Zum 75. Geburtstag von Jupp Heynckes

Der Perfektionist unter den Fußballtrainern

03:57 Minuten
Jupp Heynckes steht zwischen den Spielern Joshua Kimmich, Sebastian Rudy und David Alaba und hält die Meisterschale hoch, die der Verein in der Saison 2017/18 gewonnen hat. Im Hintergrund rieseln rote und weiße Papierfetzen herab, die Farben des Klubs.
Jupp Heynckes feiert 2018 die Meisterschaft seines FC Bayern München. Den FCB trainierte Heynckes drei Mal. © picture alliance / Sven Simon / Frank Hoermann
Von Stefan Osterhaus · 10.05.2020
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Als Trainer gehörte Jupp Heynckes zu den erfolgreichsten seiner Zunft: Er gewann alles, was es zu gewinnen gibt. Doch auch als Spieler sorgte er für unvergessliche Momente auf dem Rasen.
"Im Sportlerleben gehören Siege, aber auch Niederlagen dazu, und heute war eine vermeidbare Niederlage, weil wir haben in der 1. Halbzeit noch drei sehr gute Torchancen. Wenn man die nicht verwertet, braucht man sich nicht zu beklagen, dass man solch ein Pokalspiel nicht gewinnt."
Unnötig, vermeidbar: Wie sehr muss es Jupp Heynckes damals geschmerzt haben, seine Karriere als Trainer mit einer Niederlage beenden zu müssen, im Mai 2018 im Pokalfinale gegen die Frankfurter Eintracht.
Heynckes, der Perfektionist, der sich noch jenseits der 70 Jahre von den Bayern überreden ließ, sie zu trainieren. Seither gilt der Mann vom Niederrhein als das Ideal des Bayern-Trainers – nicht nur bei den Fans, sondern auch bei den großen Spielern, die er trainierte.
Bastian Schweinsteiger, der unter Heynckes 2013 das Triple gewann, war einer von ihnen:
"In meinen Augen einer der größten Trainer, den es gibt", sagt der Weltmeister von 2014. "Er hat einfach auch unheimlich viel Erfahrung mit Spielern umzugehen, sie zu motivieren, mit ihnen zu sprechen – und so hat er die Herzen in München gewonnen und auch meins."

Vom Erbsenzähler zum Trainerversteher

Spät erst wurde Heynckes zum Spielerversteher. In seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt Mitte der 1990er-Jahre galt er als Erbsenzähler. Die Zeit in Spanien, wo er nicht nur Teneriffa, sondern auch Bilbao und Real Madrid trainierte, ließen ihn gelassener werden. Eindrucksvoll genug waren die Erlebnisse ja.
Nahezu alles gesehen zu haben im Fußball – das kann kaum einer mehr von sich behaupten als Jupp Heynckes. Und er war sogar bei einem einzigartigen Ereignis dabei, auf der Trainerbank von Real Madrid. "Madrid war natürlich auch noch eine Kuriosität als Trainer: Wie das Tor umfiel. Da haben wir fast eineinhalb Stunden in der Kabine gesessen. Ich habe gesagt, die Spanier kriegen das nie gebacken. Das funktioniert nicht, mehr. Aber dann haben wir doch noch gespielt und 2:0 gewonnen. Das war dann das Endspiel."

Ein paar Wochen später gewann Heynckes mit Real die Champions League – zum ersten Mal nach 32 Jahren konnten die Madrilenen in diesem Wettbewerb wieder triumphieren. Lange im Amt hielt Heynckes dies nicht. Das gewonnene Finale gegen Juventus Turin war zugleich sein letztes Spiel für Real. Heimisch wurde er als Trainer allenfalls in München: Drei Mal trainierte er die Bayern.
Trainer Jupp Heynckes und Lorenzo Sanz (r.), Präsident des spanischen Rekordmeisters Real Madrid, haben ihre Hände an der Trophäe der europäischen Champions League, als sie am 21. Mai am Madrider Flughafen Barajas ankommen. Am Vortag gewann der Verein das Europapokal-Endspiel in Amsterdam mit 1:0 gegen Juventus Turin.
Jupp Heynckes und Real Madrid-Präsident Lorenzo Sanz mit dem 1998 gewonnenen Champions League-Pokal. © picture alliance / AFP /

Legendärer Borussenstürmer

Aber es gab ja nicht nur den Trainer Heynckes. Angesichts der langen Kariere als Coach gerät beinahe in Vergessenheit, in welcher Liga der Stürmer Heynckes einmal spielte. "Ich habe natürlich als Spieler mit der Borussia viele Höhepunkte erlebt. Das heißt Europapokalnächte, zum Beispiel das 7:1 gegen Inter Mailand zu Hause. Ja ,auch viele emotionale Momente, und das ist natürlich klar als Fußballer. Und deswegen erinnere ich mich auch gerne daran zurück."

Vier Mal Deutscher Meister mit Gladbach, UEFA-Cup-Sieger, Weltmeister und Europameister. 220 Tore in der Bundesliga. Dass er nicht als einer der größten deutschen Spieler überhaupt gilt, liegt vielleicht daran, dass er Teil der begabtesten Generation war, die dem DFB je zur Verfügung stand – und die Persönlichkeiten hatte, die stärker in den Fokus der Medien drängten als Heynckes: Gerd Müller, Günter Netzer und Franz Beckenbauer hießen die Mitspieler des Mannes, der den deutschen Klubfußball wie nur wenige andere geprägt hat.
Im Spiel Borussia Mönchengladbach gegen den MSV Duisburg am 23. März 1974 schießt Jupp Heynckes, bevor vor Werner Schneider vom MSV ihn daran hindern kann.
Als Spieler stürmte Jupp Heynckes vor allem für Gladbach.© imago sportfotodienst
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