„Weyhe ist bunt, nicht braun“

Von Franziska Rattei |
Rechtsextreme wollten den gewaltsamen Tod eines jungen Mannes in Weyhe für ihre Zwecke ausnutzen. Doch die Verwaltung ließ Versammlungen rechtsextremer Gruppen verbieten und wurde daraufhin mit Beleidigungen und Bedrohungen überschüttet. Nun hat die Gemeinde in über 100 Fällen Strafanzeige gestellt.
Genau fünf Monate ist es her, dass Daniel S. gestorben ist. An einem Wochenende Mitte März war der 25-Jährige auf dem Heimweg von einer Diskothek. Er und ein paar Freunde hatten einen Bus gemietet. Und weil noch ein paar Plätze frei waren, hatten sie fremde Jugendliche mitgenommen. Mit dieser Gruppe ist es dann zum Streit gekommen, wie ein Freund von Daniel aussagte. Bei Radio Bremen erklärte der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft, Lutz Gaebel:

„Das Opfer hat dann beim Aussteigen, als diese Auseinandersetzung weiterging, versucht zu schlichten. Und während dieses Schlichtungsversuches – so ist die Ermittlungslage – ist es hinterrücks angegriffen worden und dabei eben zu Fall gekommen; mit den Verletzungen, die zum Tode geführt haben.“

Ein 20-Jähriger mit Migrationshintergrund sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Den 30.000-Seelen-Ort Weyhe hat die Tat erschüttert. Zur Trauerfeier erschienen 1500 Menschen, und auch bei den Mahnwachen danach setzten die Bürger Zeichen gegen Gewalt und gegen Fremdenhass. Denn schon kurz nach dem Unglück begannen Rechtsextreme, den Fall für ihre Zwecke zu nutzen. Laut Staatsanwaltschaft gab es dafür allerdings keinerlei Anzeichen. Sprecher Lutz Gaebel:

„Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass die Nationalität als Motiv für die Tat dienen könnte. Das ist alles, mehr oder weniger, von bestimmten Kreisen inszeniert worden.“

Unter dem Motto „Weyhe ist bunt, nicht braun“ wehrte sich die Gemeinde. Mehrere Versammlungen rechtsextremer und neonazistischer Gruppierungen wurden untersagt. Die Folge: Der Bürgermeister Frank Lemmermann und seine Mitarbeiter wurden mit Telefonaten und E-Mails beleidigt und bedroht. Zitat:

„Dieser Bürgermeister gehört zusammen mit der Türkenbande aufgeknöpft!“

„Hoffentlich bringen türkische Schlägertrupps auch bald Ihre Kinder und Verwandten um!“

So sollte das nicht stehenbleiben, befand die Gemeinde. Deshalb wurde ein Anwalt beauftragt. In 115 Fällen stellt er nun Strafanzeige und Strafantrag. Die Begründung: Beleidigungen und Bedrohungen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung durch Rechtsextreme und Neonazis.

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