Vielfalt auf dem Büchermarkt gefährdet

Das große Hoffen auf die Staatshilfe

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Die Illustration zeigt einen Mann im schwarzen Anzug, der die Hände auf dem Rücken hat, darin ein gelbes Eurozeichen trägt und über ein aufgeschlagenes Buch springt.
Die Buchbranche fordert schon lange eine strukturelle staatliche Förderung. Eine Studie bekräftigt diese Forderungen jetzt. © imago / agefotostock
Jörg Plath im Gespräch mit Andrea Gerk · 04.05.2021
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Die Vielfalt auf dem Buchmarkt sei bedroht, heißt es in einer neuen Studie. Eine Staatsförderung für kleine und mittlere Verlage soll helfen. Der Literaturkritiker Jörg Plath findet das sinnvoll, auch wenn die Summen wohl nicht üppig sein werden.
Die Buchbranche hat mit den Auswirkungen der Coronapandemie zu kämpfen: Vielen Autoren fehlen die seit mehr als einem Jahr ausfallenden Lesungen existenziell. Und besonders die kleinen, unabhängigen Verlage leiden unter rückläufigen Verkaufszahlen.
Zum Welttag des Buches am 23. April veröffentlichte Staatsministerin Monika Grütters (CDU), die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, eine Studie über die Vielfalt auf dem Buchmarkt. Diese Vielfalt sei gefährdet, heißt es darin, und es seien kluge Strategien notwendig, um die Vielfalt zu erhalten.

Zeichen an die Branche: Wir tun was

Dazu gehört offenbar eine staatliche Verlagsförderung. Dafür plädiere die Studie stark, sagt Literaturjournalist Jörg Plath. Sie sei ein Zeichen an die Branche: Wir tun was.
Es gebe bereits Preise, wie seit 2015 den Deutschen Buchhandlungspreis und seit 2019 den Deutschen Verlagspreis. Beide setzen auf eine Begrenzung des Umsatzes, sodass nicht die "Platzhirsche", sondern die kleinen und mittleren Unternehmen begünstigt werden.
Die Buchbranche habe aber stets eine strukturelle Förderung gefordert, erklärt Plath. Denn der ökonomische Druck sei stetig gewachsen: etwa durch große Buchhandelsketten, in die die Bücher der kleineren Verlage kaum mehr hineinkämen; oder auch durch übermächtige Verlagskonzerne, gegen deren Marktmacht kleinere Verlage nicht ankämen.
Dazu komme noch der Schwund von etwa acht Millionen Lesern in den vergangenen sechs Jahren. Dadurch gerieten unbekannte, neue, auf den ersten Blick nicht so interessante Autoren, Erzählweisen und Themen unter Druck. Die Verlage suchten das Bekannte, Erprobte, den sicheren Erfolg.

Strukturelle Verlagsförderung und Titelförderung

Die in der Studie vorgeschlagene Verlagsförderung solle zweigleisig sein: eine strukturelle Verlagsförderung und eine Titelförderung für die, die keine Verlagsförderung erhalten können, erklärt Jörg Plath.
Gefördert werden sollen professionelle, unabhängige Verlage mit nicht mehr als einer Million Umsatz. Sie sollen bis zu 65.000 Euro jährlich erhalten, und das drei Jahre lang. Durchschnittlich soll der Förderbetrag etwa 25.000 Euro betragen. Die Förderhöhe hängt vom Umsatz des Verlags ab. Das entspreche in etwa den Kosten von 2,5 bis 6 Büchern pro Jahr – sei also keine Rundumfinanzierung für einen Verlag, sagt Plath. Für jüngere Verlage soll es die Förderung für einzelne Titel geben.
60 bis 70 Millionen Euro seien dafür veranschlagt. "Das ist eine relevante Summe im Vergleich mit der bisherigen Förderung etwa durch den Deutschen Verlagspreis, der gut zwei Millionen kostet." Aber es sei wenig im Vergleich mit den Etats mancher Institutionen wie Oper, Theater oder Film. "Und das sind ja alles Künste, deren Stoffe meist zuerst in Büchern entwickelt werden."

Kritik an "Gießkanne mit extrabreiter Brause"

Aus der Branche selbst habe sich jedoch niemand dazu äußern wollen. Wahrscheinlich schweige man vor Freude, vermutet der Literaturjournalist.
Doch einen ersten Anknüpfungspunkt für eine Diskussion gebe es. So habe das Fachblatt "Buchreport" kritisiert, bei der vorgeschlagenen Förderung komme eine "Gießkanne mit extrabreiter Brause" zum Einsatz.
Plath sagt, ihm gefalle die Offenheit der Förderung und dass es keine kulturelle Förderung sei wie beim Deutschen Verlagspreis. "Und ja, es ist eine Gießkanne, aber keine extrabreite Brause." Die Förderung von durchschnittlich 2,5 Büchern im Jahr pro Verlag sei nicht üppig. Und das sei gut so.
(abr)
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