"Wir wollen keine Soziopathen"
Schreiben, sagt man, ist ein einsames Handwerk. Das gilt aber nicht für das Klever Autoren-Trio Hiltrud und Artur Leenders und Michael Bay. Seit 23 Jahren entwickeln sie Kriminalgeschichten, die in der Kleinstadt am Niederrhein angesiedelt sind.
Hiltrud Leenders: "Ich glaube, so ein Team kann nur so lange funktionieren, wenn man Achtung hat vor dem Wissen des Anderen und es einfach akzeptiert."
Für die beiden Männer ist es ein Hobby, für Hiltrud Leenders der Hauptberuf. Sie übernimmt am Schluss, wenn ein Roman gemeinsam entworfen wurde, die eigentliche Schreibarbeit:
"Mein Mann sagt immer: Ich lass dich ja auch nicht in den OP. Und deshalb lass ich ihn auch nicht an den Stift. Ich schreib übrigens noch mit der Hand auf Papier mit einem Stift."
Artur Leenders ist im Hauptberuf Unfallchirurg an der Klinik in Emmerich. Er ist der einzige der drei, der in Kleve groß geworden ist, dort, wo die Protagonisten der fiktiven Klever Mordkommission ihre mittlerweile 14 Fälle gelöst haben:
"Man kann dann die bestimmten Gegenden genauer beschreiben, man weiß, wie das hier im Herbst aussieht, und das ist schon typisch – der Nebel über den Kopfweiden und so wat alles."
Kleve, die kleine Stadt am Niederrhein nahe der holländischen Grenze, ist aber nicht aus Heimatverbundenheit der Schauplatz ihrer erfolgreichen Krimireihe geworden.
Hiltrud Leenders: "Also wir haben gesagt, hier kennen wir uns aus, hier wissen wir, wie das Licht ist, wie es riecht, wie die Leute sprechen – also warum nicht?"
Artur Leenders: "So detailliert kann man die Sachen eben nur beschreiben, wenn man sie selbst erlebt hat. Also wir könnten, so detailliert könnten wir jetzt nicht die Pohutukawa-Bäume in Neuseeland beschreiben. Deshalb spielen die Romane nicht in Neuseeland."
Hiltrud Leenders: "Nur so kann das funktionieren zu dritt so lange."
1988 fängt alles an auf einer Party. Artur Leenders und Michael Bay plaudern dort zwanglos über Kriminalliteratur. Am Montag darauf erhält Michael Bay, im Hauptberuf Psychologe, einen Anruf von Arturs Frau: War das nur Partygeschwätz oder hat er das ernst gemeint, selber einen Krimi zu schreiben?
Michael Bay: "Welche Art von Krimi machen wir denn jetzt? Wirtschaftskrimis? Lohnt sich nicht, weil wenn man das weiß, muss man sein Geld nicht mit Büchern verdienen, das wäre ja beknackt."
Kurze Zeit später sitzen sie bei Leenders zu dritt am Tisch und überlegen, wohin die Reise gehen könnte.
Michael Bay: "Dann haben wir gesagt: Gut, nehmen wir das klassische Problemlösungsmittel zwischenmenschlicher Interaktionsstörung – Mord."
Hiltrud Leenders: "Wir haben einfach den Ansatz gehabt vom ersten Buch an, wir wollen keine Soziopathen, keine Psychopathen, wir wollen einfach normale Leute, die einem jeden Tag irgendwo begegnen können. Wahrscheinliche Dinge."
Artur Leenders: "Aus meiner Sicht ist es auch viel gruseliger, wenn du davon ausgehen kannst, dass dein Nachbar oder dein Onkel oder dein Bruder potentiell ein Mörder sein kann."
Michael Bay: "Es ist ein klassisches Klischee, dass der Mörder irgendein kranker Mensch ist. Das ist völliger Stuss."
Noch heute, mit Mitte 50, gerät der Psychologe Michael Bay in Wallung, wenn er an die Stereotypen der zumeist angloamerikanischen Krimiliteratur denkt:
"Mord hat ja auch die höchste Aufklärungsrate. Also von daher versteh ich gar nicht, wo nehmen die eigentlich in Schweden, USA und England diese ganzen Psychopathen her, hinter denen die stundenlang und tagelang, jahrelang zum Teil hinterher laufen. Also ich halte das schlicht für Unsinn. Das stimmt auch psychologisch nicht."
Das Trio setzt auf einen alltäglichen Blick auf die Menschen. Sie schauen den Leuten auf den Mund - auf der Straße, an der Fleischtheke, in der Kneipe.
Hiltrud Leenders: "Also ich beschreib gern Personen, ich bau gern Leute und bastle denen die Sprache, da liegt für mich eigentlich die größte Spannung und der größte Spaß. Das ist bei euch beiden anders, denke ich."
Artur Leenders: "Vor allem Michael und ich, wir sind Leute, die regen sich sehr gerne und sehr lange dann immer über ein Thema auf. Und das Thema im Buch ist eigentlich viel wichtiger als ob das dann im Dorf spielt, in der Stadt spielt. Entscheidend ist das Grundthema. Und wir fangen erst an zu schreiben, wenn wir das Thema des Buches faktisch in ein bis zwei Sätzen beschreiben können."
Klüngeleien in verschworenen Dorfgemeinschaften, Geschichten um religiösen Wahn, Euthanasie oder Genfood: Um solche Themen überzeugend darzustellen, gehört eine gute Recherche für das Trio bei den Vorbereitungen auf einen neuen Roman unbedingt dazu. Am liebsten beziehen die Klever ihre Informationen aus erster Hand.
Artur Leenders: "Das Internet bietet uns immer nur das, nach dem wir fragen. Und es gibt ja Spezialisten für alles, für Mauritiushanf, für Magnumgeschosse in Büffeln, es gibt alles. Und wenn du die Leute kennst – und du kennst immer einen, der einen kennt, der diesen Spezialisten wieder kennt – wenn der hier sitzt, dann ist der am Reden und redet dann plötzlich über Sachen, die du nie gefragt hättest, die aber so interessant sind, dass du die nachher ins Buch reinbringst. Deshalb machen wir sowas immer viel lieber über persönliche Kontakte."
Eine große Fangemeinde ist den Ermittlern des Klever Kommissariats mittlerweile treu ergeben. Und solange das "Trio criminale" vom Niederrhein immer wieder über neue Themen stolpert, wird den Fans der Lesestoff nicht ausgehen.
Hiltrud Leenders: "Ein Ziel haben wir nicht, wir schreiben so lange, wie es uns Spaß macht. Und wenn es keinen Spaß mehr macht, hören wir auf."
Für die beiden Männer ist es ein Hobby, für Hiltrud Leenders der Hauptberuf. Sie übernimmt am Schluss, wenn ein Roman gemeinsam entworfen wurde, die eigentliche Schreibarbeit:
"Mein Mann sagt immer: Ich lass dich ja auch nicht in den OP. Und deshalb lass ich ihn auch nicht an den Stift. Ich schreib übrigens noch mit der Hand auf Papier mit einem Stift."
Artur Leenders ist im Hauptberuf Unfallchirurg an der Klinik in Emmerich. Er ist der einzige der drei, der in Kleve groß geworden ist, dort, wo die Protagonisten der fiktiven Klever Mordkommission ihre mittlerweile 14 Fälle gelöst haben:
"Man kann dann die bestimmten Gegenden genauer beschreiben, man weiß, wie das hier im Herbst aussieht, und das ist schon typisch – der Nebel über den Kopfweiden und so wat alles."
Kleve, die kleine Stadt am Niederrhein nahe der holländischen Grenze, ist aber nicht aus Heimatverbundenheit der Schauplatz ihrer erfolgreichen Krimireihe geworden.
Hiltrud Leenders: "Also wir haben gesagt, hier kennen wir uns aus, hier wissen wir, wie das Licht ist, wie es riecht, wie die Leute sprechen – also warum nicht?"
Artur Leenders: "So detailliert kann man die Sachen eben nur beschreiben, wenn man sie selbst erlebt hat. Also wir könnten, so detailliert könnten wir jetzt nicht die Pohutukawa-Bäume in Neuseeland beschreiben. Deshalb spielen die Romane nicht in Neuseeland."
Hiltrud Leenders: "Nur so kann das funktionieren zu dritt so lange."
1988 fängt alles an auf einer Party. Artur Leenders und Michael Bay plaudern dort zwanglos über Kriminalliteratur. Am Montag darauf erhält Michael Bay, im Hauptberuf Psychologe, einen Anruf von Arturs Frau: War das nur Partygeschwätz oder hat er das ernst gemeint, selber einen Krimi zu schreiben?
Michael Bay: "Welche Art von Krimi machen wir denn jetzt? Wirtschaftskrimis? Lohnt sich nicht, weil wenn man das weiß, muss man sein Geld nicht mit Büchern verdienen, das wäre ja beknackt."
Kurze Zeit später sitzen sie bei Leenders zu dritt am Tisch und überlegen, wohin die Reise gehen könnte.
Michael Bay: "Dann haben wir gesagt: Gut, nehmen wir das klassische Problemlösungsmittel zwischenmenschlicher Interaktionsstörung – Mord."
Hiltrud Leenders: "Wir haben einfach den Ansatz gehabt vom ersten Buch an, wir wollen keine Soziopathen, keine Psychopathen, wir wollen einfach normale Leute, die einem jeden Tag irgendwo begegnen können. Wahrscheinliche Dinge."
Artur Leenders: "Aus meiner Sicht ist es auch viel gruseliger, wenn du davon ausgehen kannst, dass dein Nachbar oder dein Onkel oder dein Bruder potentiell ein Mörder sein kann."
Michael Bay: "Es ist ein klassisches Klischee, dass der Mörder irgendein kranker Mensch ist. Das ist völliger Stuss."
Noch heute, mit Mitte 50, gerät der Psychologe Michael Bay in Wallung, wenn er an die Stereotypen der zumeist angloamerikanischen Krimiliteratur denkt:
"Mord hat ja auch die höchste Aufklärungsrate. Also von daher versteh ich gar nicht, wo nehmen die eigentlich in Schweden, USA und England diese ganzen Psychopathen her, hinter denen die stundenlang und tagelang, jahrelang zum Teil hinterher laufen. Also ich halte das schlicht für Unsinn. Das stimmt auch psychologisch nicht."
Das Trio setzt auf einen alltäglichen Blick auf die Menschen. Sie schauen den Leuten auf den Mund - auf der Straße, an der Fleischtheke, in der Kneipe.
Hiltrud Leenders: "Also ich beschreib gern Personen, ich bau gern Leute und bastle denen die Sprache, da liegt für mich eigentlich die größte Spannung und der größte Spaß. Das ist bei euch beiden anders, denke ich."
Artur Leenders: "Vor allem Michael und ich, wir sind Leute, die regen sich sehr gerne und sehr lange dann immer über ein Thema auf. Und das Thema im Buch ist eigentlich viel wichtiger als ob das dann im Dorf spielt, in der Stadt spielt. Entscheidend ist das Grundthema. Und wir fangen erst an zu schreiben, wenn wir das Thema des Buches faktisch in ein bis zwei Sätzen beschreiben können."
Klüngeleien in verschworenen Dorfgemeinschaften, Geschichten um religiösen Wahn, Euthanasie oder Genfood: Um solche Themen überzeugend darzustellen, gehört eine gute Recherche für das Trio bei den Vorbereitungen auf einen neuen Roman unbedingt dazu. Am liebsten beziehen die Klever ihre Informationen aus erster Hand.
Artur Leenders: "Das Internet bietet uns immer nur das, nach dem wir fragen. Und es gibt ja Spezialisten für alles, für Mauritiushanf, für Magnumgeschosse in Büffeln, es gibt alles. Und wenn du die Leute kennst – und du kennst immer einen, der einen kennt, der diesen Spezialisten wieder kennt – wenn der hier sitzt, dann ist der am Reden und redet dann plötzlich über Sachen, die du nie gefragt hättest, die aber so interessant sind, dass du die nachher ins Buch reinbringst. Deshalb machen wir sowas immer viel lieber über persönliche Kontakte."
Eine große Fangemeinde ist den Ermittlern des Klever Kommissariats mittlerweile treu ergeben. Und solange das "Trio criminale" vom Niederrhein immer wieder über neue Themen stolpert, wird den Fans der Lesestoff nicht ausgehen.
Hiltrud Leenders: "Ein Ziel haben wir nicht, wir schreiben so lange, wie es uns Spaß macht. Und wenn es keinen Spaß mehr macht, hören wir auf."