Digitaler Euro

"Bargeld ist und bleibt wichtig"

15:28 Minuten
Eine verwitterte 100 Euro-Banknote löst sich langsam auf.
Habtisches Material oder digitale Währung, der Euro soll transformiert werden. © imago images/IlluPics
Ernst Stahl im Gespräch mit Jenny Genzmer und Tim Wiese |
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Seit der Pandemie zahlen weniger Menschen mit Bargeld. Um unabhängig von Unternehmen und deren digitalen Zahlungskonzepten zu sein, will die EZB den digitalen Euro einführen. Eine Gute Idee, findet Finanzexperte Ernst Stahl.
Der wichtigste Unterschied zwischen dem digitalen Euro und den meisten existierenden digitalen Bezahlunglösungen: Er wäre Zentralbankgeld. Das sind in Europa bis jetzt die Euro-Geldscheine und -Münzen, die direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) kommen.
Ihr größter Vorteil: Sie verlieren nicht an Wert. Ein Euro - und das würde auch die digitale Variante gelten - ist immer ein Euro, da er von der Zentralbank ausgegeben wird. Das gilt bei Zahlungsdiensteanbietern und Banken nur in Höhe der Deckungssumme. Geht so eine Institution pleite, ist es theoretisch möglich, dass Verbraucher und Verbraucherinnen Geld verlieren.
Eine andere Eigenschaft von Bargeld, die der digitale Euro beinhalten soll, ist eine gewisse Anonymität. Denn ist Geld einmal von der Bank abgehoben, hinterlässt es keine Datenspuren. Anders sieht es bei Kartenzahlungen oder beim digitalen Bezahldiensten wie Paypal aus.

Problemlösung für kein Problem

“In der immer wichtiger werdenden digitalen Welt gibt es kein Pendant von der Europäischen Zentralbank. In diese Lücke soll der digitale Euro springen,” erklärt Ernst Stahl. Er hat lange Zeit an der Universität Regensburg zum Thema E-Payments geforscht und arbeitet zurzeit als Berater und Stratege bei NTTdata. Die Firma hilft unter anderem Banken dabei, elektronischen Zahlungsverkehr umzusetzen.
Der digitale Euro soll die Alternative zum Bargeld sein und den Platzhirschen wie Paypal, Apple und Google Pay oder der kontaktlosen Kartenzahlung Konkurrenz machen. Doch Stahl räumt ein: “Nur weil ein digitaler Euro eingeführt wird, heißt das nicht, dass er von der breiten Bevölkerung genutzt wird.” Zumal es alleine in Europa noch immer rund 30 Millionen Bürger und Bürgerinnen gebe, die keinen Zugang auf ein Bankkonto haben: "Bargeld ist und bleibt wichtig."

Digitale Souveränität

Ein Gewinn könnte der digitale Euro dennoch sein. Etwa im kleinteiligen Einzelhandel, wo oft nicht digital bezahlt werden kann. Als Beispiel führt Stahl Bäckereien an. Mit dem digitalen Euro müsste “der Händler in der Regel gar keine Gebühren zahlen, das heißt für ihn ist die Transaktion kostenneutral”. Darin liegt der Vorteil gegenüber Girokarten- oder Kreditkartenzahlung, bei denen hohe Gebühren anfallen. 
Doch nicht nur der Händler profitiert, es gibt auch eine politische Motivation. Was die Kartenzahlungen angehe, sei die EU abhängig von global agierenden Unternehmen in anderen Ländern, die “wirtschaftliche Interessen haben”.  Außerdem würden immer wieder privatwirtschaftlichen Unternehmen versuchen, ihre eigenen Zahlungsmittel einzuführen. 
So wie der Konzern "Meta", der zuletzt damit gescheitert ist. Doch andere würden folgen. "Deshalb sollten wir als Europa unbedingt schauen, dass wir unsere eigene digitale Währung haben." Die EZB könnte so digital souverän agieren, einen besseren Datenschutz gewährleisten und hätte im Gegensatz zu den privaten Unternehmen kein Interesse daran, die Daten der Nutzenden zu verkaufen, erklärt Stahl. 

Debatte um Datenschutz

Gerade das Thema Datenschutz ist in Bezug auf den digitalen Euro umstritten. Dabei geht es nicht nur um die mögliche Nachverfolgbarkeit einzelner Transaktionen, auch Ideen wie die Verknüpfung von Zahlungskonten für den digitalen Euro mit der geplanten EU-ID - eine Art europäischer Personalausweis - werden scharf kritisiert. 
Auch Stahl gibt zu: “Wenn etwas digital ist, gibt es immer Möglichkeiten.” Im Zweifelsfall könnte der Staat auf private Informationen zugreifen. Aber technisch sei es möglich, dass der digitale Euro einen “sehr hohen Grad an Anonymität habe”. Dafür zu sorgen, dass das auch passiere, sei jetzt ein Diskurs, der von Politik und Gesellschaft entschieden und mitgetragen werden müsse, so Stahl.

Geht jeden etwas an

Noch ist der digitale Euro keine beschlossene Sachen. Das Vorhaben wird bis Oktober 2023 intensiv geprüft. Erst dann will die Europäische Zentralbank entscheiden. Es sei ein gesellschaftlicher Diskurs, an dem die Bürger und Bürgerinnen der EU auch teilnehmen sollten. "Ich denke, dass am digitalen Euro kein Weg vorbei führt", so Stahl.

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