Fußballmanager Ewald Lienen

Spieler, Trainer, Weltveränderer

35:12 Minuten
Trainer Ewald Lienen (St.Pauli) strahlend auf dem Spielfeld.
Ewald Lienen: "Junger Freund, nimm das Geld und tue Gutes." © Imago / Bäring
Moderation: Katrin Heise · 05.08.2019
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Bundesligaprofi und DKP-Kandidat, geht das? Das geht. 1985 kandidierte Ewald Lienen - allerdings erfolglos. Besser verlief die Karriere im Fußball. Heute ist "Zette-Ewald" der Technische Direktor beim St. Pauli.
Als Bundesligaspieler bekam Ewald Lienen reichlich Fanpost, aber auch einen Brief mit dem Satz: "Junger Freund, nimm das Geld und tue Gutes." Absender war der nicaraguanische Dichter und Philosoph Ernesto Cardenale Anfang der 1980er-Jahre.
Ein Philosoph schreibt einem Profifußballer, keine alltägliche Geschichte: "Ich war als Spieler politisch sehr aktiv. Und habe über die Friedensbewegung Kontakte zu ganz anderen Kreisen bekommen. Der Ernesto Cardenale war einer meiner Vorbilder, die Bücher haben wir verschlungen. Irgendwie muss er das mitbekommen haben."

Jupp Heynckes gab ihm Rückendeckung

Mit seinem Engagement, unter anderem auch gegen den sogenannten Radikalenerlass, eckte Lienen damals an. Als Linker vermögend zu sein, das passte für manche nicht zusammen. "Wenn du ordentlich Geld verdienst, dann treten immer die Leute auf den Plan, die das, was du sagst und tust, infrage stellen. Das sind Menschen, die nicht begreifen, dass man mit Geld Gutes tun kann."
Rückendeckung bekam Lienen von seinem damaligen Trainer Jupp Heynckes. Was Lienen politisch dachte, das lebte er auch. Als Zivildienstleistender hatte er in einer Behinderteneinrichtung gearbeitet. "Und als ich dann nach Mönchengladbach kam, hat mir das ein bisschen gefehlt." Also fuhr der Profifußballer behinderte Jungs, die immer beim Training zuschauten, nach Hause. Und lernte so auch seine spätere Ehefrau kennen, sie arbeitete in einem Behindertenheim.

"Ich wollte die Welt verbessern"

Ewald Lienen wäre gern Lehrer geworden: "Ich wollte die Welt verbessern." Nach dem frühen Tod der Mutter, da war er zwölf Jahre alt, war der Fußball eine große Stütze. Über den Tod, so Lienen, wurde in seinem Umfeld nie geredet: "Da stehst du allein mit deiner Trauer. Damit habe ich auch lange Jahre zu tun gehabt." Der Sport und die Schule "waren für mich Mittel, um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen. Und auch mich selbst zu spüren."
Aufmerksamkeit und Anerkennung, das ist für ihn die Basis für gute Leistungen. "Bis heute sehe ich das immer wieder, dass du unglaublich talentierte Menschen hast, wo du aber siehst, die bringen es nicht auf den Platz. Und ich glaube, das hat damit zu tun, dass das Grundvertrauen fehlt."
Viele Jugendliche würden inzwischen immer früher ihr Zuhause gegen ein Nachwuchsleistungszentrum eintauschen: "Wenn ich Kinder ganz früh in diese Internate hole, und drei bis fünf Prozent schaffen es überhaupt nur in den Profikader, was ist das für eine Vorbereitung?"

Sportplätze für alle!

Zurzeit ist Ewald Lienen technischer Direktor bei St. Pauli: "Heute mache ich das, was ich früher nebenbei gemacht habe", sagt er.
Auch das sportpolitische Engagement zählt noch immer dazu. "Für mich ist Sport ein riesengroßes Thema. Es ist so etwas wie die Schule der Nation. Es ist für mich nicht nachzuvollziehen, dass in einem der reichsten Länder der Erde, dass wir nicht das Geld haben, um Sportstätten kostenlos den Kindern, den Jugendlichen und den Menschen generell zur Verfügung zu stellen. Das ist skandalös."
Klingt fast danach, als würde Ewald Lienen mit fast 66 Jahren doch noch einmal hauptberuflich Politik machen wollen. Abgeneigt wäre er nicht - aber nur, "wenn ich etwas entscheiden kann."
(ful)
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