Zum Tod des Bären-Preisträgers Nazif Mujić

Gefeiert auf der Berlinale, dann in die Armut zurück

Der bosnische Schauspieler Nazif Mujic gibt am 07.02.2014 am Rande der 64. Internationalen Filmfestspiele in Berlin ein Interview.
Der verstorbene bosnische Schauspieler Nazif Mujic © picture alliance / dpa / Daniel Naupold
Thomas Hailer im Gespräch mit Shanli Anwar  · 19.02.2018
Er spielte die Hauptrolle in dem halbdokumentarischen Film "Aus dem Leben eines Schrottsammlers" und erhielt dafür den Silbernen Bären 2013. Asyl in Deutschland erhielt er nicht. "Keine Chance", sagt Berlinale-Kurator Thomas Hailer. Jetzt ist Nazif Mujić im Alter von 48 Jahren gestorben.
Der bekannte bosnische Filmregisseur und Oscar-Gewinner Danis Tanović hat die tragische Lebensgeschichte des bosnischen Schrotthändlers Nazif Mujićs verfilmt. Im Winter 2011 erwarteten Mujić und seine Frau Senada ihr drittes Kind. Als es plötzlich im Mutterleib starb, änderte sich ihr Leben dramatisch. Sie hatten weder eine Krankenversicherung noch genügend Bargeld, um die nötige Operation zu bezahlen.
Mit einem illegalen Trick gelang es erst im letzten Moment das Leben der Ehefrau zu retten. Das Paar wirkte an dem halb-dokumentarischen Film "Aus dem Leben eines Schrottsammlers" in den Hauptrollen mit, der Film wurde zu einem Riesenerfolg.

Der Silberne Bär brachte ihm kein Glück

Auf der Berlinale 2013 erhielt Tanović für seine Leistung in dem Film den Großen Preis der Jury. Aber dem Darsteller Mujić brachte der Silberne Bär für die beste Hauptrolle wenig neues Glück. Ein Asylantrag in Deutschland scheiterte. Er war wegen Geldsorgen gezwungen, den Silbernen Bär für 4000 Euro zu verkaufen. Zu einer geplanten letzten Reise zur diesjährigen Berlinale kam es nach Auskunft der Familie nicht mehr.
"Das war ein sehr aufrechter, herzenskluger und aufgeweckter Mann, der versucht hat, für seine Frau und seine Kinder das Beste zu erreichen."
Mit diesen Worten würdigte Berlinale-Kurator Thomas Hailer den verstorbenen Mujić in Deutschlandfunk Kultur.
"Ich habe ihn sehr gemocht und ich habe auch großen Respekt vor ihm."
Der Laiendarsteller habe bei der Preisverleihung auf der Berlinale 2013 nach eigenen Worten zum ersten Mal erlebt, als Roma nicht diskriminiert zu werden.

Vermutlich zu viele Hoffnungen geweckt

Ein Jahr später sei Mujić wieder aus Bosnien zur Berlinale gekommen und habe Asyl beantragt, wie Hailer sich erinnert:
"Er hatte allerdings theoretisch wie praktisch keine Chance."
Bosnische Roma hätten keine Aussicht auf politisches Asyl, so Hailer.
"Das war alles ein sehr, sehr politischer Fall, der ist dann abgelehnt worden."
Mujić habe das Verfahren aber nicht mehr abwarten wollen und habe es beendet. Rückblickend räumte Hailer ein, dass der Erfolg auf der Berlinale bei dem Bosnier vermutlich zu viele Hoffnungen geweckt habe:
"Man kann ja das Rad nicht zurückdrehen."
Man habe damals versucht, Licht auf die Missstände für Roma zu werfen und darauf hinzuweisen, dass Menschen in Europa unter so schwierigen Bedingungen lebten. Er sei nicht nur traurig, sondern auch sehr wütend, dass dies geschehen konnte.
"Das ist eine ganz bittere Schlussnote: dass im Grunde genau die Geschichte, die ihn ins Licht der Öffentlichkeit gebracht hat – nämlich mangelnde Versorgung für Roma in Bosnien – auch das ist, woran er am Ende gestorben ist."
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