Zum Tod des Fotografen Robert Frank

"Visuelle Gedichte"

12:11 Minuten
Der Schweizer Fotograf und Filmemacher Robert Frank ist gestorben
Der Fotograf Robert Frank ist tot © Keystone Niklaus Stauss
Kathrin Schönegg und Martin Gasser im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 10.09.2019
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Die Nachricht vom Tod des Fotografen Robert Frank hat die Kuratoren Kathrin Schönegg und Martin Gasser mitten in den Vorbereitungen für eine neue Ausstellung in Berlin erreicht. Sie wollen zeigen, wie sich sein Weggang nach Amerika in dessen Bildern widerspiegelt.
Als junger Schweizer Emigrant jüdischer Herkunft ging Robert Frank 1947 in die USA und wurde einer der bedeutendsten Fotografen des 21. Jahrhunderts. Nun ist Frank im Alter von 94 Jahren im kanadischen Inverness gestorben. "Sein Weg in die USA hat viel bei ihm ausgelöst", glaubt Kathrin Schönegg. Diese Umbrüche sind auch zentrales Thema der Ausstellung im C/O Berlin "Robert Frank. Unseen", die sie zusammen mit Martin Gasser kuratiert.
"Amerika war für ihn eine Befreiung aus der Kriegszeit, die zwar in der Schweiz für ihn relativ angenehm war, aber doch fühlte er sich immer eingeschlossen", sagt Gasser.

Franks stilistische Handschrift

Robert Franks Bildband "The Americans", 1959 in den USA erschienen, war für die Geschichte der Fotografie wegweisend. Für Schönegg prägen dessen Stil angeschnittene Perspektiven, eine große Körnigkeit, eine Unbewegtheit und Schärfe, die ins Bild kommt.
"Und da gibt es, finde ich, deutliche Verbindungen zu seinen frühen Bildern in der Schweiz, wo kein zentral-perspektivischer Blick auf den Gegenstand gerichtet wird, sondern der Rahmen leicht gekippt ist und schräge Perspektiven ins Spiel kommen. Es gibt viele Ansichten, wo er Figuren im Vordergrund platziert und man sieht auf Hinterköpfe, die das Bildfeld eigentlich ein wenig verstellen. Im Kontext der Reportage-Fotografie war das etwas sehr Besonderes, dass man einen nahen Blick zum Gegenstand hat und Störfaktoren im Vordergrund platziert."

Bildbände ohne Text

Gasser ergänzt: "Ich glaube ein großer Unterschied zur fotografischen Tradition in der Schweiz und sicher auch in Deutschland der 30er-Jahre, Anfang 40-er Jahre ist, dass er sich immer mehr vom dokumentarischen Abbilden, also vom Geschichten erzählen, entfernt. Er will sich persönlich einbringen. Es geht weniger um das, was er sieht, sondern um das, was er fühlt gegenüber dem, was er sieht. Er nimmt eine emotionale Haltung ein, zu der er sich ausdrückt."
Frank habe auch nie Texte in seinen Bildbänden haben wollen. "Für ihn müssen die Bildreihen wie ein visuelles Gedicht funktionieren, ein Schwarz-Weiß-Film ohne Anfang und Ende, es ist eine offene Haltung gegenüber der Welt."
Eine Frau und ein Mann fahren freudestrahlend mit geschlossenen Augen Autoscooter. Die Fotografie ist schwarz-weiß.
Paris, 1952© © Robert Frank. Courtesy Sammlung der Fotostiftung Schweiz, Winterthur
1952, schwarz-weiß-Fotografie einer kargen Landschaft, im Hintergrund Wohnhäuser, im Vordergrund spielende Kinder und ein Pferd
PARIS - Porte de Clignancourt, 1952© © Robert Frank. Courtesy Sammlung Fotostiftung Schweiz, Winterthur
Eine schwarz-weiß-Fotografie zeigt spielende Kinder
New York City, um 1950© © Robert Frank. Courtesy Sammlung der Fotostiftung Schweiz, Winterthur

Ausstellung "Robert Frank. Unseen"
C/O Berlin
13. September bis 30. November 2019
Öffentliche Führungen: 
Sa, So und Feiertage, 14 Uhr und 16 Uhr (Deutsch), 18 Uhr (Englisch)

(mfied)
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