Möglicher Interessenkonflikt
Die Kritik an Kulturstaatsminister Wolfram Weimer reißt nicht ab © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Die Causa Weimer - und warum die Debatte weitergeht

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer überträgt seine umstrittenen Verlagsanteile an einen Treuhänder. Der Hauptvorwurf an ihm aber bleibt: die Vermischung wirtschaftlicher Interessen mit seinem politischen Amt. Die Debatte um seine Person geht weiter.
Der politische Druck war groß, der Vorwurf schwerwiegend. Wegen einer möglichen Vermischung von politischen und privatwirtschaftlichen Interessen geriet Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) zuletzt massiv in die Kritik. Nun hat er Konsequenzen gezogen: Er gibt seine umstrittenen Verlagsanteile vorläufig ab und verzichtet auf Gewinne. Doch reicht das, um die Bedenken an seiner Person auszuräumen? Oder wird ihm die Debatte zum politischen Fallstrick? Und wie stichhaltig sind die Anschuldigungen gegen ihn überhaupt?
Inhalt
Weimers Doppelrolle und die Kritik an ihr
Als Kulturstaatsminister im Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ist der frühere Journalist und Verleger Wolfram Weimer seit Beginn dieser Wahlperiode für die Kultur- und Medienpolitik des Bundes zuständig. Gleichzeitig besaß Weimer noch 50 Prozent der Verlagsgruppe Weimer Media Group, die er gemeinsam mit seiner Ehefrau Christiane Goetz-Weimer vor mehr als zehn Jahren gegründet hat.
Zwar trat er mit dem Wechsel in die Politik als Geschäftsführer zurück, seine Anteile am Unternehmen behielt er jedoch - die andere Hälfte gehört seiner Frau. Die Kritik: Als Politiker ist Weimer für Medien zuständig und gleichzeitig selbst an einem Medienunternehmen beteiligt. Der Verein Lobbycontrol warnte in einer Pressemitteilung vor "erheblichen Interessenkonflikten" und fordert klare Regeln zur Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen der Regierungsmitglieder.
Weimer und die Bundesregierung wiesen die Vorwürfe zurück. Der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille erklärte: „Staatsminister Weimer hat keinerlei Stimmrechte und übt keinerlei Tätigkeiten mehr im Unternehmen aus.“ Anteile, so die Argumentation, ja, Einfluss nein. Die Stimmrechte übertrug Weimer eigenen Angaben zufolge seiner Mitgesellschafterin – Ehefrau Christiane Goetz-Weimer.
Die Debatte um den Ludwig-Erhard-Gipfel
Zuletzt wurde Weimer zudem beschuldigt, seine Nähe zur politischen Macht vermarktet zu haben. Hintergrund der Kritik ist, dass die Weimer Media Group nicht nur Zeitschriften und Magazine wie die "Börse am Sonntag" und den "Wirtschaftskurier" publiziert, sondern auch Veranstaltungen organisiert.
Eine davon steht nun besonders im Fokus: der Ludwig-Erhard-Gipfel. Eine Konferenz mit Spitzenpolitikern und Wirtschaftsvertretern, die die Verlagsgruppe jährlich am Tegernsee ausrichtet. Auf der Rednerliste für 2026 stehen etwa Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) und Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU).
Medienberichte warfen der Firma vor, sie habe bei dieser Gelegenheit gegen Geld exklusiven Zugang zu Regierungsmitgliedern angeboten und mit „Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger“ geworben. Zuerst hatte das umstrittene rechtspopulistische Portal „Apollo News“ die Vorwürfe gegen Weimer öffentlich gemacht.
Die Rede ist von Eintrittsgeldern im fünfstelligen Bereich. Unklar ist jedoch, ob es sich um einen garantierten Zugang zu Spitzenpolitikern handelt oder um das allgemeine Sponsoring eines Netzwerktreffens.
700.000 Euro für Gipfel
Dazu kommt: Für den Ludwig-Erhard-Gipfel erhielt das Unternehmen staatliche Zuwendungen aus diversen Etats in Bayern, nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ zwischen 2022 und 2025 rund 700.000 Euro. Die bayerische Staatsregierung überprüft nun, ob der Kongress weiter staatliche Unterstützung bekommen soll oder nicht.
Der Kulturstaatsminister unter Druck
Lobbycontrol-Sprecher Timo Lange sprach von einem "unhaltbaren Zustand". Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Weimer seine Position in der Bundesregierung nutze, um für die Teilnahme am Ludwig-Erhard-Gipfel seines Unternehmens zu werben, so Lange in einer Pressemitteilung und weiter: "Zugleich könnten sich Unternehmen Vorteile für ihre politischen Ziele versprechen, wenn sie das Event großzügig unterstützen."
Kritik kam auch aus den Parteien: Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Sebastian Roloff sagte im "Handelsblatt": „Der Eindruck, dass man sich hier Zugang zu politischen Entscheidungsträgern kaufen kann, sollte ebenso vermieden werden, wie dass Herr Weimer sein Regierungsamt mit geschäftlichen Tätigkeiten verbindet.“ Roloff sprach sich zudem für ein Ende der staatlichen Förderung aus.
Auch bei Grünen und Linken, aber auch in der Union kamen Fragen auf, ob Weimers Aufgaben im politischen Amt sauber von Geschäftsinteressen getrennt seien. Der Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien im Bundestag, Sven Lehmann (Grüne), betonte, das Amt müsse „frei von privatwirtschaftlichen, finanziell ökonomischen Interessen“ sein.
Die AfD, gegen die sich Weimer in der Vergangenheit wiederholt kritisch geäußert hatte, forderte seinen Rücktritt als Kulturstaatsminister.
Weimer gibt Verlagsanteile vorläufig ab
Angesichts der anhaltenden Kritik kündigte Weimer am Donnerstag (20. November) an, die Anteile an der Weimer Media Group für die Dauer seiner Amtszeit als Kulturstaatsminister an einen Treuhänder zu übergeben. Er erklärte: „Ich vollziehe diese Trennung allein, um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden, der indes tatsächlich nie bestanden hat.“ Die Übergabe soll bis Ende des Jahres vollzogen sein. Er werde zudem „weiterhin auf jegliche Gewinnausschüttung“ verzichten.
Zuvor hatte er die Vorwürfe gegen ihn mehrfach zurückgewiesen: "Ich halte mich an die Regeln des Ministergesetzes und der Compliance-Regeln." Weimer, der nach der laufenden Legislaturperiode wieder in die Medien zurückkehren will, erklärte: Ein Verkauf des Unternehmens sei, als ob "ein Bauer seinen Bauernhof verkaufen muss, wenn er in die Politik geht, oder eine Ärztin ihre Praxis". Wäre das die Regel, gebe es keine Praktiker mehr in der Politik.
Angesichts der Kritik an den Teilnahmegebühren beim Ludwig-Erhard-Gipfel sagte Weimer, Ticketverkäufe und Teilnahmepakete seien „völlig normal und legitim“. In der „Rheinischen Post“ beklagte er zudem „aggressive Attacken" von rechten Medien.
Die politische Debatte geht weiter
Dass die Abgabe der Firmenanteile ausreicht, um die Debatte um seine Person zu beenden, ist zweifelhaft. Ein vollständiger Rückzug aus dem Medienunternehmen ist die Übergabe schließlich an einen Treuhänder nicht. Weimer zieht sich vielmehr in die zweite Reihe zurück.
Zwar hat er vorübergehend keinen direkten Zugriff auf die Verlagsanteile, rein wirtschaftsrechtlich gehören sie ihm jedoch weiterhin. Weimers Schritt ist kein Verkauf oder dauerhafter Verzicht. Was zudem bleibt, ist der Anteil seiner Ehefrau: Schon allein über sie bleibt der Kulturstaatsminister mit der Weimer Media Group in Verbindung, persönlich, aber auch eherechtlich.
Opposition fordert weiter Aufklärung
Aus Sicht der Opposition ist die Causa Weimer mit der Abgabe der Verlagsanteile längst noch nicht abgehakt. Die Abgeordneten David Schliesing (Linke) und Sven Lehmann (Grüne) etwa fordern weiter Aufklärung.
Lehmann sieht offene Fragen: „Hat Wolfram Weimer in seiner Zeit als Minister aktiv bei anderen Ministern dafür eingesetzt, dass die an diesen Bezahl-Treffen teilnehmen? Erhält sein Unternehmen öffentliche Zuwendungen? Und vor allem: Plant die Bundesregierung eine Pflicht zur Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen?“ Dies müsse die Bundesregierung beantworten, Lehmann hat ihr deshalb eine entsprechende Kleine Anfrage geschickt.
Schliesing forderte generelle Konsequenzen aus dem Vorgang: eine transparente Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen und ein Verbot im Falle einer Interessenkollision. Bei den Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD hält man sich bislang mit Kritik zurück. Die Debatte, so viel scheint indes klar, wird jedoch weitergehen.
irs





















