Wexford Festival

Rollentausch und Tod im Alten Venedig

Chorszene mit Touristen und Dogen-Personal mitten im nachgebauten Venedig.
"Il Bravo" muss eine Maske tragen, wie sie heute in Venedig überall verkauft wird - hier eine Chorszene mitten im nachgebauten Venedig (Ensemble vom Wexford Festival) © Wexford Festival / Clive Barda
Moderation: Stefan Lang · 29.12.2018
Saverio Mercadante galt nach Rossini als bester Opernkomponisten. "Il Bravo" ist ein dem Dogen verpflichteter Mörder. Er verbüßt damit eine Strafe: angeblich habe er seine Frau getötet, die ihm nun gegenüber tritt. Seine Order ist, sie auszuschalten.
Wexford liegt ungefähr einhundert Kilometer südlich von Dublin - eine kleine Hafenstadt, die ein exklusives Opernfestival zu bieten hat. Das Wexford Festival hat sich seit 1951 auf die Fahnen geschrieben, unbekanntes Opernrepertoire neu zu beleben in hochkarätigen Inszenierungen in den Herbstwochen Oktober und November. In diesem Jahr fand die 68. Festival-Ausgabe vom 22. Oktober bis zum 2. November statt. Eine großartige Entdeckung stand in diesem Jahr auf dem Programm: die italienische Oper in drei mächtigen Akten von Saverio Mercadante "Il Bravo".

Amerikanische Story auf italienischer Bühne

Das Libretto basiert auf einem Schauspiel " La Vénétienne" von Auguste Anicet-Bourgeois, das wiederum auf der amerikanischen Novelle von James Fennimore Cooper's " The Bravo" fußt. Die Oper war ein riesiger Erfolg, denn nach der Uraufführung am 9. März 1839 an der Mailänder Scala, kam das Werk auf vielen italienischen und europäischen Bühnen zur Aufführung.

Verstrickte Geschichte

Wie kann es anders sein - natürlich hat die Handlung alles aufzubieten, was eine große Oper braucht. An erster Stelle eine schicksalhafte Verbindung von "Il Bravo" an die Stadt Venedig. Er ist der Auftragsmörder in den Gassen und auf den Kanälen - damit wurde ihm eine Bürde als Strafe aufgegeben, da er angeblich seine Frau getötet haben soll.
Pisani und Violetta halten sich fest in den Armen.
Pisani (Alessandro Luciano) gibt sich zu erkennen - endlich kann er seine versteckt gehaltene Geliebte Violetta (Ekaterina Bakanova) wiedersehen.© Wexford Festival Opera / Clive Barda
Im Venedig des 16. Jahrhunderts spielt die Geschichte. Die schwarze Maske trägt "Il Bravo", da er unerkannt durch die Kanäle streifen soll. Seine Aufträge erhält er persönlich. Ein Entrinnen ist nicht möglich, da sein Vater als Pfand gefangen gehalten wird. Erst nach dessen Tod soll er von dieser Verpflichtung befreit sein.

Bitte um Rollentausch

Der junge Patrizier Pisani sucht "Il Bravo" auf und bittet ihn, seine Rolle für eine Weile einnehmen zu dürfen. Eigentlich ist er aus der Stadt verbannt, doch mit Maske und Freibrief des Stadtmörders will er sich auf die Suche nach seiner zurückgebliebenen Geliebten machen. Er findet seine Violetta schließlich, die im Haus von Maffeo versteckt gehalten wird. Maffeo konnte damit auch verhindern, dass der Patrizier Foscari Violetta gegenüber zudringlich wird. Foscari ist wütend und engagiert seine Schergen, um Maffeo umbringen zu lassen. Das gelingt - Violetta sucht nun erneut Schutz und findet ihn beim "Il Bravo"-Maskenträger, noch nicht wissend, dass ihr Geliebter dahinter verborgen ist.
In die Szenerie tritt die Mutter Violettas, die Kurtisane Teodora. Sie fragt "Il Bravo", wo sich ihre Tochter befände, da sie nicht bei ihr erzogen werden durfte. In der Zwischenzeit berichtet der echte "Il Bravo" der jungen Violetta, wer ihre Mutter ist und führt die beiden zusammen.

Muttersorge

Es folgt ein bezauberndes Duett der beiden, die nun umeinander wissen. Allein diese Szene bietet herrlichste Belcanto-Melodik für zwei Sopranstimmen. Nun erkennt auch "Il Bravo" in Teodora seine Frau, die er angeblich umgebracht haben soll.
Auf der Bühne mit venezianischen Gebäudeteilen trifft sich eine große Menschenmenge in historsichen Kostümen.
Die Handlung von "Il Bravo" spielt im alten Venedig, in dessen Straßen sich das Volk (Ensemble vom Wexford Festival ) sammelt.© Wexford Festival Opera / Clive Barda
Als Pisani schließlich die Maske zurückbringt, hat er zwei Anliegen. An erster Stelle hält er um die Hand von Violetta an. Danach überbringt er ihm einen Auftrag, den er als "Il Bravo" entgegennehmen musste: Teodora soll umgebracht werden. Das kann der echte "Il Bravo" nicht und so entreißt Teodora selbst ihm seine Waffe, um sich zu töten.

Schicksalsnachricht

Kurz danach ereilt "Il Bravo" die Neuigkeit, dass sein Vater im Gefängnis verstorben ist. Das Schicksal hat dafür gesorgt, dass er wenige Augenblicke zu spät die Maske nicht mehr tragen muss und damit auch nicht mehr an den grausamen Strafdienst gebunden ist. Doch seine wiedergefundene Liebe ist tot.
Eine Aufzeichnung der Oper vom 27. Oktober 2018 im National Opera House während des Wexford Festivals

Saverio Mercadante
"Il Bravo, ossia La veneziana", Oper in drei Akten
Libretto: Gaetano Rossi nach dem Schauspiel "Le Vénitienne" von Auguste Ancient-Bourgeois

Carlo ("Bravo"), ein Auftragsmörder - Rubens Pelizzari, Tenor
Pisani, ein verbannter Patrizier - Alessandro Luciano, Tenor
Foscari, Patrizier - Gustavo Castillo, Bariton
Luigi, Foscaris Diener - Simon Mechlinski, Bariton
Teodora, eine Kurtisane - Yasko Sato, Sopran
Violetta, ihre heimliche Tochter - Ekaterina Bakanova, Sopran
Michelina, Teodoras Dienerin - Ioana Pipelea, Sopran
Cappello - José de Eça, Tenor
Marco - Toni Nežić, Tenor
Bote - Richard Shaffrey, Tenor

Wexford Festival Chorus
Wexford Festival Orchestra
Leitung: Jonathan Brandani

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