Veronique Puts: "Ich hab jetzt zwei Kinderzimmer"

Bilderbuch für Trennungskinder

Ein Junge spielt im Sonnenuntergang auf Spielgeräten am Strand an der Ostseeküste
Ein Junge spielt alleine im Sonnenuntergang: Scheidungskinder dürfen sich weiter eine heile Familie wünschen, so die Botschaft von Veronique Puts' Kinderbuch. © picture alliance / dpa / Fabian Stratenschulte
Von Sylvia Schwab · 01.03.2016
"Ich hab jetzt zwei Kinderzimmer" ist ein ernstes, aber kein trauriges Bilderbuch aus der Sicht eines Trennungskindes. Kinder lernen hier, dass das Leben manchmal weh tut, dass es bei allem Schmerz Hilfe gibt - und dass alles wieder besser werden kann.
"Ich bin am 8. August geboren. Das ist der 8.8. Ich heiße Acht." Die beschwingt beginnende Geschichte des kleinen Acht geht leider nicht gut weiter: Seine Eltern haben Streit, immer öfter, immer lauter - und dann reden sie gar nicht mehr miteinander.
Acht liebt sie beide, Mama und Papa, und ist zugleich auf beide wütend. Er versucht zu vermitteln, schreibt beiden einen Brief, fühlt sich schuldig an den Streitereien und völlig zerrissen. Eines Tages dann eröffnen ihm die Eltern, dass sie sich trennen werden. Obwohl es ein paar gute Argumente dafür gibt, ist Acht tieftraurig.
Der Vater zieht aus, und an seine zwei Kinderzimmer gewöhnt Acht sich nur langsam. Immer noch fühlt er sich wie zwischen zwei Stühlen. Bis auch das "fast normal" ist.

Eine einfache, wie wahre Einsicht

Damit könnte dieses einfühlsame Bilderbuch enden, doch am Schluss kommt der Großvater ins Spiel. (Nachdem die Oma dem Jungen schon die Angst nehmen konnte, er sei Ursache des Konfliktes seiner Eltern.) Opa zieht eine Art Bilanz, und die sieht so aus: Achts Kummer wird vielleicht sein ganzes Leben lang dauern, doch er hat auch etwas Gutes. Denn Acht wird dadurch Verständnis und Mitgefühl haben für den Kummer anderer Menschen. Und das macht dann zwei Menschen glücklich, den, dem Acht zuhört, und ihn selbst auch. Eine einfache, wie wahre Einsicht!
"Ich hab jetzt zwei Kinderzimmer" ist ein ernstes Buch, aber kein trauriges! Dafür sorgen Veronique Puts witzige Illustrationen und das kunterbunte Layout. Acht, seine Großeltern und alle anderen sind leicht skurrile, übergroße Comic-Figuren mit Riesenfüßen, wuscheligen Haaren und übertrieben ausdrucksstarker Haltung. Oft passen sie gar nicht ganz auf die Seite, nur ihr Kopf oder ihre Füße sind zu sehen. Die Eltern dagegen tauchen bezeichnenderweise gar nicht auf.
Die Farben – jede Doppelseite leuchtet in einem eigenen Ton – sind stark, manchmal fröhlich, manchmal düster, je nach Achts Gemütszustand. Der feinfühlige Text ist in dicken, stabil wirkenden Blockbuchstaben gedruckt. Meist in weiß, was ihn freundlicher erscheinen lässt als er ist.
Über oder unter die Textblöcke krakelt Acht mit seiner Grundschulschülerschrift seine eigenen Kommentare: "Wenn ich mal groß bin, trenne ich mich nie. NIE." Da spürt man, wie es ihn anfangs fast zerreißt und wie es am Schluss auch wieder hell in ihm wird.

Viel gelernt am Schluss

Verzichtbar wären zwei Doppelseiten, auf denen Veronique Puts aus der beobachtenden Erzählperspektive ausbricht und die kleinen Leser direkt anspricht. Sie erklärt den Ablauf einer Scheidung und eine ganze Menge juristischer Begriffe. Achts Geschichte wird dadurch unterbrochen bzw. verallgemeinert – so etwas wäre viel besser in einem Anhang aufgehoben.
Acht – dessen Name an Achtsamkeit erinnert – hat am Schluss viel gelernt: Dass das Leben manchmal weh tut, dass es bei allem Schmerz Hilfe gibt und dass alles wieder besser werden kann. Und auch, dass er sich weiter eine heile Familie wünschen darf. Denn "träumen darf man. Von allem."

Veronique Puts: "Ich hab jetzt zwei Kinderzimmer"
Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart
Ellermann Verlag, Hamburg 2016
48 Seiten, 14,99 Euro

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