Weißrussland

Wahl mit sicherem Ausgang

Eine weißrussische Studentin gibt ihre Stimme bei den Präsidenschaftswahlen ab.
Ein Wahlsieg Lukaschenkos gilt als sicher, viele Bürger bekennen sich offen zu ihm. Doch sie wissen auch: Wer das nicht tut, dem drohen Nachteile. © dpa / picture alliance / Tatyana Zenkovich
Von Sabine Adler · 11.10.2015
In Weißrussland wird gewählt, Präsident Lukaschenko setzt alles daran wiedergewählt zu werden. Und tatsächlich bekennen sich viele Bürger zu ihm - doch die Wahl ist trotzdem eine Farce, kritisieren Experten.
Der Wahltag ist ein Feiertag, so will es der weißrussische Präsident, deswegen werden die Wahllokale beschallt. Tatsächlich begann der Urnengang vor fünf Tagen, 40 Prozent der Stimmberechtigten, das sind zwei Millionen Wähler, haben angeblich schon bis gestern Abend ihr Kreuz gemacht. In das Wahllokal am Unabhängigkeitsprospekt in Minsk kommen nur wenige, meist ältere Bürger.
"Sie haben mich gestern angerufen", sagt eine Frau, die sich auf einen Gehstock stützt. "Das waren Leute von der Wahlkommission, sie hatten wohl Sorge dass ich, weil ich so alt bin, nicht kommen würde. Aber ich sagte ihnen, ich komme. Das hab ich jetzt gemacht und jetzt gehe ich in die Kirche."
Ein altes Ehepaar Arm in Arm verlässt das Wahllokal am Gymnasium Nummer 3.
"Die Wahl sehen wir als unsere Pflicht an. Für wen wir gestimmt haben? Das ist kein Geheimnis, für den Präsidenten natürlich, er ist ein erfahrener Mann und Erfahrung ist schließlich das Wichtigste."
"Die Wahl ist doch heilig"
Ähnlich antwortet eine Frau, die mit ihrem Sohn wählen gegangen ist:
"Die Wahl ist doch heilig. Wir haben einen ausgezeichneten Präsidenten, der alles weiß und dem alles gelingt."
Ihr Sohn ist der gleichen Meinung. Eine junge Frau im schicken gelben Mantel eilt aus der Metro.
"Ich gehe nicht wählen, ich muss arbeiten, aber meine Eltern und mein Mann haben gewählt, Lukaschenko. Ich würde ihn auch wählen, aber auf meine Stimme ist nicht entscheidend, die Mehrheit im Land wird ohnehin für Lukaschenko stimmen."
Niemand rechnet mit einem zweiten Wahlgang in zwei Wochen, der seit 21 Jahren herrschende Autokrat strebt heute ein Ergebnis von 80 Prozent an, nötig für einen Sieg sind im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen.
"Das Regime fürchtet die Agonie", sagt der Politologe Valeri Karbalewitsch. "Deshalb wurde überall, in der Metro, in den Geschäften, per Lautsprecher auf der Straße zur Wahl aufgerufen, doch Resultat wie Wahlbeteiligung werden gefälscht werden", ist er sich sicher. "Das sind klassische sozialistische Wahlen, ein Ritual, bei dem sich die Regierenden selbst wählen und sich die Legitimation für die nächsten fünf Jahre holen."
Lukaschenkos Herausforderin hat keine Chance
Drei Herausforderer treten gegen Lukaschenko an, erstmals eine Frau, Oppositionskandidatin. Sie weiß, dass sie nicht die geringste Chance hat, die Wahl alles andere als frei und fair ist.
"Die Leute erzählen, wie man sie zwingt, für Lukaschenko zu stimmen, sonst verlieren sie ihren Platz in der Warteschlange auf eine Wohnung oder man wirft sie aus dem Wohnheim oder man droht ihnen, dass sie nicht mehr studieren können."
Präsident Lukaschenko würde auch ohne diesen Druck Wahlsieger werden, ist sich der zweite Gegenkandidat Nikolaj Ulachowitsch sicher.
"Grund ist der Konflikt in der Ukraine, die Ukrainer haben kein gutes Beispiel gegeben, wie man einen Machtwechsel herbeiführt. Putin konnte zwar gestoppt werden, aber wenn man sich den ukrainischen Premier Jazeniuk anhört, ist ja selbst unser Väterchen noch besser."
"Väterchen" ist der Spitzname von Präsidenten Alexander Lukaschenko. Der ließ gestern Abend 1500 Demonstranten gewähren, die eine Wahlfälschung mit Ansage nicht einfach hinnehmen wollen.
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