Zuckerberg-Manifest

Facebook ist die Über-Seele des 21. Jahrhunderts

Der Facebook-Chef Mark Zuckerberg während einer Veranstaltung mit rund 1400 Zuschauern in der Arena Berlin.
Der Facebook-Chef Mark Zuckerberg während einer Veranstaltung mit rund 1400 Zuschauern in der Arena Berlin. © Facebook/dpa
Von Florian Werner · 22.02.2017
Vor wenigen Tagen hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg einen langen Essay veröffentlicht, in dem er seine Idee einer digitalen Weltgemeinschaft vorstellt. Damit knüpft er an den amerikanischen Transzendentalisten Ralph Waldo Emerson an, der das Konzept einer Über-Seele entwickelte.
"To our community" - "An unsere Gemeinschaft": Mit diesen Worten beginnt Mark Zuckerberg den vor wenigen Tagen auf seiner Facebook-Seite veröffentlichten Text.
Ein merkwürdiger Einstieg: Militärische Mobilmachungen beginnen so: "To the People of Texas", "An das deutsche Volk!" Tatsächlich sieht Zuckerberg sich in der Tradition von Abraham Lincoln - jenem Präsidenten, der die Union durch den Bürgerkrieg führte, und dem schließlich die Wiederherstellung des zerfallenen Staatsgebildes gelang.
"Wir können es nur gemeinsam schaffen", zitiert er aus einer Kriegsansprache des Präsidenten: "Die Dogmen der windstillen Vergangenheit helfen uns in der stürmischen Gegenwart nicht weiter."
Gewaltige rhetorische Fußstapfen, in die Zuckerberg da tritt. Dass er dabei immer wieder stolpert, kann nicht überraschen: Sein Text mäandert zwischen geschichtsphilosophischem Essay, Konzernverlautbarung, Predigt, Pep Talk und Bewerbung um das Amt des amerikanischen Präsidenten - oder gleich des CEO der Weltgemeinschaft.

Wie kann man ein globales Gemeinwesen schaffen?

Denn das ist das zentrale Thema von Zuckerbergs Manifest: Wie kann man ein globales Gemeinwesen schaffen? Ein digitales Utopia, in dem sich Menschen aller Kontinente und Glaubensrichtungen begegnen, informieren, engagieren, im Kriegsfall zur Seite stehen, im Notfall Organe spenden und in Krisen vom Suizid abhalten? Wir wollen nicht zu viel verraten, aber: Ein kalifornisches Unternehmen mit F. könnte eine entscheidende Rolle spielen.
Zuckerbergs Vision beruht dabei auf einer Grundannahme: nämlich dass alle Menschen von der Sehnsucht getrieben sind, immer größere Gesellschaften, Staatsgebilde und Unternehmen zu schaffen. "Are we building the world we all want?", fragt er.
Der amerikanische Transzendentalist Ralph Waldo Emerson lässt grüßen: In seinem Essay "The Over-Soul" entwickelte dieser das Konzept einer "Über-Seele", an der alle Menschen teilhaben - "in der das Sein eines jeden einzelnen Menschen aufgehoben und mit denen aller anderen vereint ist".
Zuckerberg transponiert diese Idee aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart: Facebook ist die Über-Seele des 21. Jahrhunderts; das unsichtbare Gespinst, das die Herzen der Menschheit verknüpft und in harmonischem Gleichklang zum Schwingen bringt …
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