Zum Tod von Dani Karavan

Bildhauerei als Reaktion auf Orte

03:42 Minuten
Porträtfoto des israelischen Bildhauers Dani Karavan
Seine Arbeit sei stets eine Art von Reaktion auf den Ort, sagte der Bildhauer Dani Karavan noch vor Kurzem. © dpa / picture alliance / Daniel Karmann
Von Tim Aßmann · 29.05.2021
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Der Israeli Dani Karavan hat sich stets als politischer Bildhauer verstanden. Er widmete zahlreiche Denkmäler den Menschenrechten, auch in Deutschland. Sein Werk in der Knesset wollte er aus Protest gegen die aktuelle Regierungspolitik verhüllen lassen.
Als Schneider der seine Kunst dem Auftrag und der Umgebung anpasst, so hat sich Dani Karavan einmal selbst beschrieben. Seine Arbeit sei stets eine Art von Reaktion auf den Ort, erklärte Karavan noch vor wenigen Monaten in einem Videointerview: "Meine Kunst ist nicht vorgefertigt. Ich beziehe mich immer auf die Umgebung und manchmal ist sie es, die mich leitet – bei der Wahl des Materials und bei den Formen. Es ist wie Zuhören. Ich versuche zu hören."

Karavans Nähe zur Natur

Gehört und gesehen hat Karavan auch als er Anfang der 90er-Jahre den Gedenkort "Passagen" in Spanien schuf – in Erinnerung an den deutsch-jüdischen Philosophen Walter Benjamin. Karavan war im Sterbeort Benjamins, er sah das Meer, hörte die Brandung und schuf schließlich aus rostigem Stahl unter anderem einen Korridor mit Treppe, die steil hinunter führt und den Blick auf die See freigibt.
Die Natur einzubinden spielte eine große Rolle in der Arbeit Karavans, der als Sohn eines Tel Aviver Landschaftsarchitekten, schon früh einen Bezug zur Natur und ihren Formen entwickelte. So spielten Bäume häufig eine Rolle in Karavans Arbeiten.

Die Symbiose aus Kunst und Politik

Die Interpretation seiner Kunst überlasse er dabei gerne anderen, sagte er 2014 in einem Interview in Nürnberg: "Ich mag meine Arbeit nicht erklären. Ich möchte das für jeden offen halten, damit Leute selbst eigene Gefühle dazu entwickeln und ihre Vorstellungskraft nutzen."
Zu Nürnberg hatte Karavan eine besondere Beziehung. Obwohl er mit der Stadt aufgrund ihrer nationalsozialistischen Geschichte zunächst nichts zu tun haben wollte, schuf er dort die Außenskulptur "Straße der Menschenrechte" und er saß viele Jahre in der Jury für den Nürnberger Menschenrechtspreis. Der Kampf für Gerechtigkeit und Menschenrechte, sei eine Art Hauptstraße in seinem Leben, sagte er.
"Heutzutage ist ein Künstler bei der Arbeit meistens eine politische Person. Meiner Meinung nach kann man Kunst und Politik nicht trennen."

Wandrelief in der Knesset sollte verhüllt werden

Der israelische Künstler hat an vielen Orten gearbeitet. Vor den Toren von Paris entwarf er eine drei Kilometer lange Achse von Skulpturen, um einer Trabantenstadt eine eigene Identität zu geben. Er laserte das Grundgesetz in die Fassade eines Abgeordnetenhauses in Berlin und er gestaltete das Mahnmal für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma.
Karavan war ein streitbarer Geist. Ihm war nicht egal, was aus seiner Kunst wurde. Im israelischen Parlament, der Knesset, hängt ein tonnenschweres Wandrelief von ihm - und weil er die Politik der aktuellen israelischen Regierung ablehnte, verlangte er jahrelang die Verhüllung des Reliefs.
"Es herunter zu nehmen, würde bedeuten, ich hätte keine Hoffnung für die Zukunft mehr", sagte er, auf das Relief angesprochen. "Bis dahin könnten sie es verhängen. Das tun sie nicht. Ich wäre froh, wenn sie es täten".
Neue Projekte nahm Dani Karavan in den letzten Jahren nicht mehr an. Nun ist er im Alter von 90 Jahren gestorben.
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