Zum Tod des Konzeptkünstlers John Baldessari

Ironie war sein Markenzeichen

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Porträt des Konzeptkünstlers John Baldessari.
Der Konzeptkünstler John Baldessari: Seine Inspiration war nicht Andy Warhol, sondern der Filmemacher Jean-Luc Godard © dpa/ Emily Wabitsch
Martin Engler im Gespräch mit Max Oppel · 06.01.2020
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Er wollte keine langweilige Kunst machen und hat eine Mischtechnik aus Fotografie und Malerei erfunden. Jetzt ist der US-amerikanische Konzeptkünstler John Baldessari im Alter von 88 Jahren gestorben.
Vor 50 Jahren hat John Baldessari verkündet, niemals langweilige Kunst machen zu wollen. Er hat Wort gehalten und radikal aufgeräumt, lange vor seinem Tod jetzt mit 88 Jahren: Als er 1970 ein Atelier räumen musste, verbrannte er einen Großteil seiner Werke und wandte sich Neuem zu – wie der Video- und Performance-Kunst. Zwei wesentliche Richtungen hat Baldessari dabei angestoßen: Konzeptkunst und "Appropriation Art", also Aneignungs-Kunst.
Mit den Werken anderer Leute zu arbeiten, sei ein gängiger Topos der Moderne, sagt Martin Engler. Er ist Leiter der Sammlung Gegenwartskunst im Frankfurter Städel-Museum und Kurator einer John-Baldessari-Ausstellung im Jahr 2015. Es gebe schließlich schon genug Fotos, Bilder und Kunst in der Welt. Baldessari habe versucht, diesem Material einen neuen ironischen oder theoretischen Sinn zu geben. "Letztlich war seine Ironie, seine fast schon sarkastische, sardonische Herangehensweise an Kunst sein Markenzeichen."

Lust an der Provokation

Zum 200-jährigen Jubiläum des Museums hat Baldessari 16 Werke geschaffen, "The Städel Paintings". Er wählte Arbeiten aus der Sammlung des Museums aus und machte eigene Baldessari-Bilder daraus. Engler hat ihn als großen und großzügigen Menschen kennenglernt, von der Lust an der Provokation geprägt.
Der Konzeptkünstler John Baldessari in seiner Installation in Krefeld.
Einer der ersten bedeutenden Künstler von der Westküste der USA: John Baldessari (1931 - 2020) sitzt auf seinem Ohrsofa.© dpa/ Bernd Thissen
Die Inspiration Baldessaris war nicht in erster Linie Andy Warhol, sondern der Filmemacher Jean-Luc Godard. Das liege auch daran, dass er nicht in New York aufgewachsen ist, sondern in Los Angeles, erzählt Engler. Baldessari habe nicht nur eine Mischtechnik aus Fotografie und Malerei erfunden, sondern sehr viel aus dem Kino und aus Hollywood aufgenommen und verarbeitet. Er hatte ein riesiges Archiv mit Film-Aufnahmen, etwa von küssenden Paaren oder Menschen, die von Pferden fallen.

Generationen von Künstlern beeinflusst

Baldessari sei so einer der ersten bedeutenden Künstler der Westküste geworden, sagt Engler. Bleiben werde von ihm vor allem seine Videoarbeit "I Will Not Make Anymore Boring Art", die Generationen von Künstlern provoziert und beeinflusst habe. "Aber vor allem sind es seine "Dots", seine Kreise, mit denen er im Bild wichtige Bildinformationen verdeckt hat, und dadurch den Betrachter erst zum Nachdenken gebracht hat."
(sed)

Der Leiter des Metropolitan Museum of Art in New York, Max Hollein, würdigt John Baldessari als "extrem offenherzige und sehr humorvolle Person" und "einen der radikalsten Künstler seiner Zeit". Baldessari sei jemand gewesen, der wirklich repräsentiert habe, wie sich Kunst einer ganz neuen Idee öffnen kann. Für ihn seien Ideen fast wichtiger als die Ausführung gewesen.

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