Zum Tod des Regisseurs Jiří Menzel

Mit Humor den Machthabern entgegentreten

31:37 Minuten
Porträt des Regisseurs Jiří Menzel
International wurde er gefeiert, im eigenen Land erhielt er zeitweise Berufsverbot: der Regisseur Jiří Menzel. © Picture Alliance / Keystone / Gaetan Bally
Jörg Taszman im Gespräch mit Massimo Maio · 07.09.2020
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Er war bekannt für seine hintersinnige Satire und galt als einer der wichtigsten Vertreter der tschechoslowakischen Nouvelle Vague: der Regisseur Jiří Menzel. Nun ist er im Alter von 82 Jahren verstorben.
Vor allem seine bittersüßen Tragikomödien machten Jiří Menzel bekannt. In ihnen gehe es "in politisch verwirrten Zeiten oder auch in Diktaturen immer um die Menschen, ihre Alltagskämpfe, aber auch ihre amourösen Verwicklungen", sagt Filmkritiker Jörg Taszman. Menzel, der auch als Schauspieler, Drehbuchautor und Theaterregisseur arbeitete, schildere dabei meist das Leben des "kleinen Mannes".

Einen Oscar für seinen ersten Film

1968 erhielt der junge Regisseur für seinen ersten Film, die Tragikomödie "Scharf beobachtete Züge" (BRD-Titel: "Liebe nach Fahrplan"), den Oscar für den besten ausländischen Film. Gerade einmal 30 Jahre alt war Menzel damals.
Der Film basiert wie zahlreiche von Menzels Werken auf einer Erzählung des Schriftstellers Bohumil Hrabal. In ihm mische Menzel "Erotik und Komik", so Taszman.
Etwa wenn die Hauptperson des Films, der Fahrdienstleiter Hubicka, einem jungen Mädchen seinen Eisenbahnerstempel auf den nackten Po drückt. Eine kleine Provokation, die bei der Zensurbehörde für Unmut gesorgt habe.
Zunächst sollte die Szene herausgeschnitten werden. Sie blieb aber im Film, nachdem sich Arbeiter bei einer Probevorführung begeistert gezeigt hatten.
Eckte Menzel bereits mit seinem ersten Film an, erhielt er nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 als Regisseur Berufsverbot und durfte nur als Schauspieler arbeiten.
Sein Film "Lerchen am Faden", der während des Prager Frühlings gedreht wurde und davon handelt, wie "bourgeoise Elemente" auf einem Schrottplatz als Umerziehungsmaßnahme verschiedenstes Metallgegenstände für den sozialistischen Aufbau einschmelzen, wurde nur kurz gezeigt, dann verboten. Erst auf der Berlinale 1990 konnte er internationale Premiere feiern und wurde mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

Eine Mischung aus Tati und Laurel & Hardy

In der "bleiernen Zeit bis zum Umbruch" habe Menzel daher nicht mehr "explizit politische Filme" gedreht, sondern vor allem Komödien, so Taszman. Sein Film "Heimat, süße Heimat" (DDR-Titel: "Dörfchen, mein Dörfchen") erhielt 1985 eine Oscar-Nominierung.
In dem Streifen geht es um den Lkw-Fahrer Pávek, klein und dick, und seinen Beifahrer Otik, lang und dünn: ein ungleiches Paar. Eine "Mischung aus Jacques Tati und Laurel und Hardy", meint Taszman.
"Menzel hatte eine große Strahlkraft in Europa." Aber auch in den USA habe man den tschechischen Regisseur nie aus den Augen verloren.
(lkn)

Außerdem sprachen wir mit dem Filmhistoriker Ralf Schenk über Menzel:
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