Wem gehört der Dino? Teil 5

Die Kopie

05:29 Minuten
Die große Ausstellungshalle mit dem Brachiosaurus im Naturkundemuseum in Berlin.
Der Originalsaurier steht in Berlin, aber bekommt Tansania bald eine Kopie? © picture alliance / Markus C. Hurek /dpa
Von Eberhard Schade  · 10.01.2020
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Bei einem Meeting in Berlin platzt die Bombe. Dort sprechen Erica und Frank mit ihren deutschen Partnern über konkrete Pläne, eine Kopie des Brachiosaurus nach Tansania zu holen. Die könnte bald schon im Garten des Museums in Tansania stehen.
Ich bin im Museum für Naturkunde, zurück an Ericas und Franks Arbeitsplatz. Erica startet ein Video, Frank kommentiert. Zu sehen: ein im Zeitraffer geschnittener Kurzfilm über den Aufbau der Parasiten-Ausstellung in Australien. Die Wanderausstellung des Berliner Museums, die auch in Tansania zu sehen sein soll, organisiert von Erica und Frank.
Frank und Erica müssen alle Objekte ideal platzieren, die Abstände müssen exakt stimmen. Doch erstmal müssen 19 Kisten eingepackt, verschifft und wieder ausgepackt werden. Gerade aber hakt es gewaltig. Bei den Übersetzungen der Texte. Die sind beim Fehlerlesen durchgefallen. Wertvolle Zeit, die verloren geht.
Erica präsentiert ein Objekt aus der Wanderausstellung.
Erica präsentiert ein Objekt aus der Wanderausstellung. © Eberhard Schade
Jetzt aber müssen Erica und Frank los. In eine Besprechung mit Linda Gallé, einer Kuratorin, und Uwe Moldrzyk, dem Ausstellungsleiter des Museums für Naturkunde. Ich denke, wir sprechen gleich über die Probleme bei der Parasitenausstellung.

Ich stutze, traue meinen Ohren nicht

Erklärungen auf Suaheli und Englisch findet Erica unverzichtbar, sagt sie. Uwe Moldrzyk nickt. Und am Ende der Ausstellung wünscht sich Erica dann ein Video, das vermittelt, was die Paläontologen alles noch wissen wollen über Dinos.
Ich stutze kurz, traue meinen Ohren nicht. Es geht hier gar nicht um von Parasiten befallene Schafe, sondern um den Brachiosaurus? Den Dino - ausgestellt in Tansania?!
Moldrzyk nickt. Sagt, dass man heutzutage die Originalknochen der Dinosaurier scannen, modellieren und dann in 3-D ausdrucken kann. Und weil es keine Möglichkeit gibt, das Skelett eines Brachiosaurus drinnen aufzustellen, muss jetzt ein Plan für draußen her.
"We start with something outside, which is a copy, not model."
Sie fangen an mit einer Kopie draußen. Sobald sie in Tansania mehr Knochen finden und diese vor Ort entsprechend präparieren können, könnte man die künstlichen gegen echte Knochen austauschen.

Ein Dino-Modell im Garten des Museums

"And then you get to the same thing, that is standing here, but a more modern one, a more new one with a direct connection to the country, to the people living and working there right now."
Um am Ende ein Modell wie in Berlin zu haben. Nur: moderner, neuer und mit einem direkten Bezug zu Land und Leuten.
"So that would be the plan."
Erica und Frank nicken ungläubig. Obwohl sie natürlich schon länger als ich von diesen Plänen wissen.
"Bis zu diesem Augenblick hätte ich mir das nie erträumt. Ich bin sehr aufgeregt und freue mich wahnsinnig auf alles, was jetzt noch kommt."
"Dass ich hier eines Tages sitzen würde und im Museum für Naturkunde darüber rede, wie wir eine Kopie des Brachiosaurus nach Daressalam holen, das hätte auch ich nie gedacht. Für mich ist das eine großartige Erfahrung."
Ein Garten mit einem großen Lebensbaum in der Mitte im tansanischen Dar es Salaam.
Im Garten des Nationalmuseums in Dar es Salaam wäre genügend Platz für eine Dino-Replik. © Eberhard Schade
Auch ich bin baff. Dachte, ich würde in dem Meeting mit Erica, Frank und den Kuratoren über Exceltabellen brüten – und jetzt das!
Uwe Moldrzyk versichert, dass das Projekt nichts, aber auch wirklich gar nichts mit der aktuellen Restitutionsdebatte zu tun habe. Die Dino-Kopie nicht etwa eine Ausflucht aus der Frage nach Verantwortung für und den Umgang mit der Kolonialzeit ist.

Keine Kopie der Kopie in Berlin

Dann sagt er noch, dass es ihn eigentlich ziemlich nervt, dass die Dino-Knochen überhaupt Teil der Debatte sind.
"Es sind andere Objekte, als wenn ich sage, ich spreche über etwas, was eine Person mit ihren Händen geschaffen hat, was im alltäglichen Leben eine Rolle gespielt hat und zum Zeitpunkt x von einer anderen Person weggenommen und in eine Sammlung gesteckt wurde. Das ist ein Unterschied."
Sendereihe "Wem gehört der Dino?"
Alle Beiträge der Reihe im Überblick.© picture alliance / Ulrich Baumgarten
Was aber die Kopie angeht, will er nicht warten, bis in Tansania eine Halle gebaut ist, so hoch wie der Lichthof im Berliner Museum.
"Jetzt könnte man sagen, man faltet die Hände und wartet so lange, bis es so weit ist. Oder man sagt, es gibt auch die Möglichkeit, das Ganze zu unterstützen, indem man die Möglichkeit nutzt, etwas draußen zu zeigen, was aber nicht von minderer Qualität ist."
Das, sagt Moldrzyk, fände er respektlos.
"Also nicht ein Objekt, das von irgendwem in Berlin erdacht ist, zusammengestellt, runter gefahren und hingestellt. Wenn diese Verankerung von diesem Austausch getrieben wird, dann wird das Objekt, das da unten steht, eine eigene Identität haben. Nicht eine Kopie von einer Kopie sein, von etwas, was mal gelebt hat und dann in Berlin stand. Sondern wird seinen eigenen Charakter haben – das wäre für mich der Idealfall."
"Ganz einfach ist das nicht. Das Produzieren der Kopie ja, das Aufstellen nein."
Aber jetzt gibt es ja Ansprechpartner: Erica und Frank
"Allein deswegen ist jetzt dieses Projekt, dieser Austausch total hilfreich gewesen."
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