Effekte von konstruktivem Journalismus
Ausgewogene Berichterstattung und konstruktiver Journalismus ist der Lösungsansatz bei Nachrichtenmüdigkeit. © Getty Images / Artur Carvalho
Raus aus der Nachrichtenmüdigkeit
09:07 Minuten
Die Zahl der Menschen, die Nachrichten vermeiden, wächst. Konstruktiver Journalismus könnte diese Entwicklung stoppen. Das zeigen aktuelle Studien zu dem Thema.
Schlechte Nachrichten können Menschen in einen “Zustand von Apathie, Depression, Zynismus oder eben Desinteresse” versetzen, sagt der Kommunikations- und Medienwissenschaftler an der Universität Leipzig Uwe Krüger. Das führe dazu, dass die Menschen weniger Medien konsumieren.
Zudem könnten diese Gefühle möglicherweise sogar Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen haben. “Nur wenn man einen gewissen Mut, eine gewisse Hoffnung und gewisse Inspiration spürt, macht man sich ans Werk”, erklärt Uwe Krüger.
Hier könnte konstruktiver Journalismus der Schlüssel sein. Dieser setzt bei der Berichterstattung auf einen lösungsorientierten Ansatz, anstatt nur negative und konfliktbasierte Nachrichten zu melden. In der Forschung sei bereits gesichert, dass diese Form des Journalismus positive Emotionen auslöst und negative Emotionen abschwächt, erklärt Krüger. Das zeigt eine aktuelle Auswertung mehrerer internationaler Studien, die der ARD-Forschungsdienst für das Fachmagazin “Media Perspektiven” vorgenommen hat.
Handeln statt nur reden
Zudem hätten Menschen das Gefühl, dass sie etwas verändern können. Deshalb vermuten viele Forschende auch, dass diese Form der Berichterstattung die Menschen zum Handeln motiviert.
Doch eine Verhaltensänderung der Menschen nachzuweisen, sei schwer, sagt der Medienwissenschaftler. Meist würden die Menschen in solchen Studien nur zu einem bestimmten Zeitpunkt befragt und nicht über einen langen Zeitraum begleitet. Eine Verhaltensänderung könnten Forschende daher nur höchst selten beobachten.
Deshalb arbeiten Uwe Krüger und sein Team gerade an einer Studie, die hier mehr Aufschluss bringen könnte. Die Forschenden möchten unter anderem Menschen befragen, die zum Beispiel ein Zeitungsabonnement von einem Medienhaus haben, die konstruktiven Journalismus nutzen. Sie möchten erforschen, ob und wie dieser Ansatz der konstruktiven Berichterstattung sie beeinflusst hat.
“Und wenn man das rekonstruiert, dass Leute möglicherweise ihr Leben verändert haben durch den Konsum von konstruktivem Journalismus, dann würde man das einfangen können, was man mit diesen einmaligen Befragungen nicht kann.”
Konstruktiver Journalismus gehört zur Berichterstattung
Allerdings ist es möglich, dass konstruktiver Journalismus auch negative Effekte hat: “Es kann natürlich bei Leuten eine gewisse Reaktanz hervorrufen, die denken, man will sie jetzt irgendwie überzeugen, überreden, irgendwie beeinflussen.” Deshalb müssten Journalistinnen und Journalisten bestimmte Regeln einhalten. Dazu gehöre unter anderem eine klare Abgrenzung zu Werbung, in der ebenfalls oft ein Problem beschrieben und eine Lösung gleich mitgeliefert würde.
Wichtig sei deshalb auch hier eine ausgewogene Berichterstattung: "Da muss man genau beschreiben, was ein Lösungsansatz ist, was für Effekte der hat und möglichst evidenzbasiert Daten präsentieren." Außerdem gehöre dazu, auch die Limitationen der vorgestellten Lösungen aufzuzeigen.
Konstruktiver Journalismus würde vor allem in langen Formaten, also langen Zeitungsartikeln, Radiobeiträgen oder auch Fernsehstücken, funktionieren, meint Uwe Krüger: "Aber ich glaube, es ist trotzdem wichtig, dass man für all die Probleme, die wir haben in unserer gegenwärtigen Krise, die bestehenden Lösungsansätze, die zukunftsorientierten Projekte, die Geschichten des Gelingens in ganz verschiedenen Formaten erzählen muss. Auch in kurzen Beiträgen.” Mitgedacht werden sollte konstruktiver Journalismus also in allen Bereichen der Berichterstattung.
(cs)