zu loben, nachdem zeitweilig Männer abtauchen, weil sie "alles vor die Wand gefahren haben". Siehe Österreich mit der Interimskanzlerin Bierlein.

Antwort mit einem entschiedenen Jein

Gibt es also einen neuen Antifeminismus? Paula-Irene Villa lehrt Soziologie und Gender-Studies in München und antwortet mit einem entschiedenen "Jein": Der Umgang mit mächtigen Frauen, gerade in ehemaligen Männerdomänen wie Politik und Wirtschaft sei sexistisch getönt, so Villa.
Allerdings gebe es genügend Gegenbeispiele, z.B. Angela Merkel. Außerdem werde Sexismus sehr viel stärker skandalisiert, als noch vor einigen Jahren. Viel stärker als ein neuer Antifeminismus sei ein Anti-Genderismus zu bemerken, meint Villa: "Der Begriff 'Gender' und die Ideen, die sich damit verbinden, sind viel mehr ein Aufreger."

Gender-Gegner haben es gern übersichtlich

Besonders in bildungsbürgerlich-konservativen Kreisen sei Gender ein Reizwort, erklärt die Soziologin: "Bis hin zu ganz rechten Positionen, aber auch in manchen linken Artikulationen. Über Gender regen sich eigentlich alle auf, die die Welt gerne in übersichtlichen Frau-Mann, Schwarz-Weiß, Gut-Böse-Kategorien hätten."
(beb)
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