Weltpolitik als kitschiges Familiendrama
Arte zeigt die umstrittene amerikanische Fernsehserie "Die Kennedys" als Erstausstrahlung. Wie Regisseur Jon Cassar mit acht Jahren amerikanischer Geschichte umgeht, ist höflich ausgedrückt unterkomplex.
"America´s Royal Family" – Amerikas königliche Familie – werden die Kennedys häufig genannt. Der kinderreiche Clan brachte und bringt bedeutende Politiker hervor und liefert Glamourgeschichten für die Boulevardpresse. Die Kennedys zu Stars einer Fernsehserie zu machen, liegt nahe. Produzent Joel Surnow allerdings, der in der Actionserie "24" den Kampf gegen den Terrorismus mit allen Mitteln verherrlichte, gilt als sehr konservativ. Dass dieser Mann nun den Mythos der Kennedys beleuchten sollte, löste Ängste in der Familie und bei ihren Sympathisanten aus.
Deshalb fand sich lange kein Fernsehsender, der die Miniserie zeigen wollte. Sie landete schließlich bei einem kleineren Kanal, der sonst nicht durch ehrgeizige Projekte auffällt. Dann gab es doch einige Auszeichnungen für die achtteilige Reihe. Nun zeigt der Kultursender Arte "Die Kennedys" als deutsche Erstausstrahlung.
Die Fahne weht zur Melodie einer Militärtrompete. Die Erkennungsmusik der Serie "Die Kennedys" klingt verdächtig nach dem "Denver Clan", einer Fernsehsoap aus den 80er-Jahren. Dann Schwarz-Weiß-Bilder im Schnittgewitter. Fidel Castro, ein Raketenstart, Reden, Konferenzen, ein Zettel, auf dem "Revenge", Rache, steht. Jede der acht Folgen liefert ein bisschen mehr Inhalt zu dieser Collage. Die Kennedys bieten Stoff für ein opulentes Familiendrama, und immer wieder geht es auch um das Schicksal der USA, von den 30er-Jahren bis in die Gegenwart.
John F. Kennedy – den alle Freunde und Verwandte "Jack" nennen – kandidiert für die Präsidentschaft. Die Serie beginnt im Jahr 1960, am Vorabend der Wahlen, und führt mit vielen Rückblenden durchsetzt bis zur Ermordung von Robert Kennedy, JFKs Bruder, acht Jahre später. Dazwischen liegen ein gescheiterter Militäreinsatz gegen Kuba, rassistische Unruhen in den Südstaaten, der Nervenkrieg mit der Sowjetunion während der Kuba-Krise. Und natürlich die Ermordung John F. Kennedys 1963 in Dallas.
Drehbuchautor Stephen Kronish erzählt den Anschlag in einer für Thriller typischen Parallelmontage. Zu dissonanten Klängen - klar, der Mörder muss verrückt sein – bereitet Lee Harvey Oswald die tödlichen Schüsse vor. Während der Präsident ahnungslos mit seiner wie immer perfekt heraus geputzten Gattin Jackie Händchen hält. John F. Kennedy war notorisch untreu, doch kurz vor seinem Tod – so zeigt es die Serie – hat er Jackie aufrichtig Besserung gelobt.
Eine Theorie, wer hinter dem Anschlag steckte, liefert die Serie nicht, nur sanfte Andeutungen. Auffällige historische Fehler – wie der nicht einbezogene Kennedy-Clan vor der Ausstrahlung befürchtete – gibt es nicht. Aber auch nichts Neues. Zum Boom qualitativ hochwertiger amerikanischer Fernsehserien tragen die "Kennedys" nichts bei. In "Breaking Bad", "The Wire" oder "Six Feet Under" wurden Tabuthemen radikal offen behandelt und politisch unkorrekte Witze gerissen. Die Serienmacher entwickelten neue Erzählformen mit größeren Bögen und ausgefeilten dramaturgischen Verschachtelungen. "Die Kennedys” wirken dagegen wie betuliches Fernsehen von vorgestern. Natürlich gibt es Rückblenden, aber immer brav und vorhersehbar. John F. und Robert Kennedy denken oft daran zurück, wie ihr Vater Joe, der während des Zweiten Weltkriegs selbst Präsident werden wollte, sie auf Erfolge abrichtete.
"Ehrgeiz ist nicht die Sünde der kleinen Leute." Dieses Zitat Michel de Montaignes steht als Motto über der ersten Folge und damit über der gesamten Serie. Die Filmemacher gehen nicht unkritisch mit den Kennedys um. Vater Joe – vielschichtig verkörpert von Tom Wilkinson – sucht, wenn er es für nötig hält, den Kontakt zur Mafia. Wobei der Entertainer Frank Sinatra als Mittelsmann fungiert und eine ziemlich peinliche Rolle spielt. John F. Kennedy nimmt Drogen, um seine Rückenschmerzen zu ertragen. Zwischendurch lässt sich auch Jackie vom mysteriösen Dr. Feelgood fit spritzen. Katie Holmes spielt sie mit beherrschtem Leidensschimmer in den dunklen Rehaugen. Und Robert Kennedy, immerhin Justizminister, muss nach den erotischen Abenteuern seines Bruders oft den Ausputzer spielen. Zum Beispiel bei Marilyn Monroe.
Kurz darauf bringt sich die schöne Schauspielerin um. Die Serie legt nahe: Die Abfuhr durch den Präsidenten war der Grund. Wie Regisseur Jon Cassar mit acht Jahren amerikanischer Geschichte umgeht, ist höflich ausgedrückt unterkomplex. Die Gegenspieler der Kennedys bleiben Knallchargen, Politik wird meistens als Privatsache erzählt, aus der Sicht der Familie. Eigenes Machtstreben und Staatsinteressen verschmelzen, und nur gelegentlich spürt man, dass der von Greg Kinnear ordentlich gespielte JFK die Idee eines liberalen, offenen Amerikas verkörperte, einer Bürgergesellschaft, an der jeder Teil haben sollte.
Deshalb fand sich lange kein Fernsehsender, der die Miniserie zeigen wollte. Sie landete schließlich bei einem kleineren Kanal, der sonst nicht durch ehrgeizige Projekte auffällt. Dann gab es doch einige Auszeichnungen für die achtteilige Reihe. Nun zeigt der Kultursender Arte "Die Kennedys" als deutsche Erstausstrahlung.
Die Fahne weht zur Melodie einer Militärtrompete. Die Erkennungsmusik der Serie "Die Kennedys" klingt verdächtig nach dem "Denver Clan", einer Fernsehsoap aus den 80er-Jahren. Dann Schwarz-Weiß-Bilder im Schnittgewitter. Fidel Castro, ein Raketenstart, Reden, Konferenzen, ein Zettel, auf dem "Revenge", Rache, steht. Jede der acht Folgen liefert ein bisschen mehr Inhalt zu dieser Collage. Die Kennedys bieten Stoff für ein opulentes Familiendrama, und immer wieder geht es auch um das Schicksal der USA, von den 30er-Jahren bis in die Gegenwart.
John F. Kennedy – den alle Freunde und Verwandte "Jack" nennen – kandidiert für die Präsidentschaft. Die Serie beginnt im Jahr 1960, am Vorabend der Wahlen, und führt mit vielen Rückblenden durchsetzt bis zur Ermordung von Robert Kennedy, JFKs Bruder, acht Jahre später. Dazwischen liegen ein gescheiterter Militäreinsatz gegen Kuba, rassistische Unruhen in den Südstaaten, der Nervenkrieg mit der Sowjetunion während der Kuba-Krise. Und natürlich die Ermordung John F. Kennedys 1963 in Dallas.
Drehbuchautor Stephen Kronish erzählt den Anschlag in einer für Thriller typischen Parallelmontage. Zu dissonanten Klängen - klar, der Mörder muss verrückt sein – bereitet Lee Harvey Oswald die tödlichen Schüsse vor. Während der Präsident ahnungslos mit seiner wie immer perfekt heraus geputzten Gattin Jackie Händchen hält. John F. Kennedy war notorisch untreu, doch kurz vor seinem Tod – so zeigt es die Serie – hat er Jackie aufrichtig Besserung gelobt.
Eine Theorie, wer hinter dem Anschlag steckte, liefert die Serie nicht, nur sanfte Andeutungen. Auffällige historische Fehler – wie der nicht einbezogene Kennedy-Clan vor der Ausstrahlung befürchtete – gibt es nicht. Aber auch nichts Neues. Zum Boom qualitativ hochwertiger amerikanischer Fernsehserien tragen die "Kennedys" nichts bei. In "Breaking Bad", "The Wire" oder "Six Feet Under" wurden Tabuthemen radikal offen behandelt und politisch unkorrekte Witze gerissen. Die Serienmacher entwickelten neue Erzählformen mit größeren Bögen und ausgefeilten dramaturgischen Verschachtelungen. "Die Kennedys” wirken dagegen wie betuliches Fernsehen von vorgestern. Natürlich gibt es Rückblenden, aber immer brav und vorhersehbar. John F. und Robert Kennedy denken oft daran zurück, wie ihr Vater Joe, der während des Zweiten Weltkriegs selbst Präsident werden wollte, sie auf Erfolge abrichtete.
"Ehrgeiz ist nicht die Sünde der kleinen Leute." Dieses Zitat Michel de Montaignes steht als Motto über der ersten Folge und damit über der gesamten Serie. Die Filmemacher gehen nicht unkritisch mit den Kennedys um. Vater Joe – vielschichtig verkörpert von Tom Wilkinson – sucht, wenn er es für nötig hält, den Kontakt zur Mafia. Wobei der Entertainer Frank Sinatra als Mittelsmann fungiert und eine ziemlich peinliche Rolle spielt. John F. Kennedy nimmt Drogen, um seine Rückenschmerzen zu ertragen. Zwischendurch lässt sich auch Jackie vom mysteriösen Dr. Feelgood fit spritzen. Katie Holmes spielt sie mit beherrschtem Leidensschimmer in den dunklen Rehaugen. Und Robert Kennedy, immerhin Justizminister, muss nach den erotischen Abenteuern seines Bruders oft den Ausputzer spielen. Zum Beispiel bei Marilyn Monroe.
Kurz darauf bringt sich die schöne Schauspielerin um. Die Serie legt nahe: Die Abfuhr durch den Präsidenten war der Grund. Wie Regisseur Jon Cassar mit acht Jahren amerikanischer Geschichte umgeht, ist höflich ausgedrückt unterkomplex. Die Gegenspieler der Kennedys bleiben Knallchargen, Politik wird meistens als Privatsache erzählt, aus der Sicht der Familie. Eigenes Machtstreben und Staatsinteressen verschmelzen, und nur gelegentlich spürt man, dass der von Greg Kinnear ordentlich gespielte JFK die Idee eines liberalen, offenen Amerikas verkörperte, einer Bürgergesellschaft, an der jeder Teil haben sollte.