200 Jahre Mauritshuis

Ein Museum wie ein behagliches Wohnzimmer

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Das Museum Mauritshuis in Den Haag vom Wasser aus betrachtet.
Im eigentliche Sinne des Wortes malerisch: das Mauritshuis in Den Haag. © picture alliance / Daniel Kalker
Von Kerstin Schweighöfer · 10.02.2022
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Das Mauritshuis setzt innen wie außen Maßstäbe. Das pittoreske Museum in Den Haag besitzt eine hochkarätige Gemäldesammlung von Rembrandt bis Vermeer. Die kann zum 200-jährigen Jubiläum nun jeder gratis bestaunen, der wie eine Blume heißt.
Der Startschuss für das Jubiläumsjahr fiel auf dem Museumsvorplatz. Direktorin Martine Gosselink gab das Signal. Hinter ihr erschien ein großes Schild direkt über dem Eingangsportal: "Tweehonderd jaar Mauritshuis".
Denn vor genau 200 Jahren hat das Königliche Gemäldekabinett, wie es damals noch hieß, seine Pforten geöffnet. Immer mittwochs und samstags von zehn bis eins, erzählt der Bürgermeister von Den Haag, Jan van Zanen.
Dass es inzwischen Mauritshuis heißt, liegt an seinem Namensgeber Johan Maurits, Fürst von Nassau-Siegen. Der hatte sich das Gebäude bereits im 17. Jahrhundert als Stadtpalast bauen lassen. Kein Wunder also, dass sich viele Besucher in diesem Museum bis heute vorkommen wie in einem sehr behaglichen, luxuriösen Wohnzimmer.

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Der Eintritt war vor 200 Jahren noch gratis. Und willkommen ein jeder, der anständig gekleidet war und keine Kinder bei sich hatte, so Bürgermeister van Zanen.
Seitdem hat sich einiges getan. Kinder sind natürlich längst willkommen. Für sie ist der Besuch gratis. So wie im Jubiläumsjahr für alle, die einen Blumennamen tragen, also Iris oder Jasmin heißen, Viola, Violetta, Lillian oder Daisy.

Ein Blumenbouquet an der Fassade

Weil zu einer Geburtstagsfeier Blumen gehören. Die Fassade wird deshalb von einem gigantischen Blumenkunstwerk geschmückt. Tausende von Blütenimitationen, die sich rechts und links vom Eingang nach oben ranken. Im Laufe des Jahres sollen sie immer üppiger werden. Und immer bunter.
Eine Frau mit Hut und Strickkleid steht vor einem barocken Bild, das einen dicklichen Mann mit großem Kragen und Hut zeigt.
Nicht nur Kinder sind willkommen, auch Königin Máxima war schon da.© picture alliance/Albert Nieboer/RoyalPress
Zurzeit sind es Schneeglöckchen, Krokusse und Narzissen, später kommen Rosen, Tulpen und Nelken hinzu, dann Dahlien und Astern. Bis ein "onmogelijk boeket" entstanden ist, ein unmögliches Bouquet, wie es für die Blumenstilllebenmaler im 17. und 18. Jahrhundert typisch war. Unmöglich deshalb, weil sie auf ihren Bildern Blumen in eine Vase steckten, die nie gleichzeitig blühen.
“Eigentlich geht das überhaupt nicht”, erklärt Ariane van Suchtelen, Kuratorin der Auftaktausstellung "In voller Blüte", auf der rund 30 der schönsten solcher "onmogelijke boeketten" zu sehen sind:

Es ging den Künstlern darum, möglichst viele verschiedene der damals noch sehr kostbaren Blüten auf einem Bild zu zeigen. Eine jede akribisch genau gemalt. Im Grunde genommen wollten die Maler mit ihren Bildern die Natur übertreffen.

Es war die Zeit der Entdeckungsreisen. Und die Geburtsstunde von Botanik und Gartenkultur. So kam es, dass Blumen und Pflanzen um 1600 zu einem eigenständigen Bildthema wurden und sich viele Künstler auf das neue Genre spezialisierten: Jan Brueghel, Willem van Aelst, Jan Davidsz. de Heem, Ambrosius Bosschaert.
Und auffallend viele Frauen wie Rachel Ruysch. Ihre prächtigsten Werke befinden sich im Mauritshuis. “Wir besitzen die beste und schönste Blumenstilllebenkollektion der Welt”, so Direktorin Gosselink ohne falsche Bescheidenheit.

Die Lieblingsbilder von Proust und van Gogh

Den Grundstock der Kollektion bildet die Gemäldesammlung von König Willem dem Ersten. Mit ihr fing 1822 alles an. Unumstrittener Publikumsliebling damals war der monumentale Stier von Paulus Potter. Alle wollten ihn bestaunen.
Noch im selben Jahr bekam der Stier Konkurrenz von Vermeers “Ansicht von Delft” – für Marcel Proust das schönste Bild auf Erden. Auch Vincent van Gogh hatte ein Lieblingsbild, das er sich regelmäßig ansah: “Die Ansicht von Haarlem” von Jacob van Ruisdael.
Ein gemaltes Mädchen mit Turban und Perlenohrring blickt über die Schulter.
Einer der größten Hingucker: "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" von Jan Vermeer.© picture alliance / Rainer Jensen
Mit seinem hohen Himmel und den Feldern, auf denen Laken zum Bleichen ausgelegt sind, gilt es als Inbegriff der holländischen Landschaft. 1827 wurde es erworben. Ein Jahr später folgte die "Anatomiestunde des Doktor Tulp", eines von insgesamt 11 Werken von Rembrandt, die das Mauritshuis inzwischen besitzt.
"Juwelendoosje" wird das Museum wegen seiner hochkarätigen Kollektion auch genannt, Schmuckkästchen. Für viele das größte Juwel in diesem Kästchen ist ein weiteres Werk von Vermeer: "Het Meisje met de Parel", das Mädchen mit dem Perlenohrring. Das Bild landete 1903 als Schenkung in der Kollektion. Ein niederländischer Sammler hatte es 1881 auf einer Versteigerung erworben – für 2,30 Gulden.
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