Verkehrswahnsinn in Sao Paulo

Von Julio Segador |
Zwölf Millionen Menschen leben in Sao Paulo. Sie bringen mehr als sieben Millionen Fahrzeuge auf die Straßen, jeden Tag kommen 700 neue hinzu. An manchen Tagen staut sich der Verkehr auf 300 Kilometern.
Der ganz normale Verkehrswahnsinn in Sao Paulo. Zwölf Millionen Menschen leben in der brasilianischen Metropole, Außenbezirke nicht mitgerechnet. Zwölf Millionen Menschen, die mehr als sieben Millionen Fahrzeuge auf die Straßen bringen. Eine gigantische Flotte an Autos, LKW und Motorrädern. Jeden Tag kommen um die 700 neue Fahrzeuge dazu. Taxifahrer Mario ist einer der leidgeprüften Autolenker in Sao Paulo:

„Das größte Problem für uns Taxifahrer hier ist der dichte Verkehr. Es fehlt auch an Ampeln und Schildern, an klaren Signalen. Man weiß einfach nicht, wie lange man für eine Strecke braucht. Auch bei kurzen Abschnitten braucht man plötzlich eine halbe oder eine ganze Stunde. Je nach Verkehr.“

Die Staus in Sao Paulo, die früher vorwiegend im dichten Berufsverkehr herrschten, ziehen sich nun über die gesamten 24 Stunden. An manchen Tagen steht der Verkehr auf 300 Kilometern.

Um die Zahl der Autos zu verringern, wurde ein System eingeführt, nach dem jedes Fahrzeug einen Tag pro Woche aussetzen sollte. Viele umgingen die Einschränkung, in dem sie sich einfach ein zweites Fahrzeug kauften. Das Auto ist in Sao Paulo das Statussymbol schlechthin, meint auch Witold Zmitrowicz. Er ist Experte für öffentlichen Verkehr an der Universität Sao Paulo:

„Die finanzkräftigen und einflussreichen Einwohner der Stadt fahren stets mit dem Wagen. Sie nutzen niemals einen Bus oder die Metro. Und diejenigen, die in besseren Vierteln wohnen, wollen auch nichts von Metrostationen wissen. Denn sie meinen, dass die ärmeren Menschen dann zu ihnen in den Bezirk kommen würden. Die, die etwas zu sagen haben in der Stadt, fahren immer nur mit dem Auto.“

Zur Entlastung des Verkehrs hat die Stadt versucht, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Die Zusteige-Plattformen an den eigens geschaffenen Buskorridoren sind zu kurz. Beim Ein- und Ausstieg der Passagiere bilden sich nun riesige Schlangen aneinandergereihter Linienbusse. Das Ergebnis: Der Stau auf den Straßen wird noch länger. Sao Paulo – das heißt auch viel Arbeit für Verkehrsplaner wie James Wright. Er plant zusammen mit Kollegen am Zukunftskonzept Sao Paulo 2040:

„Für Sao Paulo wird es am wichtigsten sein, den Anteil der PKW zu reduzieren. Ich denke auch, dass hier das Elektroauto eine interessante Zukunft hat. Aber die große Lösung ist, dass der öffentliche Nahverkehr sinnvoll ausgebaut ist und gleichzeitig den Menschen eine Möglichkeit aufgezeigt wird, dass sie näher an ihren Arbeitsplätzen wohnen. Es muss sich ändern, dass so viel gependelt wird.“

Doch das dürfte schwierig werden. Denn wer in Sao Paulo etwas auf sich hält, besitzt ein Fahrzeug und will damit auch fahren. Und auf das Rad steigt ohnehin keiner um. Die tropischen Temperaturen und die vielen Hügel in der Stadt schrecken ab. Und so steht man eben gemeinsam im Stau.
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