Wladimir Putin

Russen sollen Sanktionen als Chance begreifen

Russlands Präsident Wladimir Putin hält seine jährlichen Rede vor dem Parlament in Moskau.
Russlands Präsident Wladimir Putin hält seine jährlichen Rede vor dem Parlament in Moskau. © afp / Alexei Nikolsky
Von Gesine Dornblüth  · 04.12.2014
Russland steuert auf eine Stagnation zu, wenn nicht gar auf eine Rezession. Keine rosigen Bedingungen für Russlands Präsidenten bei seiner Rede zur Lage der Nation. Doch Putin war alles andere als defensiv.
Wladimir Putins rund 70-minütige Rede war ein Appell an die Einheit des Volkes in einer schicksalsträchtigen Zeit. Russland zeige Stärke, der Westen hingegen sei schwach:
"In diesem Jahr haben wir Schweres durchgemacht, das konnte nur eine reife, geeinte Nation meistern, ein wirklich souveräner und starker Staat. Russland hat bewiesen, dass es seine Mitbürger schützen, Wahrheit und Gerechtigkeit ehrenhaft verteidigen kann. Das war möglich dank Ihnen, den Bürgern Russlands."
Einmal mehr verteidigte Putin die Annexion der Krim:
"Die Krim hat für uns eine riesige zivilisatorische und sakrale Bedeutung. So wie der Tempelberg in Jerusalem für Muslime und Juden."
Nervöse Reaktion auf "Krim-Frühling"
Ebenso verurteilte Putin die Entwicklungen in der Ukraine. Mehr noch als die Regierung in Kiew kritisierte er die westlichen Regierungen dafür, dass sie sich hinter die Führung der Ukraine stellen:
"Wie kann man das unterstützen. Und dabei auch noch scheinheilig behaupten, internationales Recht und Menschenrechte zu verteidigen. Das ist reiner Zynismus."
Russland werde sich den Forderungen des Westens nicht unterordnen. Ansätze einer gemeinsamen Konfliktlösung in der Ukraine kamen in Putins heutiger Rede nicht vor. Stattdessen hielt er dem Westen vor, Russlands Souveränität zu bedrohen – unter anderem mit den Sanktionen:
"Die Sanktionen sind nicht nur eine nervöse Reaktion der USA und ihrer Verbündeter auf unsere Haltung zum Umsturz in der Ukraine und zum Krim-Frühling. Ich bin überzeugt, wenn es all das nicht gegeben hätte, dann hätten sie einen beliebigen anderen Anlass erfunden, um die wachsenden Möglichkeiten Russlands zu stoppen."
Denn das sei schon immer das Ziel ausländischer Kräfte gewesen: Ein Erstarken Russlands zu verhindern.
"Die Terroristen liquidieren"
In diesen Kontext stellte Putin dann auch seinen – kurzen – Kommentar zum Terroranschlag heute in Groznyj, der Hauptstadt der russischen Nordkaukasusrepublik Tschetschenien. Islamistische Kämpfer hatten dort in der Nacht das Feuer auf Polizisten eröffnet und sich dann in einem Verlagshochhaus verschanzt. Sicherheitskräfte beschossen das Gebäude mit schweren Waffen. Nach offiziellen Angaben kamen mindestens zehn Polizisten und neun Kämpfer ums Leben, 28 Polizisten wurden verletzt. In den 90er- und frühen 2000er-Jahren hatte es in Tschetschenien zwei Unabhängigkeitskriege gegeben. Putin, ohne konkret zu werden:
"Wir erinnern uns gut, wer damals nahezu offen den Separatismus, sogar Terror bei uns unterstützt hat, Mörder mit Blut an den Händen als Aufständische bezeichnet hat. Sie im Ausland empfangen hat. Jetzt sind diese Aufständischen wieder in Tschetschenien. Ich bin überzeugt, die örtlichen Sicherheitskräfte werden die Terroristen liquidieren."
Ein Schwerpunkt von Putins Rede lag auf der Wirtschaft – mit guten Nachrichten für die russischen Unternehmer. In den kommenden vier Jahren soll es keine Steuererhöhungen geben. Wer sein Kapital aus dem Ausland nach Russland zurückholt, soll straffrei bleiben. Um die Folgen der Sanktionen auszugleichen, sollen russische Banken Geld aus dem nationalen Wohlfahrtsfond erhalten, wenn sie damit strategische Großprojekte finanzieren.
Die Russen müssten die Sanktionen als Chance begreifen, forderte Putin, und unabhängig werden von westlichen Technologien, von Maschinen und Anlagen. Bisher kauft Russland viele Maschinen in Deutschland.
Die Rede des Präsidenten wurde von Abgeordneten aller im Parlament vertretenen Parteien begrüßt.
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