"Wir brauchen mehr Knalltüten"

08.05.2012
25 Jahre ist es her, dass der damals 18-jährige Mathias Rust mit einer Cessna unweit des Roten Platzes in Moskau landete. Der Autor Wladimir Kaminer leistete zu dieser Zeit gerade seinen Militärdienst in der sowjetischen Armee und sah das Kleinflugzeug auf dem Radar.
Im Programm des Radiofeuilletons sagte Wladimir Kaminer, sie hätten alles mögliche erwartet damals, feindliche B52-Bomber, betrunkene Piloten aus den eigenen Reihen, aber keinen Teenager aus Westdeutschland, der "mit diesem Flug den Weltfrieden fördern" (Rust) wollte. Eigentlich sei Rust für ihn vor allem ein Romantiker gewesen, "ein deutscher Don Quixote aus dem Teutoburger Wald."

Insgesamt habe in der Sowjetunion und der Armee damals "großes Misstrauen dem Staat gegenüber" geherrscht, sagte Kaminer.

"Alle wussten, so kann es nicht weiter gehen, alle warteten auf irgendwelche Neuigkeiten, auf Veränderungen: Es musste was verändert werden. Aber keiner wartete auf Rust. Das war eine ziemliche Überraschung."

Zu spüren bekam der Militärdienstleistende Wladimir Kaminer die Folgen des Kreml-Flugs ganz praktisch durch Disziplinierungsgmaßnahmen innerhalb der Raketenabwehr. Für ihn sei die Aktion vor allem aber ein Zeichen dafür gewesen, "wie lächerlich jede Abschottung eines Landes, eines Staates, von der Außenwelt ist."

Bezugnehmend auf ein Stück über Mathias Rust, das am Hamburger Schauspielhaus aufgeführt wurde und den Untertitel "Aufstieg, Fall und Wiederauferstehung einer Knalltüte" trägt, forderte Wladimir Kaminer: "Wir brauchen mehr Knalltüten!"


Das vollständige Gespräch mit Wladimir Kaminer können Sie bis 8. Oktober als MP3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Player nachhören.
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