Vererbter Reichtum

Höhere Steuern für mehr Chancengleichheit

14:23 Minuten
Eine freudige Familie mit Kindern fängt fallendes Geld auf.
Toll, wenn das Geld vom Himmel fällt. Das tut es nur leider nicht für jeden. © IMAGO / Ikon Images / IMAGO / Thomas Kuhlenbeck
Yannick Haan im Gespräch mit Christian Rabhansl · 10.12.2022
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Wer in Deutschland reich ist, hat zumeist geerbt. Erbschaften sorgen dafür, dass die finanziellen Ungleichheiten über Generationen weitergegeben werden. Der SPD-Politiker Yannick Haan kämpft deswegen für eine höhere Erbschaftssteuer.
Um eine Wohnung braucht sich Yannick Haan keine Sorgen mehr zu machen. Von seiner Mutter erbte der Publizist und SPD-Politiker so viel Geld, dass er sich in Berlin eine eigene Bleibe sowie eine Wohnung zum Vermieten kaufen konnte. Das hindert ihn indes nicht daran, eine höhere Erbschaftssteuer zu fordern.
Die Gründe für seine Haltung ergeben sich der derzeitigen Situation in Deutschland. Durch das Erben werde Ungleichheit weitergegeben, sagt Haan. So würden jährlich 400 Milliarden Euro vererbt. Im Vergleich: Der Bundeshaushalt beträgt rund 500 Milliarden Euro. „Wollen wir das so beibehalten?“, fragt der Publizist.

Geld sorgt für Selbstbewusstsein

Mit durchschnittlich rund zwei Prozent ist die deutsche Erbschaftssteuer sehr niedrig. Wohlgemerkt gehe es hierbei um Werte, die vollkommen leistungslos bezogen würden, so Haan. Hinzukomme, dass Erben großer Vermögen zusätzlich profitierten: „Wenn ich drei Wohnungen erbe, zahle ich Erbschaftssteuer, denn das sind private Immobilien. Wenn ich 300 Wohnungen erbe, dann sagt das Finanzamt, das ist Betriebsvermögen, und ich zahle keine Steuern mehr drauf“, erläutert Haan.

Yannick Haan: "Enterbt uns doch endlich! Wie das Erben meine Generation zerreißt"
Trabanten Verlag, 2022
185 Seiten, 18 Euro

Über das Erben werde in Deutschland kaum gesprochen. Haan vermutet, dass das daran liegt, dass hier gleich drei Tabuthemen zusammenkommen: Geld, Tod und der Wert der Familie in der modernen Zeit.
Für sein Buch „Enterbt uns doch endlich!“ hat Haan mit Menschen gesprochen, die auf Geld von ihren Eltern hoffen können und solchen, die nichts erwarten. Letztere blickten beispielsweise trotz einer guten Ausbildung pessimistischer in die Zukunft, berichtet er. „Umgekehrt sind die, die reich aufgewachsen sind, mit einem extremen Selbstbewusstsein ausgestattet, weil es schon immer im Leben funktioniert hat.“

20.000 Euro für jeden 18-Jährigen

Freiwilliges Spenden sei keine Lösung, um das Problem anzugehen, findet der SPD-Politiker. Denn so würden die Spender entscheiden, wofür das Geld ausgegeben werde. Stattdessen seien höhere Steuern ein guter Weg. Damit würde das Geld demokratisch kontrolliert und für gesellschaftlich notwendige Zwecke eingesetzt.
Doch das Thema Erbschaftssteuer ist in Deutschland nicht populär. Eine Mehrheit der Bürger hält die Abgabe laut Umfragen für ungerecht. Haan unterstreicht deswegen, das es ihm nicht darum geht, der Oma das Häuschen wegzunehmen. Er will an die wirklich großen Vermögen ran, auf die keine Steuern gezahlt werden. In der Debatte müsse der Blick auf diejenigen gelenkt werden, die nichts erbten.
Um mehr Chancengerechtigkeit zu ermöglichen, schlägt Haan vor, jedem 18-Jährigen ein Grunderbe von 20.000 Euro zu geben. Damit könnten die jungen Menschen die Weichen für ihre Zukunft stellen, etwa indem sie studierten, ein Praktikum absolvierten oder eine Firma gründeten. Finanzieren ließe sich das Vorhaben ganz leicht: durch eine moderate Erhöhung der Erbschaftssteuer.
(rzr)
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