Wie der Euro geschaffen wurde
Als Journalist in Bonn beobachtete David Marsh, wie Politiker den Euro als neue Währung durchsetzten. Und als lnvestmentbanker in London erlebte er, was aus ihm innerhalb von zehn Jahren geworden ist. Nun hat er ein Buch über die "geheime Geschichte der neuen Weltwährung" geschrieben.
Der Euro, die gemeinsame kontinentaleuropäische Währung, ist bislang ein Erfolg gewesen - allen Vorbehalten zum Trotz. Und das sieht auch der Journalist und Banker aus London so. Zugleich aber warnt er, die Bewährungsprobe stehe dem Euro erst noch bevor.
Darum wäre es ein falscher Ehrgeiz, wollte er nun auch noch zur neuen Weltwährung, zur Nummer 1 aufsteigen. So jedenfalls will David Marsh den Titel seines Buches nicht verstanden wissen.
Marsh: "Der Dollar wird nach wie vor die stärkste Währung der Welt bleiben aufgrund der geopolitischen Macht der USA - trotz vielerlei Haushaltsprobleme."
Der Euro ist durchaus eine europäische Antwort auf den amerikanischen Dollar, doch nicht um ihn zu ersetzen, sondern um Währungsturbulenzen von Europa fernzuhalten und den gemeinsamen Binnenmarkt zu stärken, die wirtschaftliche Integration zu fördern. Und genau sie geriete in Gefahr, würde der Euro den Dollar ersetzen. Der richtige Ehrgeiz wäre, empfiehlt David Marsh, sich in der EU auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu verständigen.
Marsh: "Es ist wirklich nicht originell, aber man bräuchte eine politische Union, damit man auch Solidarität zwischen den stärkeren und den schwächeren Ländern herstellen kann. Technisch läuft der Euro perfekt - gestützt auf einen gemeinsamen Binnenmarkt und in der Obhut einer unabhängigen Europäischen Zentralbank. Auch den Stresstest der Bankenkrise hat er bestanden - bisher. Denn jetzt in der weltweiten Rezession wird eine alte, häufig diskutierte Frage brandaktuell. Setzt eine grenzüberschreitende Währung auch gemeinsame Politik und vor allem gleiche Wirtschaftskraft aller Mitgliedsländer zwingend voraus. Oder stellt sich Konvergenz politisch wie wirtschaftlich im Laufe der Zeit selbst ein?"
"Ich würde sagen, die Uhr tickt und die Zeit läuft jetzt ab, wo die schwächeren Länder, deren Schwächen jetzt offenbar werden, ihre Hausaufgaben machen müssen, wenn sie nicht in ein Desaster kommen wollen."
Der Euro war nicht als Lohn aller Mühen gedacht, sondern als Mittel zum Zweck. Er schuf günstige Rahmenbedingungen, hielt Inflation und Zinsen niedrig. Doch er baute wie ein Zuchtmeister auch Druck auf.
Marsh: "Man kann sich wirklich in einer Währungsunion kaum verstecken. Man kann auch keinerlei Abwertungen vornehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu etablieren. Das ist ein Punkt. Auf der anderen Seite kauft man sich Zeit in einer Währungsunion. Aber das kann manchmal doch täuschen."
Dann nämlich, wenn der Grundsatz, dass jedes Land wirtschaftspolitisch für sich allein sorgt, nicht länger trägt. Allmählich steigt die Spannung in der Währungszone. Den schwachen Ländern laufen Schulden wie Anleihezinsen davon. Und wieder sind es die Franzosen, welche die EZB politisch auf Kurs bringen, zumindest eine starke Wirtschaftsregierung als Gegengewicht sehen wollen.
Marsh: "Wenn das nicht der Fall ist, dann ist die Währungsunion über kurz oder lang zerbrechlich."
Ursprünglich sollte der Euro nicht nur eine Antwort auf den amerikanischen Dollar sein, sondern auch auf die starke deutsche Mark. Francois Mitterand nannte sie die deutsche Atombombe.
Und er verlangte die Währungsunion als Preis für die deutsche Einheit. Denn wie die Amerikaner würden die Deutschen ihre Nachbarn am Gängelband halten und für ihre egoistische Wirtschaftspolitik zahlen lassen. Doch der Euro hat diesen Vorwurf nicht entkräftet.
Marsh: "So unvorhersehbar war das auch nicht. Eine der vielen Gründe für die Schaffung der Währungsunion war, dem vermeintlich stärkeren Deutschland nach der Wiedervereinigung entgegenzutreten. Also, das ist in der Tat nicht aufgegangen."
Interessant an der Geschichte des Euro, wie sie David Marsh erzählt, sind jene Passagen, die uns die Sicht des Auslands auf die deutsche Rolle in Europa vorführen. Und natürlich auch das politische Geschacher um die lange Einführung des Euro, der ständige Wechsel aus Initiative und Blockade, Einsicht und Misstrauen unter französischen, deutschen und britischen Politikern.
Und das Geheime an der Geschichte des Euro ist, dass David Marsh an nicht bekannte Quellen herangekommen ist. Er dürfte im Archiv der Bundesbank recherchieren und befragte ergänzend eine Reihe von Zeitzeugen - über ein Projekt, dass 1962 von der Brüssler EU-Kommission angeregt worden war, aber erst 1999 einen bald 200 Jahre alten europäischen Traum verwirklicht hat, noch ohne die Briten. Wann werden sie das Pfund gegen den Euro tauschen?
Marsh: "Nicht innerhalb der kommenden 15 Jahre. Und ich finde, das ist auch gut so. Sowohl die Engländer als auch die anderen Europäer fahren relativ gut, wenn wir außen vor bleiben."
Gibt sich der Brite David Marsh, Journalist und lnvestmentbanker in London, zufrieden.
David Marsh: Der Euro - Die geheime Geschichte der neuen Weltwährung
Murmann-Verlag Hamburg, 2009
Darum wäre es ein falscher Ehrgeiz, wollte er nun auch noch zur neuen Weltwährung, zur Nummer 1 aufsteigen. So jedenfalls will David Marsh den Titel seines Buches nicht verstanden wissen.
Marsh: "Der Dollar wird nach wie vor die stärkste Währung der Welt bleiben aufgrund der geopolitischen Macht der USA - trotz vielerlei Haushaltsprobleme."
Der Euro ist durchaus eine europäische Antwort auf den amerikanischen Dollar, doch nicht um ihn zu ersetzen, sondern um Währungsturbulenzen von Europa fernzuhalten und den gemeinsamen Binnenmarkt zu stärken, die wirtschaftliche Integration zu fördern. Und genau sie geriete in Gefahr, würde der Euro den Dollar ersetzen. Der richtige Ehrgeiz wäre, empfiehlt David Marsh, sich in der EU auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu verständigen.
Marsh: "Es ist wirklich nicht originell, aber man bräuchte eine politische Union, damit man auch Solidarität zwischen den stärkeren und den schwächeren Ländern herstellen kann. Technisch läuft der Euro perfekt - gestützt auf einen gemeinsamen Binnenmarkt und in der Obhut einer unabhängigen Europäischen Zentralbank. Auch den Stresstest der Bankenkrise hat er bestanden - bisher. Denn jetzt in der weltweiten Rezession wird eine alte, häufig diskutierte Frage brandaktuell. Setzt eine grenzüberschreitende Währung auch gemeinsame Politik und vor allem gleiche Wirtschaftskraft aller Mitgliedsländer zwingend voraus. Oder stellt sich Konvergenz politisch wie wirtschaftlich im Laufe der Zeit selbst ein?"
"Ich würde sagen, die Uhr tickt und die Zeit läuft jetzt ab, wo die schwächeren Länder, deren Schwächen jetzt offenbar werden, ihre Hausaufgaben machen müssen, wenn sie nicht in ein Desaster kommen wollen."
Der Euro war nicht als Lohn aller Mühen gedacht, sondern als Mittel zum Zweck. Er schuf günstige Rahmenbedingungen, hielt Inflation und Zinsen niedrig. Doch er baute wie ein Zuchtmeister auch Druck auf.
Marsh: "Man kann sich wirklich in einer Währungsunion kaum verstecken. Man kann auch keinerlei Abwertungen vornehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu etablieren. Das ist ein Punkt. Auf der anderen Seite kauft man sich Zeit in einer Währungsunion. Aber das kann manchmal doch täuschen."
Dann nämlich, wenn der Grundsatz, dass jedes Land wirtschaftspolitisch für sich allein sorgt, nicht länger trägt. Allmählich steigt die Spannung in der Währungszone. Den schwachen Ländern laufen Schulden wie Anleihezinsen davon. Und wieder sind es die Franzosen, welche die EZB politisch auf Kurs bringen, zumindest eine starke Wirtschaftsregierung als Gegengewicht sehen wollen.
Marsh: "Wenn das nicht der Fall ist, dann ist die Währungsunion über kurz oder lang zerbrechlich."
Ursprünglich sollte der Euro nicht nur eine Antwort auf den amerikanischen Dollar sein, sondern auch auf die starke deutsche Mark. Francois Mitterand nannte sie die deutsche Atombombe.
Und er verlangte die Währungsunion als Preis für die deutsche Einheit. Denn wie die Amerikaner würden die Deutschen ihre Nachbarn am Gängelband halten und für ihre egoistische Wirtschaftspolitik zahlen lassen. Doch der Euro hat diesen Vorwurf nicht entkräftet.
Marsh: "So unvorhersehbar war das auch nicht. Eine der vielen Gründe für die Schaffung der Währungsunion war, dem vermeintlich stärkeren Deutschland nach der Wiedervereinigung entgegenzutreten. Also, das ist in der Tat nicht aufgegangen."
Interessant an der Geschichte des Euro, wie sie David Marsh erzählt, sind jene Passagen, die uns die Sicht des Auslands auf die deutsche Rolle in Europa vorführen. Und natürlich auch das politische Geschacher um die lange Einführung des Euro, der ständige Wechsel aus Initiative und Blockade, Einsicht und Misstrauen unter französischen, deutschen und britischen Politikern.
Und das Geheime an der Geschichte des Euro ist, dass David Marsh an nicht bekannte Quellen herangekommen ist. Er dürfte im Archiv der Bundesbank recherchieren und befragte ergänzend eine Reihe von Zeitzeugen - über ein Projekt, dass 1962 von der Brüssler EU-Kommission angeregt worden war, aber erst 1999 einen bald 200 Jahre alten europäischen Traum verwirklicht hat, noch ohne die Briten. Wann werden sie das Pfund gegen den Euro tauschen?
Marsh: "Nicht innerhalb der kommenden 15 Jahre. Und ich finde, das ist auch gut so. Sowohl die Engländer als auch die anderen Europäer fahren relativ gut, wenn wir außen vor bleiben."
Gibt sich der Brite David Marsh, Journalist und lnvestmentbanker in London, zufrieden.
David Marsh: Der Euro - Die geheime Geschichte der neuen Weltwährung
Murmann-Verlag Hamburg, 2009

Cover: "Der Euro"© Murmann-Verlag