Bad Bunny

Speerspitze für die kulturelle Unabhängigkeit Puerto Ricos

Der Latino-Rapper Bad Bunny trägt eine russische Fellmütze und steht mit zwei Tänzern mit Strohhut auf der Bühne in seiner Heimat Puerto Rico
Musiker Bad Bunny wirbt bei seinen Landsleuten dafür, die eigene Kultur mehr zu wertschätzen, und sich von der US-amerikanischen Kultur stärker abzugrenzen © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Alejandro Granadillo
Bad Bunny gehört zu den erfolgreichsten Latin-Rap-Stars weltweit. Auf seinem aktuellen Album verknüpft er traditionelle Klänge und Rhythmen mit politischen Kommentaren – und verleiht den Sorgen und Hoffnungen Puerto Ricos eine internationale Bühne.
Auf Puerto Rico begann Weltstar Bad Bunny in diesem Sommer seine Tour mit einer vom ihm selbst als „Residenz“ bezeichneten Konzertreihe unter dem Titel „Ich will nicht von hier weggehen“. In einem Inselstaat mit einer der höchsten Auswanderungsraten der Welt kommt das einem politischen Statement gleich.
In seiner Heimat gilt Bad Bunny als Hoffnungsträger einer jungen Generation, die sich ihrer kulturellen Wurzeln besinnt und die Abhängigkeit von den USA zunehmend hinterfragt.

Wer ist Bad Bunny?

Bad Bunny ist ein Megastar, der drei Jahre in Folge – von 2020 bis 2022 - der weltweit meistgehörte Künstler war und immer noch zu den Top zwölf der meistgehörten Künstler gehört.
In Deutschland ist Benito Antonio Martínez Ocasio, so sein bürgerlicher Name, weniger bekannt, weil er auf Spanisch singt. Doch in Nord- und Südamerika und in den USA hat seine Musik aus Reggaeton, Latin Trap und Pop viele Fans. Immerhin, 20 Prozent der US-Bevölkerung sind Hispanoamerikaner.
Sein Künstlername Bad Bunny geht übrigens auf seine Kindheit zurück, erzählte er 2018 in einem Interview mit Entertainment Tonight. Als kleiner Junge habe er sich einmal für die Schule als Hase verkleiden müssen. Wie wenig begeistert er von der Kostümierung war, wurde in einem Foto festgehalten, auf dem der junge Benito sichtlich genervt aussah. So sei ihm die Idee gekommen. "Ich wusste, dass sich der Name gut vermarkten würde."

Wie beeinflusst Bad Bunny die Jugend Puerto Ricos?

Die Menschen auf der Insel leiden unter einer schlechten Regierung, ob bei der Verwaltung von Geldern oder im Bildungs- und Gesundheitswesen. Inflation, hohe Lebenshaltungskosten und fehlender Zugang zu bezahlbarem Wohnraum sind ebenso Probleme wie die begrenzten Arbeitsmöglichkeiten für junge Menschen. Viele sahen bislang keine Perspektive und verließen deshalb ihre Heimat.
Bad Bunny vermittelt jungen Menschen das Gefühl, wieder eine Stimme zu haben und sich eine Zukunft auf der Insel aufbauen zu können. Er wird als die kulturelle Speerspitze einer neuen, nach Unabhängigkeit strebenden Identität in Puerto Rico gesehen.
Viele Menschen in Puerto Rico sähen das Verhältnis zu den USA zunehmend kritisch, sagt die Musikbloggerin Natalie Merced. Bei der Gouverneurswahl Ende 2024 erreichte erstmals ein Kandidat der Unabhängigkeitsbewegung den zweiten Platz – Bad Bunny hatte diesen Kandidaten offen unterstützt. Ob die Unabhängigkeit von den USA für Puerto Rico tatsächlich die beste Option wäre, zieht der Historiker und Lateinamerika-Experten Oliver Gleich aber in Zweifel.
Auch für die lokale Wirtschaft setzt sich Bad Bunny ein: So fand seine Konzertreihe bewusst in der Nebensaison statt, um die dortige Wirtschaft zu unterstützen. Tickets für die ersten neun Konzerte, bei denen er sein neues Album „Debí tirar más fotos“ (auf Deutsch:Ich hätte mehr Fotos machen sollen“) vorstellt, waren ausschließlich auf lokalen Wochenmärkten zu bekommen – so konnten auch einheimische Fans dabei sein. Ihm war wichtig, dass auch diese die Chance auf ein Konzertticket des Weltstars hatten.

Welche politische Bedeutung hat Bad Bunny für Puerto Rico?

Auswanderung, Gentrifizierung, Verdrängung und der Widerstand dagegen – Bad Bunny singt nicht nur über Sex, Alkohol, Drogen und Partys, sondern auch über politische Themen. Auch auf seinem neuen Album „Debí tirar más fotos“ setzt er sich mit der politischen Realität seiner Heimat auseinander.
„Sie wollen uns den Strand nehmen und meine Omi verdrängen. Lasst die Fahne nicht los!“ heißt es in einem seiner Songs über die Verdrängung der Einheimischen. In dem Song „Turista“ geht es um die negativen Auswirkungen von Massentourismus auf die Insel.
Der starken Abwanderung steht ein erheblicher Zuzug wohlhabender US-Amerikaner gegenüber, die ganze Küstenabschnitte vereinnahmen. Immer mehr Luxusapartments entstehen, die Immobilienspekulation nimmt zu. Eine Gesetzesänderung - der Act 60 – begünstigt diese Entwicklung, indem sie Zugezogenen finanzielle Vorteile bietet, wenn sie nach Puerto Rico ziehen und dort investieren. In der Folge steigen auch die Lebenshaltungskosten.

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Auch über Stromausfälle und eine mangelhafte Infrastruktur hat Bad Bunny bereits gesungen. Seine Songs handeln aber nicht nur von Problemen, sondern feiern auch die eigene Kultur. Während seiner Konzerte auf der Insel trugen viele traditionelle Röcke oder typische Leinenhemden statt bequemer Tanzkleidung und Streetwear wie sonst bei Reggaeton üblich.
Bad Bunny singt außerdem bewusst ausschließlich im puerto-ricanischen Spanisch - in der Sprache seiner Generation. Die Sprachwissenschaftlerin Maia Sherwood aus Puerto Rico betont, dass er auch seinen Dialekt gezielt einsetzt.
Bad Bunny wirbt dafür, die eigene Kultur zu wertschätzen und sich von der Kultur der USA abzugrenzen, um eine Assimilierung zu vermeiden, sagt die Musik-Bloggerin Natalie Merced.
Auf dem aktuellen Album sind zudem Informationstafeln zur Geschichte der Insel enthalten - erstellt mit Unterstützung eines Historikers.
Auch zur US-Politik bezieht Bad Bunny Stellung: Im offiziellen Video zum Song „Nuevayol“ spielt er eine gefakte Radioansprache von US-Präsident Donald Trump ein, der sich bei Einwanderern entschuldigt und hinzufügt: „Dieses Land wäre nichts ohne Einwanderer - Mexikaner, Dominikaner, Puerto Ricaner, Kolumbianer, Venezolaner, Kubaner…“
Als ein Comedian bei einer Wahlkampfveranstaltung Trumps in New York Puerto Rico als „schwimmende Müllinsel“ bezeichnete, sorgte das bei Latinos in den USA für Empörung. Auch Bad Bunny kritisierte die Bemerkung.

Warum gehört Puerto Rico zu den USA?

Puerto Rico ist das größte Außengebiet der USA, und die dort lebenden Menschen sind US-Bürgerinnen und Bürger. Bei US-Präsidentschaftswahlen dürfen sie jedoch nicht mitwählen, solange sie in Puerto Rico leben. Auch im US-Kongress haben sie kaum Mitspracherecht, da sie dort nicht vertreten sind. Kurz gesagt: Sie sind US-Bürger zweiter Klasse.
Bei Volksbefragungen spricht sich eine Mehrheit regelmäßig dafür aus, der 51. US-Bundesstaat zu werden - doch Washington lehnt ebenso regelmäßig ab.
Die Kultur der Insel ist bis heute stark von den Spaniern geprägt: Vor der Übernahme durch die USA im Jahr 1898 war Puerto Rico jahrhundertelang eine spanische Kolonie.

Warum ist der Auftritt von Bad Bunny beim Super Bowl umstritten?

Im September 2025 wurde bekannt, dass Bad Bunny Headliner der Halbzeitshow des Super Bowl 2026 sein wird. Der Superbowl ist das jährliche Finale der American-Football-Profiliga – und die größte Bühne, die die USA zu bieten haben. Hier treten nur Superstars auf. Seit Jay-Z - Rapper, Musikproduzent und Ehemann von Beyoncé – die Auswahl verantwortet, treten nicht mehr ausschließlich weiße Künstler auf der Bühne.
Bad Bunny geht noch einen Schritt weiter: Er präsentiert sich bewusst als lateinamerikanischer - nicht als US-amerikanischer - Künstler: „Für mein Volk, meine Kultur, unsere Geschichte“. Er wird der erste Künstler sein, der die ganze Show auf Spanisch performt.
Vor allem wird die Entscheidung für Bad Bunny als politisches Statement im laufenden Kulturkampf um Kunst- und Meinungsfreiheit in den USA gewertet. Bad Bunny ist ein offener Kritiker von US-Präsident Donald Trump. Er positioniert sich gegen ihn, hat im Wahlkampf die Demokraten unterstützt.
Das ist auch der Grund für die heftigen Reaktionen aus dem Trump-Lager nach Bekanntgabe der Entscheidung. Der Republikaner Corey Lewandowski, Berater beim Heimatschutzministerium, warf dem Künstler laut US-Medien vor, die USA „zu hassen“.

Warum spielt Bad Bunny sonst keine Konzerte in den USA?

Aus Angst um seine Fans lässt Bad Bunny bei seiner aktuellen Welttournee die USA aus. Er befürchtet, dass seine Anhänger Opfer der Einwanderungsbehörde ICE werden könnten, die täglich rund 3.000 Festnahmen illegaler Einwanderer anstrebt. Seine Sorge ist nicht unbegründet: Selbst bei den Konzerten in Puerto Rico kam es zu bis zu 500 Festnahmen durch ICE.
Nach Bad Bunnys Nominierung für den Superbowl drohte Corey Lewandowski bereits damit, die Einwanderungsbehörde ICE zum Konzert zu schicken.
Für den Superbowl macht Bad Bunny jedoch eine Ausnahme: Er wird in den USA auftreten.

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