Worpswede will moderner werden

Von Christina Selzer · 05.08.2010
"Es gibt viele Weltstädte, aber nur ein Weltdorf"! Das Zitat des Künstlers Fritz Mackensen wird in Worpswede auch heute noch gerne angeführt, wenn es um die Bedeutung des Künstlerortes geht. Auch die niedersächsische Kulturministerin Johanna Wanka, die heute den Künstlerort besuchte, um sich den Masterplan Worpswede erklären zu lassen, war angetan.
"Man kennt das aus Büchern aus Bildbänden, man hat eine bestimmt Vorstellung, als Kunstdruck. Und dann diese Beschaulichkeit: Sich vorstellen zu können, wie die Künstler vor 100 Jahren gelebt und gearbeitet haben, dass man das schnell merkt, wenn man nach Worpswede kommt, das finde ich erstaunlich."

Worpswede ist zweifellos auch heute noch ein Ort mit Ausstrahlung: In den Sammlungen und Museen wird das malerische Erbe des Ortes bewahrt. Hier fanden vor über 100 Jahren Künstler eine neue Heimat. Otto Modersohn, Fritz Mackensen, Fritz Overbeck, Clara Westhoff und Paula Becker, außerdem Heinrich Vogeler, der erfolgreiche Jugendstilmaler. Hier suchten sie eine neue Ästhetik. In der Natur wandten sie sich von der akademischen Malerei ab.

Damit Worpswede heute nicht zu einem bloß musealen Ort wird, muss dringend professionelles Marketing her, findet der Bürgermeister des Ortes, Stefan Schwenke:

"Wir haben wunderbare Kultureinrichtungen, Museen, die ihre Arbeit hier geleistet haben, den Ruf über die Jahrzehnte aufrecht gehalten haben. Aber wir müssen uns neu aufstellen, einen neuen Schub für Worpswede finden."

Die alte Kultur bewahren, sie aber moderner präsentieren, das ist das Ziel des Masterplans, mit dem in den kommenden zwei Jahren alle großen Museen modernisiert werden sollen. Auch weiterhin soll Worpswede die Ansprüche von Kulturtouristen erfüllen. Nur etwas durchdachter. Denn seit 20 Jahren sinkt die Zahl der Besucher stetig. Eine Studie kam zu dem Ergebnis, dass Worpswede in einigen Jahren bei Kulturtouristen keine Rolle mehr spielt, wenn es ohne klares touristisches Konzept weitermache wie bisher. Im Künstlerdorf hat man diese Kritik ernst genommen. Beate Arnold von der Barkenhoff-Stiftung ist davon überzeugt, dass sich etwas ändern muss - zum Beispiel durch Kooperation aller Museen.

"Nicht nur für uns Kultureinrichtungen ist es wichtig, dass die Besucher die Sehenswürdigkeiten besser erkennen können, dass sie in profilierte Häuser kommen, dass sie einen Gesamtkontext erkennen, dass sich Worpswede einheitlicher in einem frischen neuen Gesicht darstellt."

Der Barkenhoff, einst Wohnsitz und Arbeitsplatz des Jugendstilkünstlers Heinrich Vogeler, soll ein Archiv, eine Bibliothek sowie Räume für Sonderausstellungen bekommen.

Auch die "Große Kunstschau" wird modernisiert. Der von Bernhard Hoetger im Jahr 1927 erbaute Teil wurde bereits vor drei Jahren in originalen Farben restauriert. Hier hängen Meisterwerke der Gründer der Künstlerkolonie. Jetzt soll ein großzügiges Museum daraus werden, das die heute gültigen Standards erfüllt.

Außerdem soll ein Leitsystem mit Informationszentrum die Besucher zu den wichtigsten Museen führen: Angefangen bei der Großen Kunstschau, von dort weiter zum Barkenhoff, dann zum Haus im Schluh und zum Schluss zur Worpsweder Kunsthalle. Das Gesamtbild des Ortes soll stärker hervorgehoben werden, sagt Matthias Jäger vom Museumsverbund.

"Jedes Haus ist einzigartig und trägt etwas zum Ganzen bei, was wirklich nur dieses Haus beitragen kann und man muss sie wirklich alle gesehen haben, um ein rundes und in sich geschlossenes Bild von Worpswede und seiner Kunstgeschichte bekommt."

Neun Millionen Euro kostet die Umsetzung des Masterplans. Der Hauptteil soll aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert werden. Gemeinde und Landkreis zahlen jeweils eine Million Euro. Eine weitere Million kommt vom Land Niedersachsen. Eine Investition, die sich auszahlen wird, sagt Johanna Wanka, die Kulturministerin von Niedersachsen. Denn darin liege eine große Chance. Schließlich sei hier in den vergangenen Jahren wenig getan worden.

"Man muss fragen: Wie soll dieser Ort in zehn Jahren aussehen? Es geht nicht nur um Technik, damit alles schöner ist. Sondern wenn man bedeutende Kunstwerke hierher ziehen wollen, muss man Standards erfüllen. Da geht es auch, nur dann hat man die Chance, herausragende Exponate aus New York hierher zu bekommen."

Wenn mehr Besucher kommen, so das Kalkül der Worpsweder Strategen, dann steigen auch die Umsätze. Ob sich damit der ursprüngliche Reiz des alten Ortes erhalten lässt, sei dahingestellt. Doch im heutigen Worpswede, das noch lange vom alten Image zehren will, zählen Besucherzahlen.

Das neue Worpswede soll 2012 fertig sein - pünktlich zum 70. Todestag des Künstlers Heinrich Vogeler. Und zwei Jahre später dann, 2014 wird es ein weiteres großes Fest geben. Worpswede feiert dann das 125-jährige Bestehen der Künstlerkolonie.
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