Zum Tod von Paul Badura-Skoda

Wenn er am Flügel saß, stand die Zeit irgendwie still

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Der Pianist Paul Badura-Skoda
Bis ins hohe Alter gab er Konzerte: Der Pianist Paul Badura-Skoda hier im Oktober 2015 in Wien am Flügel. © www.picturedesk.com
Von Carola Malter · 27.09.2019
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Elegant, leicht und doch so dringlich: Paul Badura-Skoda gehört zu den großen Pianisten der Wiener Klaviertradition. Seine Sehnsucht nach dem allerletzten Tropfen Wahrheit in der Musik ist unüberhörbar. Nun ist er im Alter von 91 Jahren gestorben.
Ingenieur, Atomwissenschaftler oder Musiker. Das alles hätte der junge Paul Badura-Skoda werden können. Die Aufnahmeprüfung an der Rechnischen Universität bestand er mit Auszeichnung. Und doch ging der 18-Jährige ans Wiener Musikkonservatorium.
"Besonders schön waren die sogenannten Dunkelkonzerte", schwärmte Badura-Skoda.
"Ich erwähne da besonders den von mir hochverehrten Wilhelm Furtwängler, auch einen Knappertsbusch, unvergesslich Oswald Kabasta. Und da habe ich gespürt, plötzlich auch in mir, da ist eine Kraft, dass etwas aus mir kommt, das vielleicht wert ist zu überleben und den Menschen etwas zu bringen, dass sie über den Alltag hinauswachsen."

Aufnahmen im Akkord

Musik war sein Kraftquell und Lebenselixier. Chopin und Liszt helfen 1945 gegen klamme Finger. Anfang der 1950er Jahre spielt er Schubert, Mozart und Beethoven auf dem Hammerflügel. Ganz neue Horizonte eröffnen sich dann mit der Entwicklung der Langspielplatte, erinnert sich Badura-Skoda.
"Diese erste Zeit der Lanspielplatte war eine echte Revolution", sagt er. Dabei erhält der junge Pianist vom Plattenlabel "Westminster" die Gelegenheit, zwei russische Klavierkonzerte aufzunehmen, die bis dahin noch nicht auf Schallplatte erschienen waren.
Eine große Chance für Badura-Skoda. Er brennt für das neue Medium und spielt im Akkord über 200 Studio-Aufnahmen ein. Bald nennt man ihn den "packendsten" Pianisten. Immer unterwegs. Weltweit.

Über Nacht berühmt

Paul Badura-Skoda gehört zu den großen Pianisten der Wiener Klaviertradition des 20. Jahrhunderts: elegant, leicht und doch so dringlich ist sein Ton. Seine Sehnsucht nach dem allerletzten Tropfen Wahrheit in der Musik ist unüberhörbar.
Am 6. Oktober 1927 in Wien geboren, wächst er in einer Familie auf, die ihre Wurzeln in der österreichisch-ungarischen Monarchie hat. Er ist Schüler von Viola Thern und Otto Schulhoff. Edwin Fischer wird sein Mentor und ist zeitlebens sein großes pianistisches Vorbild. 1950 springt er für seinen Meister bei den Salzburger Festspielen ein. Das Konzert wird eine Sensation, Paul Badura-Skoda über Nacht berühmt.
Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan fördern den jungen Pianisten, Hans Knappertsbusch und Josef Krips laden ihn ein, Hermann Scherchen nimmt alle fünf Beethoven-Klavierkonzerte mit ihm auf und Frank Martin widmet ihm sein 2. Klavierkonzert.

Vielseitiger Musiker

Paul Badura-Skoda war ein Wiener Unikum: Als Pianist und Dirigent, Komponist und Herausgeber hat er die Klassikwelt bereichert. Darüber hinaus war er ein leidenschaftlicher Instrumentensammler und ein Pionier der historischen Aufführungspraxis.
Bis ins hohe Alter reiste und forschte er, gab Meisterkurse und Konzerte. Sein Arbeitspensum war enorm und beeindruckend. Ebenso sein Charme und Witz und seine menschlichen Wärme. Wenn er am Flügel saß, stand die Zeit irgendwie still. Hier spielte einer, der viel erlebt hatte und sich nichts mehr beweisen musste.
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