Inflation und steigende Preise - Wo machen Sie Abstriche?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer am 25. Juni mit dem Sozialwissenschaftler René Böhme und Maria Loheide von der Diakonie Deutschland. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
Inflation und steigende Preise
Weil die Preise für Lebensmittel immer mehr steigen, bleibt bei vielen Menschen der Einkaufskorb leerer als gewohnt. © imago / Ikon Images / Patrick Georg
Wo machen Sie Abstriche?
86:07 Minuten
Die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel machen immer mehr Menschen das Leben schwer. Nicht nur Armutsgefährdete kommen kaum über die Runden. Wo machen Sie Abstriche bei den Ausgaben? Beim Essen, der Freizeit, beim Urlaub?
Der Blick auf die Supermarktrechnung ist ernüchternd: Viele Produkte sind erheblich teurer geworden; im Mai sind die Preise durchschnittlich um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dazu die explodierenden Kosten für Energie und Sprit und eine Inflationsrate von zuletzt 7,9 Prozent. Und Experten warnen: Das ist nur ein Vorgeschmack. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verhängte am Donnerstag die zweite Stufe des "Notfallplans Gas" und brachte es auf die kurze Formel: Der Ukraine-Krieg werde "uns Wohlstand kosten".
„Die Menschen kommen vorne und hinten nicht mehr klar“
"Wir merken das in jeder Beratungsstelle; die Menschen klagen, dass sie vorne und hinten nicht mehr klarkommen", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik bei der Diakonie Deutschland. "Damit verknüpft sind viele Zukunftssorgen, weil nicht absehbar ist, wie weit das noch geht."
Besonders betroffen seien bereits Armutsgefährdete, wie Hartz-IV-Empfangende, Rentnerinnen und Rentner, es meldeten sich aber auch Menschen mit mittlerem Einkommen. Ihre Beobachtung: „Immer mehr Menschen müssen darauf achten, dass am Ende des Monats überhaupt noch Lebensmittel eingekauft werden können.“
Daher fordert Maria Loheide: "Unser Vorschlag ist eine Notlagenregelung, die fest in den Sozialgesetzbüchern verankert wird und in einer nationalen Krisensituation eine Unterstützung von Betroffenen mit mindestens 100 Euro monatlich für ein halbes Jahr vorsieht. Und die Grundsicherung muss unbedingt an die Inflation andocken.“
"Wir werden sehr viel mehr Arme bekommen, als wir bisher gedacht haben", mahnt die Diakonie-Vorständin.
Die gesellschaftlichen Folgen
"Wir kommen aus der Corona-Krise, die die soziale Ungleichheit bereits verschärft hat", sagt René Böhme, Sozialwissenschaftler von der Universität Bremen. "Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen haben das Potenzial, die Situation noch einmal zu verstärken." Die staatlichen Hilfspakete seien auf Kurzfristigkeit ausgelegt, doch es sei abzusehen, "dass wir uns auf eine langfristige Inflation einrichten müssen", so René Böhme.
Seine Prognose: "Wir werden diese Preissteigerungen auch in der unteren Mittelschicht merken." Die Armut in Deutschland werde sich weiter verfestigen. "Und es wird die Aufgabe sein, dass die Spaltung der Gesellschaft verhindert wird, dass die Zahl der Menschen nicht weiterwächst, die nicht mehr allein herauskommen."
(sus)