Wege in eine nachhaltige Landwirtschaft

Agrarwende jetzt?!

53:53 Minuten
Vogelperspektive auf ein landwirtschaftlich genutztes Feld mit Windrädern.
Die Landwirtschaft ist gleichzeitig Opfer und Täter des Klimawandels. © Unsplash / Thomas Richter
Moderation: Annette Riedel · 09.09.2022
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Landwirte sollen nachhaltiger arbeiten, stärker auf Klimaschutz und Erhalt der Artenvielfalt achten. Gleichzeitig muss die Ernährung trotz Krieg und Klimawandel sicher sein. Kann die Ökologisierung der Landwirtschaft ohne Ertragseinbrüche gelingen?
Die Landwirtschaft ist Opfer des Klimawandels. Aber sie ist zugleich auch Täter: Ackerbau und Viehzucht sind weltweit einerseits für fast ein Viertel der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich. Und andererseits leiden die Landwirte immer deutlicher unter zunehmenden Wetterextremen als Folge des Klimawandels.
Zudem gefährden großflächige Monokulturen, intensive Bedüngung und der kontinuierliche, großflächige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln die Artenvielfalt und belasten darüber hinaus die Böden. Ungebremst weiter betrieben könnte diese Art von konventioneller Agrarwirtschaft mittel- und langfristig zum Kippen ganzer Ökosysteme führen und damit die Ernährungssicherheit gefährden.

Ist 100 Prozent Bio machbar?

Auf EU-Ebene wird angestrebt, dass bis 2030 auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zu 25 Prozent biologische Produkte erzeugt werden. Die Bundesegierung strebt sogar eine Marge von 30 Prozent an. Gut so, sagen Klima- und Umweltschützer.
Das könnte zumindest vorübergehend zu erheblichen Ertragseinbrüchen führen, befürchten andere. Sie warnen: Gerade vor dem Hintergrund steigender Lebensmittelpreise und Engpässen bei landwirtschaftlichen Produkten in Folge des Krieges in der Ukraine müsse es jetzt zu allererst darum gehen, die Produktion zu steigern. Einbrüche könnten wir uns gerade jetzt nicht leisten.
Vor diesem Hintergrund haben Brüssel und in der Folge auch Berlin beschlossen, im nächsten Jahr geplante Maßnahmen für eine nachhaltigere Landwirtschaft um ein Jahr zu verschieben. So werden Vorgaben zurückgestellt, die zu einer Ausweitung von unbewirtschafteten Grünstreifen geführt hätten. Gleiches gilt für das Verbot, ununterbrochen die gleiche Sorte von Nutzpflanzenarten auf einem Acker anzubauen.
Viele Experten glauben nicht, dass ein vollständiger Umstieg auf Bio in der Landwirtschaft möglich ist, wenn es gilt, acht Milliarden Menschen zu ernähren. Andere halten das unter gewissen Umständen durchaus für machbar.

Klimaschutz ist kein Luxus

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat im Zusammenhang mit den Konsequenzen aus dem Ukraine-Krieg gewarnt: Die Bekämpfung der einen Krise – Klimawandel – dürfe über der Bekämpfung der anderen – Lebensmittelknappheit, vor allem im globalen Süden – nicht vernachlässigt werden.
Letztlich müsse auch morgen und übermorgen die Ernährung gesichert sein. Extreme Dürre, Starkregen, Hitzerekorde durch die Klimaerwärmung führen schon jetzt teilweise zu spürbaren Ernteeinbrüchen.
Kann konventionelle Landwirtschaft nachhaltiger werden – und wenn ja, wie? Welche Rolle kann die Digitalisierung dabei spielen? Welches Potenzial haben ökologische Methoden? Kann Gentechnik dazu beitragen, dass hitze- und trockenheitstolerantere Pflanzen gezüchtet und auf die Felder ausgebracht werden? Und wie sieht es mit der Akzeptanz der Verbraucher für eine Agrarwende aus?

Darüber diskutieren:
Prof. Peter Feindt, Department für Agrarökonomie | Agrar- und Ernährungspolitik, Humboldt-Universität Berlin
Holger Hennies, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Präsident vom Landesbauernverband Niedersachsen 
Prof. Tobias Plieninger, Sozial-ökologische Interaktionen in Agrarsystemen, Universitäten Kassel und Göttingen 
Prof. Bärbel Gerowitt, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Universität Rostock

Dieser "Wortwechsel" ist die Aufzeichnung einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Volkswagenstiftung vom 6. September 2022 im Schloss Herrenhausen.

(AnRi)
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