Verkündigung im Alltag
Laien in Verantwortung – ein nach Kirchenrecht möglicher Weg, der theologisch mit dem Sendungsauftrag aller Getauften begründet wird. Eine echte Chance oder doch nur Ideologie?
Stefanie Eibelhuber lebt in einer kleinen Pfarrei in der österreichischen Diözese Linz. Sie gehört zum vierköpfigen Seelsorgeteam, das die Gemeinde leitet. Die Männer und Frauen sind Laien, fortgebildet in den Aufgabenbereichen Diakonie, Liturgie, Verkündigung sowie Gemeinschaft. Der Linzer Bischof hat jedem für fünf Jahre eine Aufgabe übertragen.
Stefanie Eibelhuber: "Ein Theologe hat gesagt: Verkündigung geschieht an Hecken und Zäunen und nicht an Katheder und Kanzel. Und das sehe ich auch als meinen Auftrag als Nichttheologin. Und mir ist jetzt bewusst geworden, dass ich Verkündigung im Alltag leben kann, auch als Laie."
Ihre Heimatkommune habe kürzlich eine Broschüre über den Ort herausgegeben, erzählt die engagierte Katholikin. Darin sei auch die Pfarrei vorgestellt worden – unter der Überschrift "Brauchtum".
Stefanie Eibelhuber "Ist Kirche wirklich nur Brauchtum? Und ich hab dann Kontakt mit dem Bürgermeister aufgenommen und wir sind ins Gespräch gekommen, was für mich Kirche ist. Und das sind ganz einfache Alltagsdiskussionen, wo dann auch Menschen zu mir sagen, ja genau, das hab ich noch gar nicht bedacht. Und das ist Verkündigung."
Wenn Laien eine Gemeinde leiten, geht es also nicht nur darum, Aufgaben zu erledigen, die früher Sache des Pfarrers waren. Verantwortliche Laien, so die Hoffnung, identifizieren sich stärker mit ihrem Glauben und ihrer Kirche und das wiederum strahlt aus auf die Menschen in ihrer Umgebung. Darauf setzt auch das Bistum Magdeburg im Projekt "Vor Ort lebt Kirche". Die Katholiken, die gerade einmal vier Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, sollen nicht nur für die eigenen Leute da sein, sagt Annette Schleinzer, theologische Referentin im bischöflichen Ordinariat:
"Nicht nur für die christliche Gemeinde, dass man sagt, wie kriegen wir unsere eigenen Leute wieder sonntags zu Kirche, wie können wir etwas organisieren für unsere katholischen Familien, sondern den Blick darüber hinaus zu richten auf Familien, die in diesem Ort sonst noch leben, auf Kranke, auf die Situation in dieser politischen Gemeinde, in der man lebt und zu schauen, oder eine Frage, die wir am Anfang immer stellen: Was hat der Ort davon, dass es hier Christen gibt? Merken die das überhaupt und was verändert sich vielleicht dadurch, dass ihr da seid?"
Das ist eine enorme Erwartung an Menschen, die nichts anderes kennen als eine pfarrerzentrierte Kirche. Martin Pollex jedenfalls, verantwortlicher Laie im kleinen sachsen-anhaltinischen Ort Schwanebeck, fühlt sich irgendwie überrumpelt. Der Gemeinde wurde vor einem Jahr die Diakonenstelle ersatzlos gestrichen:
"Wir sind ja ungewöhnt, wir sind ja immer bevormundet worden von der Kirche, der Diakon hat ja alles gemacht, mit einem Schlag sind wir plötzlich in der Verantwortung, das ist gar nicht so einfach, sich um alles zu kümmern. Wir sind wie ins kalte Wasser gestürzt worden plötzlich: Nun macht man! Ist nicht so einfach."
Unzufrieden sind auch Katholiken aus den Projektgemeinden im Diaspora-Bistum Hildesheim, Stefan Schleper zum Beispiel aus Buxtehude in Niedersachsen. Seine Kritik: Die ehrenamtlichen Leitungsteams verlieren sich in organisatorischen Fragen.
"Wer mäht den Rasen, wollen wir einen Hausmeister einstellen, wie viele Putzfrauen brauchen wir, also sehr praktische Fragen. Und es fehlt die Dimension, dass sich die Gremien als ein Ort verstehen, in dem es nicht um die Organisation von Aufgaben geht, sondern um das Leben aus dem Glauben."
Genau das aber scheint das Geheimnis des christlichen Lebens im französischen Bistum Poitiers zu sein. Laien in Leitungsteams bilden dort in erster Linie eine geistliche Gemeinschaft, die vor Ort danach forscht, welche Aufgaben sich aus dem Evangelium stellen und wer Gaben hat, diese zu erfüllen. Die wenigen Priester verstehen sich als Apostel und Wanderprediger mit der Aufgabe, die Laien zu unterstützen, sagt Bischofsvikar Jean-Paul Rousseil:
"Diese Wechselbeziehung, dass Priester und Laien aufeinander eingehen, hat eine Vertrauensbasis geschaffen. Wenn ich merke, dass ich den Anderen brauche, verändere ich mich. Dieses Aufmerksamsein für den Anderen ist wie eine tiefe Bewegung der Umkehr."
Man kann es auch so sagen: Das Prinzip Verantwortung funktioniert nur, wenn sich ein grundlegender Mentalitätswandel vollzieht – bei Gläubigen, Priestern und Hauptberuflichen. Doch in den steuerfinanzierten deutschen Bistümern, die im Vergleich zu den spendenfinanzierten Bistümern Frankreichs immer noch reich sind, geht es vor allem darum, Strukturen zu erhalten. Von einem Mentalitätswandel ist noch wenig zu spüren.
Stefanie Eibelhuber: "Ein Theologe hat gesagt: Verkündigung geschieht an Hecken und Zäunen und nicht an Katheder und Kanzel. Und das sehe ich auch als meinen Auftrag als Nichttheologin. Und mir ist jetzt bewusst geworden, dass ich Verkündigung im Alltag leben kann, auch als Laie."
Ihre Heimatkommune habe kürzlich eine Broschüre über den Ort herausgegeben, erzählt die engagierte Katholikin. Darin sei auch die Pfarrei vorgestellt worden – unter der Überschrift "Brauchtum".
Stefanie Eibelhuber "Ist Kirche wirklich nur Brauchtum? Und ich hab dann Kontakt mit dem Bürgermeister aufgenommen und wir sind ins Gespräch gekommen, was für mich Kirche ist. Und das sind ganz einfache Alltagsdiskussionen, wo dann auch Menschen zu mir sagen, ja genau, das hab ich noch gar nicht bedacht. Und das ist Verkündigung."
Wenn Laien eine Gemeinde leiten, geht es also nicht nur darum, Aufgaben zu erledigen, die früher Sache des Pfarrers waren. Verantwortliche Laien, so die Hoffnung, identifizieren sich stärker mit ihrem Glauben und ihrer Kirche und das wiederum strahlt aus auf die Menschen in ihrer Umgebung. Darauf setzt auch das Bistum Magdeburg im Projekt "Vor Ort lebt Kirche". Die Katholiken, die gerade einmal vier Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, sollen nicht nur für die eigenen Leute da sein, sagt Annette Schleinzer, theologische Referentin im bischöflichen Ordinariat:
"Nicht nur für die christliche Gemeinde, dass man sagt, wie kriegen wir unsere eigenen Leute wieder sonntags zu Kirche, wie können wir etwas organisieren für unsere katholischen Familien, sondern den Blick darüber hinaus zu richten auf Familien, die in diesem Ort sonst noch leben, auf Kranke, auf die Situation in dieser politischen Gemeinde, in der man lebt und zu schauen, oder eine Frage, die wir am Anfang immer stellen: Was hat der Ort davon, dass es hier Christen gibt? Merken die das überhaupt und was verändert sich vielleicht dadurch, dass ihr da seid?"
Das ist eine enorme Erwartung an Menschen, die nichts anderes kennen als eine pfarrerzentrierte Kirche. Martin Pollex jedenfalls, verantwortlicher Laie im kleinen sachsen-anhaltinischen Ort Schwanebeck, fühlt sich irgendwie überrumpelt. Der Gemeinde wurde vor einem Jahr die Diakonenstelle ersatzlos gestrichen:
"Wir sind ja ungewöhnt, wir sind ja immer bevormundet worden von der Kirche, der Diakon hat ja alles gemacht, mit einem Schlag sind wir plötzlich in der Verantwortung, das ist gar nicht so einfach, sich um alles zu kümmern. Wir sind wie ins kalte Wasser gestürzt worden plötzlich: Nun macht man! Ist nicht so einfach."
Unzufrieden sind auch Katholiken aus den Projektgemeinden im Diaspora-Bistum Hildesheim, Stefan Schleper zum Beispiel aus Buxtehude in Niedersachsen. Seine Kritik: Die ehrenamtlichen Leitungsteams verlieren sich in organisatorischen Fragen.
"Wer mäht den Rasen, wollen wir einen Hausmeister einstellen, wie viele Putzfrauen brauchen wir, also sehr praktische Fragen. Und es fehlt die Dimension, dass sich die Gremien als ein Ort verstehen, in dem es nicht um die Organisation von Aufgaben geht, sondern um das Leben aus dem Glauben."
Genau das aber scheint das Geheimnis des christlichen Lebens im französischen Bistum Poitiers zu sein. Laien in Leitungsteams bilden dort in erster Linie eine geistliche Gemeinschaft, die vor Ort danach forscht, welche Aufgaben sich aus dem Evangelium stellen und wer Gaben hat, diese zu erfüllen. Die wenigen Priester verstehen sich als Apostel und Wanderprediger mit der Aufgabe, die Laien zu unterstützen, sagt Bischofsvikar Jean-Paul Rousseil:
"Diese Wechselbeziehung, dass Priester und Laien aufeinander eingehen, hat eine Vertrauensbasis geschaffen. Wenn ich merke, dass ich den Anderen brauche, verändere ich mich. Dieses Aufmerksamsein für den Anderen ist wie eine tiefe Bewegung der Umkehr."
Man kann es auch so sagen: Das Prinzip Verantwortung funktioniert nur, wenn sich ein grundlegender Mentalitätswandel vollzieht – bei Gläubigen, Priestern und Hauptberuflichen. Doch in den steuerfinanzierten deutschen Bistümern, die im Vergleich zu den spendenfinanzierten Bistümern Frankreichs immer noch reich sind, geht es vor allem darum, Strukturen zu erhalten. Von einem Mentalitätswandel ist noch wenig zu spüren.