Zwischen Spitzenverdienst und Suppenküche
Die Autoren Dorothee Beck und Hartmut Meine haben die eingetretene gesellschaftliche Spaltung in traumhaft Vermögende und üppig Verdienende und in ein Konglomerat von Verunsicherten aus den Mittelschichten, von Arbeitnehmern, von Niedriglöhnern und Arbeitslosen kritisch analysiert. In ihrem Buch "Armut im Überfluss", setzen sie die Pole von Arm und Reich gegeneinander.
"Leistung muss sich wieder lohnen" - diese von Helmut Kohl geprägte und von Guido Westerwelle gepflegte Forderung hat in den letzten Jahrzehnten eine nachhaltige Wirkung entfaltet. Sie wurde von den Spitzenverdienern benutzt, um ihre Vergütungen in unermessliche Höhen zu treiben und war zugleich das unausgesprochene Alibi dafür, die Einkommen der Arbeitnehmerfamilien und eines Teils des Mittelstands seit 15 Jahren real einzufrieren.
"Heute haben wir den Salat", so könnte man salopp formulieren. Unsere Gesellschaft ist tief gespalten. Das Ergebnis kann man besichtigen.
Die Autoren Dorothee Beck und Hartmut Meine haben die eingetretene Spaltung in traumhaft Vermögende und üppig Verdienende auf der einen Seite und auf der andern Seite in ein Konglomerat von Verunsicherten aus den Mittelschichten, von Arbeitnehmern, von Niedriglöhnern und Arbeitslosen kritisch analysiert.
Ich bekam "Armut im Überfluss" auf den Tisch, als ich mich gerade für eine Fernsehdiskussion vorbereitete, bei der es zu klären galt, ob "wir verdienen, was wir verdienen". Ich fand einschlägige Informationen gebündelt vor.
Zum Beispiel Daten über den Anstieg der Verschuldung von Familien und darüber, dass die Armut sogar in der kurzen Zeit zwischen dem Erscheinen des ersten Armuts- und Reichtumsberichts von 2001 und dem Zweiten von 2005 messbar angestiegen ist.
"Im zweiten Bericht veränderte sich die Tonlage. Auch nach vier Jahren Rot-Grün waren die Reichen reicher und die Armen ärmer geworden. Die Armutsquote stieg von 12,1 auf 13,5 Prozent der Bevölkerung. VerliererInnen waren vor allem Kinder, Jugendliche und Frauen."
Die Autoren setzen die Pole von Arm und Reich gegeneinander. Mit Informationen über die 100 Milliardäre in Deutschland und die wundersame Vermehrung der Vorstandsvergütungen in den letzten 10 Jahren - um märchenhafte 600 Prozent bei der Deutschen Bank und immerhin noch um 115 Prozent bei Volkswagen.
Im gleichen Zeitraum stieg der Lohn in der niedersächsischen Metallindustrie um 22 Prozent. Dieser Vergleich ist deshalb erwähnenswert, weil einer der Autoren, Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG Metall von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ist und mit diesem Vergleich nebenbei eingesteht, dass er und die Gewerkschaften in diesen 10 Jahren in maßloser Weise enttäuscht worden sind.
Die Journalistin Dorothee Beck und der gelernte Wirtschaftsingenieur Hartmut Meine haben dokumentiert, was die so genannten Normalverdiener der verschiedenen Berufsgruppen verdienen; sie vergleichen diese mit den Spitzenverdienern. Dadurch wird verdeutlicht, wie sich die Relationen im letzten Jahrzehnt verschoben haben. 1995 verdiente der Durchschnitt der Vorstände von Unternehmen das 36-Fache der Arbeitnehmereinkommen, heute das 160-Fache. Tendenz steigend.
Bei der Lektüre kann einem schwindlig werden. Der Blick auf die andere Seite unserer Gesellschaft ist ernüchternd: Die Autoren schildern die totale Verunsicherung, in die Menschen geraten, wenn sie arbeitslos und arm werden oder dies befürchten müssen. Sie beschreiben den schnellen sozialen Abstieg, dem viele Menschen heute ausgesetzt sind.
"Die Wolgaster Tafel ist ganz unten. Dort, wo Maria B. niemals hin wollte. ... 'Monatelang bin ich nicht hingegangen. Ich konnte einfach nicht', erinnert sich Maria B. 'Sie können sich nicht vorstellen, wie es ist, dort um Essen anzustehen.' Zwischen Menschen die nach Schweiß und Alkohol riechen - dem Geruch der Armen und Ausgegrenzten; zwischen Menschen die drängeln, aus Angst, leer auszugehen. ..."
Spürbar enttäuscht und zornig notieren die Autoren, dass sich unsere Führungseliten mit der eingetretenen Lage arrangieren. Die Verantwortlichen verweigern den Blick auf den unermesslichen Reichtum und machen die Armen selbst für ihre Situation verantwortlich.
Beck und Meine beschreiben die damit stattfindende Verschiebung: von der Verantwortung der Politik, geeignete Instrumente zur Vermeidung und Beseitigung von Armut zu entwickeln, hin zur gerade noch akzeptierten Aufgabe, eine Art Chancengerechtigkeit herzustellen. Wer die gebotenen Chancen nicht nutzt, habe eben Pech gehabt, so die moderne Philosophie.
Dorothee Beck, Hartmut Meine: Armut im Überfluss. Nachrichten aus einer gespaltenen Gesellschaft
Steidl Verlag, Lübeck 2007
"Heute haben wir den Salat", so könnte man salopp formulieren. Unsere Gesellschaft ist tief gespalten. Das Ergebnis kann man besichtigen.
Die Autoren Dorothee Beck und Hartmut Meine haben die eingetretene Spaltung in traumhaft Vermögende und üppig Verdienende auf der einen Seite und auf der andern Seite in ein Konglomerat von Verunsicherten aus den Mittelschichten, von Arbeitnehmern, von Niedriglöhnern und Arbeitslosen kritisch analysiert.
Ich bekam "Armut im Überfluss" auf den Tisch, als ich mich gerade für eine Fernsehdiskussion vorbereitete, bei der es zu klären galt, ob "wir verdienen, was wir verdienen". Ich fand einschlägige Informationen gebündelt vor.
Zum Beispiel Daten über den Anstieg der Verschuldung von Familien und darüber, dass die Armut sogar in der kurzen Zeit zwischen dem Erscheinen des ersten Armuts- und Reichtumsberichts von 2001 und dem Zweiten von 2005 messbar angestiegen ist.
"Im zweiten Bericht veränderte sich die Tonlage. Auch nach vier Jahren Rot-Grün waren die Reichen reicher und die Armen ärmer geworden. Die Armutsquote stieg von 12,1 auf 13,5 Prozent der Bevölkerung. VerliererInnen waren vor allem Kinder, Jugendliche und Frauen."
Die Autoren setzen die Pole von Arm und Reich gegeneinander. Mit Informationen über die 100 Milliardäre in Deutschland und die wundersame Vermehrung der Vorstandsvergütungen in den letzten 10 Jahren - um märchenhafte 600 Prozent bei der Deutschen Bank und immerhin noch um 115 Prozent bei Volkswagen.
Im gleichen Zeitraum stieg der Lohn in der niedersächsischen Metallindustrie um 22 Prozent. Dieser Vergleich ist deshalb erwähnenswert, weil einer der Autoren, Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG Metall von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ist und mit diesem Vergleich nebenbei eingesteht, dass er und die Gewerkschaften in diesen 10 Jahren in maßloser Weise enttäuscht worden sind.
Die Journalistin Dorothee Beck und der gelernte Wirtschaftsingenieur Hartmut Meine haben dokumentiert, was die so genannten Normalverdiener der verschiedenen Berufsgruppen verdienen; sie vergleichen diese mit den Spitzenverdienern. Dadurch wird verdeutlicht, wie sich die Relationen im letzten Jahrzehnt verschoben haben. 1995 verdiente der Durchschnitt der Vorstände von Unternehmen das 36-Fache der Arbeitnehmereinkommen, heute das 160-Fache. Tendenz steigend.
Bei der Lektüre kann einem schwindlig werden. Der Blick auf die andere Seite unserer Gesellschaft ist ernüchternd: Die Autoren schildern die totale Verunsicherung, in die Menschen geraten, wenn sie arbeitslos und arm werden oder dies befürchten müssen. Sie beschreiben den schnellen sozialen Abstieg, dem viele Menschen heute ausgesetzt sind.
"Die Wolgaster Tafel ist ganz unten. Dort, wo Maria B. niemals hin wollte. ... 'Monatelang bin ich nicht hingegangen. Ich konnte einfach nicht', erinnert sich Maria B. 'Sie können sich nicht vorstellen, wie es ist, dort um Essen anzustehen.' Zwischen Menschen die nach Schweiß und Alkohol riechen - dem Geruch der Armen und Ausgegrenzten; zwischen Menschen die drängeln, aus Angst, leer auszugehen. ..."
Spürbar enttäuscht und zornig notieren die Autoren, dass sich unsere Führungseliten mit der eingetretenen Lage arrangieren. Die Verantwortlichen verweigern den Blick auf den unermesslichen Reichtum und machen die Armen selbst für ihre Situation verantwortlich.
Beck und Meine beschreiben die damit stattfindende Verschiebung: von der Verantwortung der Politik, geeignete Instrumente zur Vermeidung und Beseitigung von Armut zu entwickeln, hin zur gerade noch akzeptierten Aufgabe, eine Art Chancengerechtigkeit herzustellen. Wer die gebotenen Chancen nicht nutzt, habe eben Pech gehabt, so die moderne Philosophie.
Dorothee Beck, Hartmut Meine: Armut im Überfluss. Nachrichten aus einer gespaltenen Gesellschaft
Steidl Verlag, Lübeck 2007

Dorothee Beck, Hartmut Meine: Armut im Überfluss© Steidl Verlag