Zuviel Klamauk

Von Bernd Sobolla · 02.02.2012
Meist blickt der Münchner Regisseur Helmut Dietl auf die High Society und ihre Intrigen. Mit "Zettl" knüpft Diel an "Kir Royal" an. Nur dass die Münchener Schickeria mit der Berliner Politszene getauscht wurde. Und statt Franz Xaver Kroetz schreibt sich jetzt Michael Bully Herbig die schmierigen Sprossen der Karriereleiter hoch. Mit dabei ist auch wieder der inzwischen 84-jährige Dieter Hildebrand, der heimliche Star des Films.
Szene aus dem Film "Zettl": "Ich bin jung, ich bin hungrig und ich bin auf der Journalistenschule gewesen. Bitte, Herr Doucier, geben Sie mir eine Chance! Ich kenne eine jede unter jedem und mich kennt auch jeder unter jede, äh, jedenfalls in Berlin."

Max Zettl, gespielt von Michael Bully Herbig, ist nach Berlin gekommen, um in der Hauptstadt Karriere zu machen. Und weil er weiß, wer was macht, wo man unbedingt dabei sollte und was keiner erfahren darf, tauscht er schon bald – und ganz skrupellos - das Lenkrad des Chauffeurs gegen den Laptop eines Chefredakteurs ein. Wobei Zettls Magazin, "The New Berliner", eigentlich für die Kulturelite gedacht, zur schaurig-bunten Online-Postille mutiert. Und Paparazzi-Altmeister Herbie Fried, alias Dieter Hildebrandt, riecht noch immer jede Sensation und drückt im richtigen Moment ab.

Szene aus dem Film: "Das ist eine Story! Verstehst Du? / Jetzt einmal langsam: Was genau ist beim Kanzler?"

Zettl und Fried jagen den Skandalen hinterher. Wobei das moralische Bewusstsein immer tiefer in die Spree versinkt, während die User-Zahlen steigen.

Szene aus dem Film: "Der wird hier versteckt? Du, hier ist eine oberfaule Kacke am Dampfen. / Wer hat sich denn die linke Kiste ausgedacht? / Du das Leben! Das Leben schreibt ja, wie du weißt, die linkesten Kisten. / Kling."

Der Kanzler ist fertig, der Verleger macht mit der Bürgermeisterin rum, die in Wirklichkeit ein Mann ist, irgendwo dazwischen tourt ein geiler Ministerpräsident. Und Berlin feiert eine Dauerparty in Abrisshäusern. "Zettl" ist spritzig inszeniert, aber nicht frei von Klischees und bietet ein bisschen zu viel Klamauk, um wirklich wehzutun. Im Scheinwerferlicht stehen u.a. Karoline Herfurth und Ulrich Tukur, Dagmar Manzel, Harald Schmidt, Hanns Zischler, Götz George, Senta Berger und Dieter Hilderbrandt.

Szene aus dem Film: "Weißt du, dass du eine fürchterliche Nervensäge bist, Herbie? / War ich immer schon!"

Link bei dradio.de:
"Kasperle-Theater der Macht" -
Helmut Dietls neuer Film "Zettl" kommt ins Kino
Gespräch mit Dieter Hildebrandt: Legende von "Kir Royal" zu schweres Gepäck für Dietl-Film
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