Zwischen IT-Messe und Schaukelstuhl

Von Astrid Mayerle |
Student, Unternehmer und Profiblogger: der 24-jährige Balasz Gal kommt viel rum. Seit vier Jahren stellt er auf verschiedenen Blogs Neuheiten aus der Welt der Technik vor, etwa Handys, Kameras oder Tastaturen. Das Ganze in drei Sprachen: Ungarisch, Englisch und Deutsch.
Balasz Gal, Profiblogger, dreht gerade ein Video – auf Ungarisch.
Der 24jährige fährt langsam mit den Fingern über die Kanten des weißen Handys, dreht und wendet es in den Händen, legt es Rücken an Rücken auf seine Konkurrenten und erkärt die optischen Unterschiede. Ohne Pause wechselt er zwischen drei Sprachen: Ungarisch, Englisch, Deutsch:

"(Text Ungarisch)..."You watch nDevil TV. And the brandnew HTC one""

Balasz Gal filmt zwei neue Handys und wiederholt die Beschreibungen mit leichten Abweichungen. Quasi ein dreisprachiger Loop:

"Willkommen aus München mit dem brandneuen HTC Mini, was ihr Anfang August kaufen könnt. Wir habens hier in weiß, denn in schwarz kommt es erst im September und das weiße ist noch etwas fotogener, hab ich gerade gehört..."

Zuerst beschreibt Balasz Gal die optischen, dann die technischen Details:

"Wobei auch beim Display wurde etwas gespart: wir haben nur noch eine 720 p Displayauflösung auf 4,3 Zoll mit einer guten Laufzeit – hoffentlich – von 1800 Milliampere, was der Aku hier beinhaltet, entsprechend braucht das Display auch weniger Strom."

So klingt die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Bloggen. Der Rhythmus erinnert an die Stimmen von Synchrondolmetschern. Wie sie verschleift Balasz Gal die Sätze ineinander und bleibt oftmals am Satzende mit der Stimme oben - vielleicht, weil er nie abliest und immer improvisiert. Später stellt er die Filme auf verschiedenen Seiten online. Über die Werbeeinnahmen auf Youtube finanziert er sich sein Studium. Außerdem ist er Chefredakteur des Webmagazins techhive.de

Balasz Gal wurde in Ungarn geboren, kam als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Deutschland.

Mit Ungarn verbindet ihn noch immer einiges: Seine Freundin lebt dort und seine Großmutter, die sich freut, wenn er ihr auf Reisen Fotos von Gerichten schickt, die er gerade isst. Außerdem hat er eine Vorliebe für ungarische Bands wie Irigy Honaljmirgy – eine skurrile Tuntenparade, die Musikcontests parodiert.

"Mit 17 habe ich mein erstes Handy gekauft, da war ich ein paar Jahre später dran als die anderen, die mit ihrem Nokia schon immer telefonierten, Filme drauf geschaut haben. Ich hab mich nicht so mit dem Handy beschäftigt, weil ich die klassische Kommunikation immer angenehmer fand."

Im Schaukelstuhl warten noch 15 Päckchen darauf, geöffnet zu werden

Balasz Gal wohnt noch bei seinen Eltern. Er meint, es lohnt sich nicht für die wenigen Tage im Jahr, die er in München ist, eine eigene Wohnung anzumieten. Außerdem muss ja jemand all die Päckchen annehmen. Fast jeden Tag bekommt er von verschiedenen Firmen Produkte zugeschickt: im Wohnzimmer stapeln sich gut fünfzehn Päckchen auf der mit Lammfell bedeckten Sitzfläche eines dunkel gebeizten Schaukelstuhls:

"Ich bin seit ner Woche nicht dazugekommen, das Ganze hier zu filmen: Tablets, Mäuse, Tastatur, Kopfhörer, Kameras, und Schutzhüllen."

Balasz Gal hat zwei Studiengänge und ein Praktikum bei Gruner&Jahr abgebrochen. Andere Interessen, etwa zu wichigen Terminen auf IT-Messen in Taiwan und den USA zu sein, gingen immer vor. Dennoch studiert er jetzt Medienwissenschaft an einer privaten Hochschule in München.

"Das Semester hat im Februar angefangen und im Februar hat HTC in London gleich das neue HTC one vorgestellt. Danach kam ein Samsung Galaxy, das Flagschiff Modell in NewYork, davor war noch die Mobile Working Messe in Barcelona, wo ich auch schon um dritten Mal war, weil das jedes Jahr stattfindet. Nach der Mobile Working war die CeBit in Hannover, da war ich auch drei Tage, danach kamen viele lokale Events in München bei Agenturen, bzw bin dann noch ein paar mal nach London geflogen, wobei ich mir grad nicht mehr sicher bin wieso..."

Der Blogger sitzt an seinem Schreibtisch. Drei Bildschirme stehen vor ihm. An dem Regal in seinem Rücken hängen jede Menge Badgets, Presseausweise mit Firmenlogos. Die gut dreißig in Transparentfolie eingeschweißten Namenskärtchen mit coolen Halsbändern stammen von den internationalen IT-Messen und beweisen, dass der Terminplan bislang tatsächlich eng war in diesem Jahr. Bei manchen Prüfungen konnte Balasz Gal nicht an der Uni anwesend sein.

"Es gibt ein paar Professoren, die es ganz gelassen nehmen, weil sie´s auch verstehn und dadurch, dass ich Unternehmer bin, auch nicht unbedingt sagen kann, dass ich da nicht hingehe. Aber ich glaub, die Uni nimmt das auch als Mehrwert für sich selbst, wenn sie später in ein paar Jahren sagen kann, - falls ich erfolgreich bin oder auch nicht - ich hab da studiert und dann ist das auch gute Werbung für sie. Denoch muss ich meine Prüfungen natürlich alle machen, das ist nicht leichter für mich, es ist nur schwerer einen Termin zu finden für mich."
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