Virtuelles Geld

Im Fokus der Fahnder

Von Michael Engel · 08.01.2014
Viele Kunden freuten sich, als vor mehr als zehn Jahren die anonyme Zahlweise im Netz erfunden wurde. Paysafe, Ukash und andere Prepaid-Zahlungsmitteln können heute an vielen Tankstellen, Drogerien und Supermärkten sogar gegen Bares eingetauscht werden. Doch Vorsicht: Auch Kriminelle nutzen den Segen der Anonymität.
Die musikalische Untermalung im Werbeclip ist klar an junge Leute adressiert: Kein Bankkonto, keine Kreditkarte, nicht mal der Name muss genannt werden, um im Internet zu zahlen. Und viele "User" mögen das:
"Ich hab mich damals im Internet angemeldet bei PartyPoker.de. Da bestand die Möglichkeit dieser Paysafecard oder die Möglichkeit, per Kreditkarte Geld einzuzahlen. Und da ich meine Kreditkartennummer ganz ungern im Internet preisgebe, war mir dieses recht anonyme Konstrukt der Paysafecard das Sinnvollste."
Paysafe – der Marktführer in Europa - wie auch Ukash funktionieren nach dem Prepaid-System. Sogenannte Vouchers gibt es für 10 bis 100 Euro zum Beispiel an der Tankstelle oder im Drogeriemarkt. Auf dem Papiergutschein steht ein mehrstelliger Code. Es ist die Nummer eines virtuellen Guthabenkontos, das mit dem zuvor eingezahlten Betrag aufgefüllt wurde, sagt Prof. Nikolaus Forgo - IT-Jurist an der Uni Hannover:
"Im Virtuellen ist es nicht so einfach, anonym zu zahlen, was im Alltag ganz normal ist, indem man einfach Bargeld nimmt. Und dieses Ziel, Anonymität so wie im realen Leben über Bargeld durch andere Instrumente zu ermöglichen, dazu dienen eben Instrumente wie eben die Paysafecard."
Bei junger Kundschaft beliebt
Rund 4000 Webshops akzeptieren das elektronische Zahlungsmittel: darunter Online-Spiele-Anbieter, Plattformen für Glücksspiel oder Sport-Wetten, aber auch Internet-Versandhäuser. Wie viele Kunden mit dem anonymen System bezahlen, lässt sich nicht genau sagen. Aber es müssen wohl eine ganze Menge sein. Immerhin zählte Paysafe im Jahr 2012 rund 55 Millionen Transaktionen. Zum Kern der Kundschaft gehören vor allem junge Leute bis 30 Jahre. Leider auch Kriminelle …
"Und da haben wir die verschiedensten Spielarten, die sich dann im Internet entwickeln",
sagt Michael Mahnke vom Landeskriminalamt Niedersachsen:
"Angefangen über Warenbetrug bis hin zu den organisierten Deliktsformen, Drogenhandel, Waffenhandel, also letztendlich alles, was man sich an kriminellen Handlungen vorstellen kann."
Mit dem Erwerb eines elektronischen Guthabens ist das illegale Geld – zum Beispiel aus Drogengeschäften - aber noch nicht gewaschen. Täter spielen dann zum Beispiel Online-Poker – melden sich mehrfach mit Avataren an einem Tisch an und zocken dann mit mehreren Vouchers in der Hinterhand quasi gegen sich selbst. Gewinn und Verlust halten sich zwar die Waage, doch der ausgezahlte Betrag ist nun scheinbar "sauber".
Michael Mahnke: "Das ist letztlich so ein typisches Beispiel dafür, dass die Möglichkeiten, die das Internet bietet, von den Kriminellen – den Cyberkriminellen – sehr schnell entdeckt werden und für ihre negativen Vorhaben genutzt werden."
Der Code ist wie Bargeld
Aufpassen muss allerdings auch der Verbraucher, der sich Paysafe oder Ukash ganz legal am Kiosk um die Ecke holt. Denn anders als bei einer Abbuchungsermächtigung ist es hier viel schwieriger, an das einmal anonym gezahlte Geld wieder heran zu kommen. Etwa, wenn Waren bei einem vermeintlichen Händler bestellt und bezahlt, aber nie geliefert wurden.
Michael Mahnke: "Das heißt, dieser Code wird weiter gegeben und wird von irgend jemanden irgendwie benutzt werden, und ich kann hinterher nicht mehr ermitteln, wo ist der Code jetzt. Ich kann ihn nicht zurückholen."
Der mehrstellige Code ist wie bares Geld. Wer den Code kennt, kann damit online auf Einkaufstour gehen. Das wissen natürlich auch die Ganoven. Einige treten im Gewande einer Kanzlei auf, erheben Mahngebühren, die mit den Vouchers bezahlt werden sollen. Andere versprechen satte Gewinne, aber erst nach Einzahlung einer "Bearbeitungsgebühr" – mit Paysafe. Und noch ein Trick: Produkte werden von Fake-Händlern zu einem unschlagbar niedrigen Preis angeboten, die einzig mit Paysafe oder Ukash zu bezahlen sind.
Hans-Joachim Henschel von der Kriminalpolizei empfiehlt, solche Angebote immer kritisch zu hinterfragen:
"Wie läuft dieser Zahlweg ab? Warum bekomme ich zum Beispiel keine Möglichkeit auf Rechnung zu kaufen? Oder warum kann ich nicht per Kreditkarte bezahlen, warum zum Beispiel nur per Paysafe oder ähnliche, vergleichbare Zahlmethoden? Das sind so Hinweise, wo man als Käufer sagen könnte, irgendetwas stimmt hier nicht."
Natürlich sind Paysafe oder Ukash absolut legal – zugelassen für mehr als 20 Länder in Europa, darunter Frankreich, Holland und Groß Britannien. Paysafe bemüht sich mit Sicherheitshinweisen. Demnach sollten die Kunden nur bei zertifizierten Händlern kaufen, die auch auf der Homepage gelistet sind. In Verdachtsfällen kann man den Code aber auch sperren lassen, damit der Betrüger mit dem ergaunerten PIN-Code nicht mehr auf Einkaufstour gehen kann. Und es fehlt nicht an Warnungen, die Vouchers auf keinen Fall online zu ersteigern. Dringende Empfehlung von Paysafe: Zuerst die Sicherheitsanweisungen lesen, dann erst online shoppen gehen.
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