Wie dreht man gute Sexszenen?

"Du musst wirklich brutal ehrlich sein"

Der Film "Tinta Bruta" von Marcio Reolon und Filipe Matzembacher ist in der Reihe "Panorama" auf der Berlinale zu sehen.
Der Film "Tinta Bruta" von Marcio Reolon und Filipe Matzembacher ist in der Reihe "Panorama" auf der Berlinale zu sehen. © Avante Films
Marcio Reolon und Filipe Matzembacher im Gespräch mit Christine Watty · 20.02.2018
Ein Panel auf der Berlinale befasst sich mit Geheimnissen des Filmschaffens. Eines liegt sicherlich darin, gute erotische Szenen zu drehen. Wie man das macht, haben wir die Filmemacher Marcio Reolon und Filipe Matzembacher gefragt. Die sind mit ihrem Film "Tinta Bruta" im Panorama.
Christine Watty: Sie hören Deutschlandfunk Kultur heute live von der Berlinale – und diese Sendung, der Kompressor hat sich dafür ins Zentrum der "Berlinale Talents" begeben, wo sich Filmschaffende aus der ganzen Welt treffen, Filminteressierte, die sich hier zum Netzwerken verabreden – und in diesem Jahr auch, um über die "Geheimnisse des Filmschaffens" zu sprechen.
"Sweet Secrets" ist das Thema. Eine Veranstaltung guckt unter die Bettdecken und hinter die Vorhänge, dahin, wo meist auch am Filmset nicht mehr die ganze Crew am Start ist: Es geht um Sex im Film, die Darstellung von Nähe und erotischen Szenen.
Wie explizit oder nur angedeutet werden solche Szenen in Filmen dargestellt? Wie kriegt man intime Momente im Film gut hin, ohne ausschließlich einen bestimmten Voyeurismus des Zuschauers, der Zuschauerin zu befriedigen, sondern darin stimmig die Geschichte des Films, der ProtagonistInnen weiterzuerzählen?
Das sind nur einige der Fragen, die sich hier zur Diskussion auftun. Die brasilianischen Filmemacher Filipe Matzembacher und Marcio Reolon sind jetzt bei mir zu Gast, sie sind beide auch morgen Teil des Panels und haben den Film "Tinta Bruta" gedreht, der sich auch mit der Abbildung von Sexualität beschäftigt, Details dazu später.
Was ist das Geheimnis einer guten erotischen Szene im Film, Filipe Matzembacher?
Filipe Matzembacher: Das Wichtigste bei Sexszenen ist: Du musst wirklich brutal ehrlich sein, mit den Darstellern und der ganzen Crew, damit es Raum für Intimität gibt am Set.
Die Filmemacher Filipe Matzembacher und Marcio Reolon im Gespräch mit Christine Watty.
Die Filmemacher Filipe Matzembacher und Marcio Reolon im Gespräch mit Christine Watty.© Marius Schwarz
Christine Watty: Explizit oder nur angedeutet: Wie entscheidet ein Filmemacher richtig über das, was er da zeigt? Wie schafft man es, sich auch in diesen intimen Momenten in die Filmfigur hineinzuversetzen, Marcio Reolon?
Marcio Reolon: Man muss entscheiden, welchen Film man erzählen will, und das entscheidet dann darüber, ob man mehr explizite oder mehr diskrete, angedeutete Szenen dreht, das hängt vom Narrativ des Films ab. Auf jeden Fall diskutieren wir sehr viel darüber mit den Darstellern und der Crew, was halt stimmig ist und was passt.
Christine Watty: Wie kreiert man so eine Atmosphäre am Set, die möglichst offen ist?
Marcio Reolon: Beim Dreh versuchen wir, möglichst wenig Leute am Set zu haben, wir reden sehr viel mit dem Team vor dem Dreh und erklären allen, wie wichtig es ist, dass alle mithelfen, damit die Darsteller sich gut fühlen. Wir haben eine lange Vorbereitung mit der ganzen Crew, wir machen Übungen mit den Darstellern, damit sie relaxt sind und sich gut fühlen.
Es ist vor allen Dingen wichtig, den Darstellern zuzuhören, ob sie sich gut fühlen, was für Ängste sie haben, was ihnen eher unangenehm ist. Der Schlüssel liegt darin, offen füreinander zu sein.
Christine Watty: Es gibt dieses Panel, unter der Überschrift "Secrets". Wird denn über dieses Thema und Fragen rund um die erotisch-intimen Moment im Film genug gesprochen? Wie lernt man denn als Filmemacher, wie man umgeht mit diesen Fragen?
Marcio Reolon: Natürlich bist du unsicher, wenn du das erste Mal eine Sexszene drehst. Aber wie gesagt, das Wichtigste ist, offen miteinander umzugehen, und ruhig zuzugeben, dass man nervös ist bei so einer Szene und nicht so genau weiß, wie man sie drehen soll.
Solche Szenen können sehr delikat sein, sie verlangen viel Freizügigkeit seitens der Darsteller, deshalb musst du ihnen auch gut zuhören und die Szenen zusammen mit ihnen entwickeln.
(abu)
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