Zum Tod von Nancy Kienholz

Das gemeinsame Werk ausbalanciert

06:22 Minuten
Die Künstlerin Nancy Reddin Kienholz steht am 28.1.1997 im Berliner Martin-Gropius-Bau vor einem Welt-Glücksrad. Die Installation "The Merry-Go-World or Begat By Chance And The Wonder Horse Trigger" war Teil der Retrospektive "Edward und Nancy Kienholz" im Frühjahr 1997.
Nancy Reddin Kienholz schuf mit ihrem Mann Edward Kienholz lebensgroße Environments. Ihr Mann verstarb 1994. © Andreas Altwein / dpa / picture-alliance
Carsten Probst im Gespräch mit Eckhard Roelcke |
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Die US-amerikanische Fotografin, Objekt- und Konzeptkünstlerin Nancy Kienholz bildete mit ihrem Ehemann Edward ein kongeniales Duo der neo-dadaistischen Kunst. Kunstexperte Carsten Probst bescheinigt ihr einen prägnanten Ton im gemeinsamen Werk.
Das Künstlerpaar Nancy und Edward Kienholz hat sehr gesellschaftskritische Kunst produziert, soziale Missstände angeprangert, auch Rassenkonflikte und die Ausbeutung der Frauen thematisiert. Vor diesem Hintergrund sei es interessant zu betrachten wie es mit der Fairness und Gleichberechtigung untereinander bestellt gewesen sei, sagt Kunstkritiker Carsten Probst.

Markanter Zugriff, der sich erst später erschließt

"Anfang der 80er-Jahre hat Edward Kienholz bekannt gegeben, dass die beiden zusammenarbeiten und die künftigen Werke auch unter beider Namen ausgestellt werden. Da kannten die beiden sich aber schon neun Jahre. Und sie hatten auch schon 1973 ein gemeinsam konzipiertes Werk ausgestellt. Nach dieser Ankündigung firmierten sie dann anderthalb Jahrzehnte als gleichberechtigtes Duo. Bei Nancy Kienholz kann man einen eigenen markanten Zugriff auf das Werk erkennen, der sich aber erst in der späteren Analyse erschließt."
Edward Kienholz habe in die gemeinsame Arbeit viel, zum Teil brachiale, Gesellschaftskritik hineingebracht, sagt Probst. "Nancy hat dann darin eine Art Eigenregie entwickelt. Sie hat einen bestimmten Ton gesetzt und das gemeinsame Werk stärker gesellschaftlich ausbalanciert."

Besondere Beziehung zu Berlin

Das Künstlerpaar hatte eine besondere Beziehung zu Berlin. Nachdem sie ein Stipendium in die Stadt brachte, sind sie viele Jahre zwischen Berlin und den USA gependelt. "An Berlin hat die beiden das Raue inspiriert, auch der raue Ton. Das gefiel Nancy Kienholz viel besser als die gepflegte Konversation in der gehobenen Gesellschaft von Los Angeles, wo sie sonst wohnten. Dazu kam eine gewisse dadaistische Tradition in der Stadt. Und die Kunstinstitutionen hierzulande zeigten sich in den ersten zwanzig Jahren interessierter an ihrem Werk als diejenigen in den USA."
Nach dem Tod ihres Mannes habe Nancy Kienholz eigene Werke im Geiste dieser Zusammenarbeit gemacht, so Probst. "Aber vor allem hat sie sich an ihre eigene photographische Arbeit erinnert. Darüber konnte ich leider zu wenig finden. Ich würde gerne mal eine Ausstellung ausschließlich mit Werken von Nancy Kienholz sehen."
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